dass sich ein ganzer Reigen an didaktischen Ideologien
herausgebildet und die Schulbücher durchdrungen hat, der
- weil die Kinder maßlos überfordernd und gleichzeitig
wichtige Dinge vernachlässigend - beispielsweise
Grundschüler der beiden Eingangsklassen beim sicheren
Rechnenlernen behindert:
- selbstendeckendes Lernen. An sich etwas Gutes,
wo sinnvoll einsetzbar, nur ist dies inzwischen in der
Grundschule ein so umfassendes Thema, dass die Kinder oft
sinnlos überfordert werden. Beispielsweise sollen
Erstklässler aus einem umfangreichen Pool selbstständig
die für sie passendsten Rechenstrategien
nutzen/kombinieren zum Rechnen im ZR20. Dabei gerät das
unverzichtbare automatisierte Beherrschen des ZR10 bzgl.
aller Teil-Teil-Ganzes-Beziehungen (Addition,
Subtraktion, Ergänzungen) ins Abseits, sofern die
jeweilige Lehrkraft nicht in Eigeninitiative die
Schwerpunkte deutlich anders setzt.
- verständnisorierientiertes Lernen. Klar ist,
dass in der Grundschulmathematik ein gutes
Zahlenverständnis und ein gutes Verständnis der
Grundrechenarten zu vermitteln ist. Grundsätzlich sind
alle Rechenoperationen verständnisvoll einzuführen. Der
Verständnisbegriff wird aber überstrapaziert, denn es
gibt mathematisches Faktenwissen, das automatisiert
abgerufen werden können muss, um eine Grundlage zu haben,
damit darauf
aufbauende Rechenverfahren verstanden werden
können. Alle Teil-Teil-Ganzes-Beziehungen im ZR10 (s.o.)
beispielsweise einschließlich Ergänzungen müssen ohne
Umweg über irgendein Verständnis direkt abrufbar sein, um
problemlos den Zwerg-Riesen-Transfer auf den ZR20 und
ZR100 sowie den Zehnerübergang zu schaffen.
Ein unsinniger Verständnisbegriff führt auch dazu, dass
bei der schriftlichen Subtraktion immer mehr das
Entbündelungsverfahren um sich greift, bei dem, wenn man
an einer Stelle nicht subtrahieren kann, die
nächsthöhere(n) Stelle(n) explizit
entbündelt werden. Das ist extrem fehleranfällig,
insbesondere wenn mehrere Stellen entbündelt werden
müssen. Dieser m.E. grobe Unfug wird mit dem dabei
abverlangten Verständnis begründet. Dabei denkt bei der
Anwendung einer konkreten schriftlichen
Subtraktiónsaufgabe kein Mensch über das Verständnis
nach, denn es handelt sich um ein algorithmisches
Verfahren, das einfach beherrscht werden muss. Beim Lösen
einer konkreten Aufgabe der schriftlichen Subtraktion ist
Verständnis vollkommen irrelevant. So wie das Ergebnis
von 9-6 als Faktenwissen ohne Überlegen direkt abrufbar
sein muss (verständnisvolle Überlegungen wären nur
hinderlich), kommt es bei jeder konkreten schriftlichen
Subtraktion ausschließlich auf das automatisierte
Beherrschen des Verfahrens an. Dass man bei der
Einführung der schriftlichen Subtraktion diese
verständnisvoll einführt, ist selbstredend, aber nur hier
gehört das Verständnis hin. Eine verständnisvolle
Einführung ist aber auch bei dem für die Kinder weitaus
fehlerärmer durchführbaren schriftlichen
Subtraktionsverfahren ohne explizite Entbündelung
möglich, das wir vermutlich alle in der Schule gelernt
haben (und das auch als Abziehverfahren statt
Ergänzungsverfahren eingeführt werden kann, was sich auch
anbietet, wenn man - wie heute üblich - nur mit einem
Subtrahenden arbeitet)
- Kompetenzerwartungen (das Thema hier). Dabei
werden vielfach schon Erstklässlern Reflexions-,
Abstraktions- und Verbalisierungsfähigkeiten abverlangt,
die völlig unrealistisch sind.
So, jetzt hab ich mir mal richtig den Kummer von der
Seele geschrieben, denn wie unsere armen Kinder rechnen
lernen müssen, finde ich schon ziemlich übel. Schlimmer:
Große Teile der Eingangsklassen werden auf diese Weise zu
schlechten Rechnern gemacht und frustriert, sofern diesen
Auswüchsen nicht bewusst und zielgerecht im Unterricht
entgegengewirkt wird.