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Forum: "Benotung eines Aufsatzes"
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| Benotung eines Aufsatzes | | von: ava_st
erstellt: 10.11.2009 11:29:32 |
Hallo,
ich habe zwar Lehramt studiert, habe mich allerdings nach dem Referendariat für eine andere Laufbahn entschieden. Ich gebe aber ab und an Nachhilfe. Ich habe im Moment eine Deutschschülerin, die erst 11 Jahre ist, aber dennoch bereits in der 7. Klasse. Vor den Herbstferien schrieb die Klasse eine Inhaltsangabe (etwas, wovon uns im Seminar dringend abgeraten wurde - wegen der kognitiven Entwicklung sollte dieses Thema erst am Ende des Schuljahres behandelt werden.) Sei es drum. Jedenfalls ging die Arbeit in die Hose, sie bekam eine 5. Allerdings kann ich nicht sagen, woran das liegt, die Lehrkraft hat den Aufsatz noch nicht zurückgegeben.
Ich möchte mich nun rückversichern: Wann kann ein Aufsatz so bewertet werden: Bei verfehltem Thema oder auch bei anderen Gründen? Bei uns in der Lehrerausbildung am Seminar wurde immer - auch bei Themaverfehlung - abgeraten, so weit hinunter zu gehen. Und muss man Rücksicht darauf nehmen, dass jemand jünger ist als der Klassenschnitt (hier sind es zwei Jahre)? Was meinen Sie / meint ihr? |
| Themaverfehlung | | von: volleythomas
erstellt: 10.11.2009 13:15:20 |
Bei einer Themaverfehlung ist grundsätzlich eine 6 zu geben, jedenfalls bei uns in der HS.
Ich arbeite in dem Bereich mit einem Punktesystem, das nach Inhalt und Sprache aufgeteilt ist, wobei nicht mehr sprachliche als inhaltliche Punkte gegeben werden können. Dies mache ich in Anlehnung an die Bewertung im Quali, der für meine Schüler ja das "Endziel" der HS ist. Bei entsprechender inhaltlicher und sprachlicher Leistung kann also durchaus auch eine 5 oder 6 gegeben werden, ohne dass das Thema wirklich verfehlt wurde.
Eine Rücksichtnahme auf das Alter der Schüler ist für mich nicht nachvollziehbar. Wenn sie in der Lage sind, eine entsprechende Jahrgangsstufe zu besuchen, dann werden sie auch entsprechend benotet.
Im Umkehrfall müsste ich ja dann jeden, der älter ist, auch strenger benoten, womit ich ganz große Probleme hätte (Wiederholer!).
Ich würde jetzt erst mal die Rückgabe des Aufsatzes abwarten und die Bemerkung zu der Inhaltsangabe lesen. Dann wird vielleicht einiges klarer. Und danach kann man auch mit der Lehrkraft Kontakt aufnehmen...
Th |
| Strenge Sitten | | von: ava_st
erstellt: 10.11.2009 14:27:49 |
Hallo Thomas,
erst mal danke für die Antwort. Ich würde ganz gern zu einigen deiner Punkte meinen Senf dazu geben. Du schreibst, dass an deiner Schulform für ein verfehltes Thema eine 6 gebe. Für mich ist das schwer nachzuvollziehen, da eben auch die sprachliche Leistung da ist. Ich habe während meiner Referendariatszeit auch Aufsätze geschrieben und korrigiert und hatte dabei eben einen sprachlich gelungenen Aufsatz, der am Thema vorbei war. Hätte ich dem betreffenden Schüler eine 6 oder auch nur eine 5 gegeben, den Ärger will ich mir nicht ausmalen. Außerdem habe ich ein Problem mit der Gerechtigkeit. Deutsch ist kein Sachfach. Deswegen ist es für mich schwierig, jemandem, der ja eine Leistung gebracht hat (möge sie inhaltlich auch falsch sein) genauso zu bewerten wie jemanden, der ein leeres Blatt abgegeben hat, also keine Leistung lieferte.
Zur Rücksichtnahme: Es ist durchaus normal, dass man auf LRS, Dyskalkulie, AD(H)S ... Rücksicht nimmt. Da die Schreibentwiglung eine kognitive ist (das ist der Grund, weshalb man in bestimmten Klassenstufen bestimmte Aufsatzformen schreibt), kann auch bei sonst sehr intelligenten Schülern, die früher eingeschult wurden und eine Klasse übersprungen haben, eine Reifeverzögerung auftreten. Man vergibt sich nichts, wenn man darauf in Maßen Rücksicht nimmt. Das heißt doch auch lange nicht, dass man Wiederholer härter behandeln muss. Schließlich hat die Aussetzung der Rechtschreibnote bei LRS-Kindern auch keinerlei Auswirkungen auf die Kinder, die nicht darunter leiden.
Um es klarzustellen: Ich bin auch dagegen, Kinder um jeden Preis auf dem Gymnasium durchzuschleppen (ich habe das recht oft erlebt und kann dazu ware Romane erzählen, zumal damit niemanden geholfen ist). Mir ging es eigentlich nur um die Praxis. |
| Ja eben | | von: volleythomas
erstellt: 10.11.2009 14:57:49 |
Es geht hier um die Praxis.
