Eigentlich bin ich immer eine Anhängerin des herkömmlichen dreigliedrigen Schulsystems gewesen. Eigentlich. Aber in punkto Schullaufbahnprognosen bin ich immer skeptischer geworden. Gut, die meisten Grundschullehrer haben schon recht, die Kinder, die mit HS-Empfehlung zu uns kommen scheitern häufig früh bei uns.
Was mich aber stutzig macht, ist die Entwicklung der Kinder hier bei uns. Ich entlasse morgen eine 10. Klasse, die ich seit Klasse 7 kenne. Etwa ein Viertel der Klasse hat sich völlig anders entwickelt, als ich das damals gedacht hätte - und zwar einige wirklich konträr. Die beiden Schüler mit den schlechtesten Noten, die übrigens beide keine FOR bekommen haben, gehörten einst zu den besseren Schülern, eine war sogar früher Klassenbeste. Ein Schüler, der in Klasse 7 fast sitzengeblieben wäre, verlässt die Schule als Klassenbester. Ein schüchternes, stilles Mäuschen ist zu einem selbstbewussten jungen Erwachsenen geworden, der fast überall eine Stütze des Unterrichts ist. Ein anderes stilles Mäuschen ist Schülersprecherin geworden. In einer früheren Klasse von mir hat nur eine einzige Schülerin anschließend Abitur gemacht - und dieses Mädchen war in Klasse 5/6 so schwach im Schriftlichen, dass wir dringend den Übergang zur Hauptschule empfahlen. Sie hat irgendwann Ehrgeiz entwickelt und sich regelrecht "durchgebissen".
Irgendwie kommt man bei solchen Beispielen ins Grübeln!
Andererseits wieder bestätigen sich gängige Klischees: die Jahrgangsbeste ist ein türkisches Mädchen, andererseits hat die Hälfte der Schüler ohne FOR einen Migrationshintergrund (meist türkische Jungs).