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Forum: "Niedersachsen - LRS ab Klasse 8 ???"
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| Niedersachsen - LRS ab Klasse 8 ??? | | von: klexel
erstellt: 07.07.2012 12:42:17 geändert: 07.07.2012 13:04:42 |
In Klasse 8 kam vor 14 Tagen (also kurz vor den Zeugnissen) eine Mutter mit einem Gutachten, welches ihrer Tochter LRS bescheinigt. Darin wird gefordert, entsprechende Fördermaßnahmen zu ergreifen und diese Tatsache in den Noten zu berücksichtigen.
Nun frage ich mich:
Welche Auswirkungen hat solch ein Gutachten so kurz vor den Zeugnissen??
Fällt LRS vom Himmel?? Warum wurde dieses Kind nicht schon in Klasse 1 oder 2 getestet?
In Niedersachsen gibt es einen Nachteilsausgleich bis Klasse 10, aber der ist doch sinnlos, wenn die Beeinträchtigung so "plötzlich" auftaucht, oder??
Meiner Meinung nach gilt die Regel nur, wenn die LRS von Anfang an berücksichtigt wurde - und dann meinetwegen auch bis Klasse 10.
Als Hilfsmaßnahmen gilt in solchen Fällen:
Mehr Zeit bei den Arbeiten
Wörterbuch
verstärkte Bewertung der mündlichen Leistungen
Ich unterichte die Klasse / das Mädchen in Englisch. Da wird ganz deutlich, dass dieses Kind absolut überfordert ist. Ihre mündlichen Leistungen sind gar nicht vorhanden, sie gibt selber zu, dass sie überhaupt nicht versteht, worum es geht.
Wir muss man in solch einem Fall verfahren??
Ist ein Gutachten in einer 8. Klasse noch berechtigt, wenn vorher nix passiert ist?? Muss es schon zu den jetzt bevorstehenden Zeugnissen berücksichtigt werden?
Dazu kommt: Wir haben Null Fördermaßnahmen in unserer Schule mangels Lehrerstunden.
Mir drängt sich in diesem Fall der Verdacht auf, dass die Mutter auf Biegen und Brechen ein Sitzenbleiben der Schülerin verhindern will. Vater und Tochter befürworten ein Wiederholen. |
| . | | von: palim
erstellt: 07.07.2012 13:18:04 |
Eine LRS kann nicht immer in Klasse 1 oder 2 festgestellt werden, obwohl in der Feststellung der Schulausgangslage auch die basalen Fähigkeiten für diesen Bereich abgetestet werden.
Das hat vor allem den Grund, dass in Klasse 1 und 2 die Schreibaufgaben ganz anders gelagert sind... und bei bestehenden Curricula die früher üblichen Diktate (womöglich wöchentlich) wegfallen (können).
Stattdessen werden Rechtschreibüberprüfungen vielfältiger Formen eingesetzt und bewerten andere Kompetenzen als früher. Durch die unterschiedlichen Bewertungskriterien erreichen SuS bei gleichem Leistungsvermögen aber ggf. eine andere Note als früher... schließelich müssen sie ja nun ganz andere Sachen beherrschen als früher.
Das Freie Schreiben oder Schreiben von Aufsätzen, eigene Formulierungen etc. wird von vielen Lehrkräften erst ab Klasse 3 verbindlich eingesetzt und bewertet.
Auch wird die Rechtschreibung erst in der weiterführenden Schule bei Aufsätzen und anderen Arbeiten mitbewertet und führt dann auch erst zur Abwertung der Arbeit.
Außerdem ist es in Niedersachsen so, dass für das Berücksichtigen einer LRS kein Gutachten von außen vorliegen muss. Es ist also die Frage, ob das Kind vorab auch schon schlechte Leistungen in der Rechtschreibung gezeigt hat und warum es vorher an eurer Schule nicht aufgefallen oder nicht ins Gewicht gefallen ist.
Das Kind geht ja vermutlich bereits seit Klasse 5 bei euch zur Schule.
Für eure Schule kann ich nicht sprechen, aber ich behaupte, dass an vielen Schulen die Möglichkeit der Nachteilsausgleiche nicht oder nur selten genutzt wird. Nachteilsausgleich hin oder her müsste es eine von euch fortgeführte individuelle Lerndokumentation über etwaige Schwächen und Förderungen geben... und natürlich auch Hinweise im Förderkonzept eurer Schule.