Und die sieht bei uns in den Hauptschulen eben so aus, dass ich im Quali nicht mehr sprachliche als inhaltliche Punkte geben darf.
Deshalb diese Bewertung, die vielleicht streng erscheinen mag, aber durchaus gerechtfertigt ist.
Als übertriebenes Beispiel:
Ein S soll eine Inhaltsangabe schreiben, er schreibt mir eine Erlebniserzählung. Schön und gut, hat aber mit der Aufgabe nichts zu tun. Daher ist das eine 6.
Dass in der Realität die Grenzen nicht so klar umrissen sind, ist mir auch klar. Aber die Regelung, von der ich spreche, ist eine in ganz Bayern verpflichtende Regelung für die Abschlussprüfungen. Kannst du dir vorstellen, wie es aussähe, wenn hier unterschiedlich benotet würde?
Th |
| Praxis | | von: ava_st
erstellt: 10.11.2009 15:49:00 geändert: 10.11.2009 15:49:52 |
Hallo Thomas,
klar, ich kenn das Thema. Ich kenne auch das andere Extrem. In BW gibt es die Vergleichsarbeit (unter anderem) im Fach Deutsch. Und die Bewertung dort ist - schlicht gesagt - kreativ. Hier gibt bereits eine falsche Beantwortung einer Frage einen Punkt - wenn sie als Satz formuliert ist. Im Umkehrschluss gibt es auch nur einen Punkt und nicht zwei, wenn die Frage richtig, aber nicht in Satzform beantwortet wurde.
Die Frage ist jedoch: Wie weit weg vom Thema kann man sein? Kein Schüler wird einen Erlebnisbericht als Inhaltsangabe anbieten.
Außerdem möchte ich noch einmal klarstellen: Ich kenne die Praxis aus eigenem Erleben, nicht nur vom Seminar. Und da glit nun mal: Der Lehrer (und noch viel mehr der Referendar) ist der Böse.
Und die Vergleichbarkeit der Arbeiten ist sowieso so eine Sache. Stichwort Abitur, Aufsatzbewertungen: Hier sind teilweise 5 bis 6 Punkte Unterschied zwischen Prüfer 1 und Prüfer 2 normal. Sicher kommt dann ein Drittkorrektor zum Zuge, aber es zeigt doch die Schwierigkeit.
Und ein Punkt bleibt: Ich halte es für pädagogisch wenig sinnvoll, wenn einem Schüler die schlechte Note mitgeteilt, aber die Arbeit nicht zurückgegeben wird, so dass man keine Fehleranalyse und vernünftige Ursachenforschung betreiben kann. |
| Bekanntgabe der Note | | von: bger
erstellt: 10.11.2009 19:51:09 geändert: 10.11.2009 19:56:45 |
Die Vorgehensweise, eine solche Note unkommentiert in den Raum zu stellen, zeugt nicht gerade von Feingefühl (oder ums geraderaus zu sagen: Das ist ne Sauerei). Ganz so sehe ich es nicht. Klar ist das nicht der Normalfall. Aber ich habe das auch schon so gehandhabt: Die Arbeit ist korrigiert, die Schüler warten auf die Ergebnisse - und ich halte sie zurück, weil noch jemand nachschreiben muss und ich gern dieselbe Aufgabe nehmen will (weil ich vielleicht keinen adäquaten Text finde). Dann nerven die Schüler fast täglich, wann sie denn ihre Arbeit zurück bekämen. Und irgendwann lasse ich mich breitschlagen...
Zur Ausgangsfrage: In NRW soll die sprachliche Form soweit berücksichtigt werden, dass die Arbeit um eine Zensur auf- oder abgewertet werden kann. "Thema verfehlt" oder, besser gesagt, der Text wurde nicht verstanden und/oder der Aufsatz weist nicht die Merkmale einer Inhaltsangabe auf, das würde der Inhaltsnote "5" entsprechen. Hinzu kommt die Bewertung des Ausdrucks und der Sprachrichtigkeit. So müsste ein verfehltes Thema nicht unbedingt eine "5" bedeuten.
Bis vor wenigen Jahren gab es bei uns die so genannte "Ausschlussklausel". Diese besagte, dass ein Aufsatz, der inhaltlich "5" ist, auch nicht besser als 5 bewertet werden darf. Eigentlich leuchtet das ein. Bei obiger Zensierung oder bei einer Bepunktung kann nämlich theoretisch Folgendes passieren: Ein Schüler, der nur irgendetwas inhaltlich Passendes hinschmiert oder sogar stellenweise einfach den Originaltext abschreibt, könnte genug Punkte für eine "4" bekommen. Wie aussagefähig ist das denn, jemandem, der offensichtlich das Lernziel nicht erreicht hat, eine 4 zu geben???
Und: wieso Nachteilsausgleich? Wenn jemand mit 5 für schulreif befunden wird, muss ich den doch ganz normal behandeln. Klar gibt es dann auch Themen, wo sich die Jüngeren schwer tun, weil sie entwicklungsmäßig "noch nicht so weit" sind. Aber wenn sie ansonsten für die Klassenstufe geeignet sind, haben sie vielleicht bei einem Thema Probleme, beim nächsten nicht mehr. Worauf soll denn noch Rücksicht genommen werden? |
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