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Forum: "stellenwert von kultur"
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| Kultur? Welche Kultur? | | von: cujamaraaa
erstellt: 07.10.2013 20:23:50 |
Das mag vielleicht damit zu tun haben, dass Bildung heutzutage anders verstanden wird als früher.
Es gibt eine Allgemeinbildung, zu der auch ein gewisses Wissen und/oder Fertigkeiten in diversen Künsten gehören mögen. Geht eher in die humanistische Richtung, wenn ich mich richtig erinnere.
Dann gibt es aber auch die dringende Notwendigkeit, die Schüler von heute auf Biegen und Brechen irgendwie "überlebensfähig" für die Berufswelt zu "machen".
Grundlegend dafür sind diverse Sprachkenntnisse und Mathematikkenntnisse. So ganz grob gesehen und stark reduziert.
Wenn einer zwar toll Klavier spielen kann und ein Mozart-Stück von einem Haydn-Stück unterscheiden kann, ist das zwar schön, aber damit ein Leben zu finanzieren mehr als schwierig.
Diese Bildung ist die Kür, die auf die grundlegende Bildung draufgesetzt werden kann. Nachdem aber immer mehr Schüler schon mit der Grundausbildung die größten Schwierigkeiten haben (nicht ausreichend qualifiziert und motiviert für offene Lehrstellen...), warum soll man dann mit den "schönen Künsten" anfangen? Wofür "braucht" man die als Schreiner oder Informatiker?
Deshalb werden manche Fächer als wichtiger gewertet und von vielen (den meisten, inkl. Eltern) auch als wichtiger empfunden. Das ist halt eine Freizeitbeschäftigung für die, denens gefällt.
Nicht, dass ich falsch verstanden werde: Ich bin ein großer Fan von Kultur jeglicher Art und habe Musik als Unterrichtsfach studiert. Wenn ich begabter (bzw übungsmotivierter) gewesen wäre, hätt ich auch nur Musik studiert...
Ich würd den Künsten ja mehr Zeit in der Stundentafel einräumen :) Aber ich würd auch pro Woche noch mindestens 3 Organisationsstunden mit einplanen und 3 zusätzliche Deutschstunden und weitere 2 Sportstunden... (Kunst und Musik auch mehr, am liebsten auch noch Fächer a la Sozialverhalten oder Lebensführung)
Der Tag hat zu wenig Stunden und die Woche zu wenig Tage... |
| @unverzagte | | von: janne60
erstellt: 07.10.2013 21:08:41 |
Wenn du des Englischen mächtig bist, empfehle ich dir wärmstens diesen Vortrag von Sir Ken Robinson (von dem ich an anderer Stelle schon mal so sehr geschwärmt habe). Er vertritt genau die These, dass Kreativität in der schulischen Erziehung einen viel zu geringen Stellenwert hat und ist ein glühender Verfechter der Förderung von Talenten egal welcher Art.
http://www.youtube.com/watch?v=iG9CE55wbtY
Auch die anderen Vorträge von ihm sind eine echte Bereicherung! |
| Kreativität | | von: fruusch
erstellt: 07.10.2013 21:38:42 |
wird gerade in der Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen, dessen bin ich mir sicher. Schema-F funktioniert schon lange nicht mehr richtig, und es wird von Jahr zu Jahr immer weniger funktionieren:
Einer Firma geht es nicht ganz so rosig, die Aktienkurse sinken - Hurra, wir entlassen wie sonst auch immer die halbe Belegschaft, das wird den Kurs schon wieder ankurbeln!! (???)
Eine Firma hat zur Zeit keine Aufträge - Hurra, wir entlassen wie gewohnt die gesamte Forschungsabteilung, die kosten sowieso nur Geld!!! (???)
Ein europäisches Land nach dem anderen gerät in die Krise - Hurra, wir zwingen auch diesem Land einen drakonischen Sparkurs auf!!!! (???)
Die Autoindustrie klagt über Absatzschwierigkeiten - Hurra, wir bauen weiterhin immer größere, dickere, schnellere Autos, irgendwer wird die schon wollen!!! (???)
Kreative Lösungen können aber nur in kreativ denkenden Köpfen entstehen. Und kreatives Denken wird in der Schule leider viel zu wenig gelehrt - das merke ich immer wieder im Matheunterricht. Mathe ist ja sogar eine der kreativsten Wissenschaften, aber fast alle meine Schüler lieben es, nur nach auswendig gelerntem "Kochrezept" Lösungen zu finden... Wenn ich mit was anderem, sprich echter Mathematik, komme ernte ich meist komische Blicke.
Insofern bin auch ich als reiner MINT-Lehrer ein vehementer Verfechter für einen Ausbau der kreativen Fächer in der Schule. Leider hat unser KuMi in RLP dem gerade vor zwei Jahren entgegengewirkt, indem die Leistungskurse in Kunst und Musik drastisch abgewertet wurden. Wer die heutzutage wählt, wird damit bestraft, dass er in einem zusätzlichen Fach mündlich ins Abitur muss. |
| @cujamaraaa | | von: unverzagte
erstellt: 08.10.2013 10:48:56 geändert: 08.10.2013 10:49:30 |
danke für deinen beitrag, er erinnert mich in teilen an das kürzlich gehörte argument: warum wird von meinen steuern ein opernhaus restauriert, wo ich eh nie hingehe (bei der elbphilharmonie könnte ich das durchaus verstehen, da hier die karten, wenn es denn doch nochmal fertig gestellt werden sollte, um die 300 euro kosten werden). in verschärfter form also die these, wir bräuchten keine opernmusik, um überleben zu können.
du erwähnst weiter eine veränderung im bildungsverständnis,sehr interessant finde ich, dass hamburg als selbsterklärte sportstadt kurzerhand mal die dritte sportstunde eingeführt hat - ein schulsenator kann demnach also kurz mal die gewichtung einzelner fächer auf- oder abwerten. weiter haben wir das fach theater einstündig ab klasse 1 zu praktizieren - finde ich mehr als großartig, aber welche entwicklungen sind maßgeblich für einen solchen schritt?
sind das gar gesellschaftliche bedürfnisse, die sich nicht nur an kosten-nutzen-rechnungen aufhalten oder bin ich jetzt naiv?
unverzagte grüße.
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