Wenn das Gutachten JETZT vorliegt, kann es meines Erachtens JETZT zum Anlass einer pädagogischen Konferenz genommen werden, in der dann für SPÄTER ein Nachteilsausgleich festgelegt wird.
Rückwirkend jetzt die Klassenarbeiten des Schuljahres und andere Leistungen neu zu bewerten, halte ich für falsch ... oder besser für rechtlich nicht einwandfrei.
Eine andere Möglichkeit wäre, auf Grundlage des Gutachtens und eurer Bewertungen zu überlegen, ob die Schülerin eine Chance darauf hat, im nächsten Schuljahr (mit oder ohne Nachteilsausgleich und Förderung) mitarbeiten zu können und sich auf den LRS-Erlass zu berufen.
Der Hinweis auf die Förderstunden ist richtig, die gibt es aber an Grundschulen auch nicht.
Das Ministerium mit seinen Richtlinien und Erlassen geht ja davon aus, dass extrerne Differenzierung dem Kind schadet und ihr durch innere Differenzierung dennoch eine hervorragende Förderung leistet.
siehe
Erlass zur Förderung von Schülerinnen und Schülern mit besonderen Schwierigkeiten im Lesen, Rechtschreiben oder Rechnen bei schure.de (kann man leider nicht direkt verlinken)
Palim |
| Danke palim, | | von: klexel
erstellt: 07.07.2012 13:27:29 geändert: 07.07.2012 13:29:22 |
ich wusste, dass ich von dir eine fundierte Antwort bekommen würde.
Die Deutschlehrerin (=Klassenlehrerin) und ich haben über dieses Gutachten gesprochen und beide festgestellt, dass die Rechtschreibung gar nicht das Problem bei diesem Mädchen ist.
In Englisch würde die RS auch wenig bis gar nix an der Zensur ändern. Die Schülerin hat mit allem Probleme - sei es Grammatik, Satzbau, Vokabeln (dabei nicht die RS,sondern das Wissen), sie kann die einfachsten Fragen nicht beantworten, weiß nie, worum es geht. Die mündliche Leistung ist überhaupt nicht vorhanden, sie schüttelt immer nur den Kopf.
Da würde der Nachteilsausgleich kaum helfen.
Na ja, mal sehen, was der SL dazu sagt.
Die entsprechenden Erlasse hab ich natürlich auch schon angesehen, aber das ist alles sehr schwammig.
Und Maßnahmen wie: mehr Zeit, Wörterbuch, Vernachlässigung der RS, verstärkte Bewertung der mündichen Leistung etc. würden hier nix bringen.
Danke nochmals,
LG
klexel |
| Meine spontanen Gedanken | | von: sommerlaune
erstellt: 10.07.2012 11:38:27 |
Ich denke, genau wie skole, dass ein Nachteilsausgleich auch in höheren Klassen erstmalig gewährt werden kann. Vielleicht waren die Eltern (und entsprechende Lehrer) nicht über das Thema LRS informiert und wusstend gar nicht, dass eine solche vorliegen könnte, bzw. dass man sich eine solche "bescheinigen" lassen kann?!
Welche Institution hat denn eigentlich die LRS festgestellt? Ich frage deshalb nach, weil es ja möglicherweise sein könnte, dass bei dem Kind eine allgemeine Lernschwäche vorliegt. Normalerweise sollte zwar der IQ überprüft sein, aber da ich auch schon anderes erlebt habe, würde ich diese Möglichkeit zumindest in Betracht ziehen. Dann bräuchte die Schülerin natürlich eine andere Art der Unterstützung im Unterricht.
Eventuell liegt bei dem Kind aber auch eine nicht erkannte/nicht behandelte Sprachbehinderung vor. Gerade die "nicht hörbaren" Sprachauffälligkeiten werden häufig nicht als solche erkannt. Betroffene Kinder fallen dann zunächst nur durch mangelhafte Leistungen in Deutsch auf, später können aber allgemeine Leistungsdefizite in anderen Fächern hinzukommen, weil z.B. das Sprachverständnis zu stark eingeschränkt ist. Auch in diesem Fall wäre gezielte Unterstützung im Unterricht nötig.
Das sind, wie gesagt, nur spontane Spekulationen. Ich maße mir nicht an, aus der Ferne und unbekannterweise über Kind und Elternhaus zu urteilen. Mein Tipp wäre, im kommenden Schuljahr einen Sonderpädagogen als Berater hinzuzuziehen. Dann könnte geschaut werden, wo genau Probleme und Ursachen liegen und wie evt. noch Hilfe organisiert werden kann.
Viele Grüße
sommerlaune |
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