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Forum: "Pro / Kontra Zensierung in Klasse 2"
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| Noten verhindern das Lernen | | von: palim
erstellt: 01.06.2005 00:23:44 |
In Niedersachsen gibt es in der 2. Klasse Berichtszeugnisse - und das ist gut so!
Wenn ich frei entscheiden dürfte, würde ich diese Form auch noch nach der 2. Klasse nutzen.
Es gibt allerdings eine Vorgabe, die besagt, dass die Formulierungen positiv verfasst sein sollen.
Im Allgemeinen habe ich dagegen nichts einzuwenden, es gibt aber Fälle, da nutzen m.E. klare Worte mehr.
Schreibe ich:
Der Schüler bemüht sich, zu erkennen, dass er bei der Wahrheit bleiben sollte und andere Schüler achten sollte.
oder:
Der Schüler muss lernen, bei der Wahrheit zu bleiben und andere Schüler zu achten.
Schwierig bleibt nach wie vor, dass Noten einen sehr hohen Stellenwert haben und als objektiv angesehen werden. Noten, die unter einer Arbeit oder auf einem Zeugnis vermerkt sind, sind leicht miteinander zu vergleichen, ohne jedoch die eigentliche Leistung noch im Blick zu haben.
Hier gibt es zur Zeit Absprachen bezüglich der Dikat-Bewertung (wir müssen laut RRL Diktate schreiben). Dabei wird über jeden vergessenen i-Punkt diskutiert, über Fehlerabstufungen bei der Notenvergabe etc. DAss aber trotzdem die Diktate nicht vergleichbar sind, da sie unterschiedliche Schwierigkeitsgrade aufweisen, verschieden geübt wurden etc., wollen selbst einige Lehrer nicht verstehen.
M.E. wäre es wichtig, die Noten erst einmal von ihrem Sockel zu schubsen und Eltern wie Schülern deutlich zu machen, dass die Bewertung von Leistungen mit Hilfe von NOten keineswegs so objektiv ist, wie sie meist dargestellt werden.
Eine viel bessere Rückmeldung wäre ein persönlicher Kommentar unter einer Arbeit oder in einem Zeugnis.
Bei Aufsätzen bin ich dazu über gegangen, den Schülern genau Kriterien zu geben, ihnen nach einem Aufsatz zu sagen, was sie schon gut umgesetzt haben und mit ihnen zu üben, was noch geübt werden muss. Dabei kann icha uch den Schülern Rechnung tragen, die in ihren Leistungen erhebliche STeigerungen aufzeigen, insgesamt aber noch nicht den Anforderungen der Klassenstufe entsprechen. Es ist wohl ein Unterschied, ob unter dem Aufsatz steht: Prima! Du hattest gute Ideen und hast dir viel Mühe gegeben, sie aufzuschreiben. Deine Satzanfänge sind in diesem Aufsatz besser gewählt. Wir werden weiter an den Zeitformen der Vergangenheit üben oder: 5
Sicher ist es auch so, dass einigen Schülern manchmal deutlich zu verstehen gegeben werden muss: Deine Leistungen, deine Anstrengungsbereitschaft reicht mir nicht aus. Aber ich denke, oft sind es gerade die Noten, die die Motivation rauben. In der 3. Klasse ist das meist gut zu merken. Zudem nagt der Wettkampf der Noten häufig an Freundschaften und sozialem Miteinander.
Ein weiteres Beispiel (aus der Praxis)
Es müssen Noten für das Schwimmen gegebne werden:
Ein Nichtschwimmer, der Schwimmen lernt - welche Note verdient er?
Welche Note soll ein Schüler bekommen, der bereits schwimmen konnte, sich aber in seinen Leistungen nicht gesteigert hat?
In anderen Fächern sit der Unterschied der Leistungsbreitschaft und des Erfolges vielleicht nicht so deutlich, aber auch vorhanden.
Gute Schüler erhalten häufig ohne große Anstrengungen gute Noten... und werden darin bestätigt, dass sie nichts für ihre guten Leistungen tun müssen. Sie verlernen das Lernen.
Soweit erst einmal
Liebe Grüße
Palim |
| NRW | | von: rooster
erstellt: 01.06.2005 17:45:03 |
in nrw sind die klassen eins und zwei eine pädagogische einheit, in den neuen richtlinien sind für die fächer mathe und deutsch verbindliche anforderungen definiert, die ein schüler (angeblich) erfüllen soll, um in klasse 3 versetzt zu werden
also: der leselernprozess läuft bei kindern sehr unterschiedlich ab, es kann sein, dass ein kind bis zum ende der ersten klasse noch nicht wörter erlesen kann, im lauf der klasse 2 passiert es plötzlich, wenn man zensuren gibt, wird man diesen sehr unterschiedlichen lernwegen nicht gerecht, denn man muss punktuell eine zensur geben
viele kinder benötigen die ersten monate der klasse 1, um sich an die schule zu gewöhnen (schüler zu werden) - sie sind noch nicht von beginn an lerner, die pädagogische einheit klasse 1 und 2 ermöglicht es diesen freiraum zu geben, häufig entwickeln sich schüler, die interesse am lernen gefunden haben und lernwege finden, dann rasant und holen auf im verg´leich zu anderen
diese individuellen lernunterschiede in der eingangsstufe lassen sich differenzierter mit wörtern als mit zensuren beschreiben, vor allem aus dem grund bin ich froh, dass wir die ersten zensuren in klasse 3 geben müssen
hilft dir das mit argumenten weiter fossy?was in dem riesigen nrw richtig ist, kann doch kein völliger irrweg sein
rooster: es ist gar nicht alles schlecht in nrw-grundschulen (bis jetzt)
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| eine andere Sichtweise | | von: rhauda
erstellt: 01.06.2005 21:25:58 |
Ich stimme Palim zu, dass die Art, wie Berichtszeugnisse häufig abgefasst werden, zu stereotypen textbausteinartigen Beurteilungen führen kann.
Meine Tochter fand es immer nervig, dass sie eigentlich gar nicht erkennen konnte, ob sie nun befriedigend, gut oder sehr gut gearbeitet hatte.
Ein Beispiel waren die Bilder in Kunst.
"Sie (die Lehrerin) sagt immer zu allen nur 'Das hast du aber schön gemacht!', dabei ist es einfach so, dass mein Bild viel schöner war. XY hat seins noch nicht einmal zu Ende gemacht!"
Dabei hatte sie sehr wohl ein Gefühl dafür, dass es eine tolle Leistung war, wenn Özgür nur 8 Fehler im Diktat gemacht hatte anstatt seiner üblichen 14.
Ebenso wie ständige schlechte Noten kann es demotivierend sein, wenn richtig gute Leistungen von Schüler/innen immer relativiert werden dadurch, dass es eben schwieriger ist, von 97% auf 100% zu kommen als von 30% auf 60%.
All das hat, glaube ich weniger mit der Bewertungstechnik zu tun als mit der irrigen Annahme, dass immer ALLES gelobt werden muss. Palim nennt da einige Beispiele.
Man muss als Lehrkraft schon das Kind beim Namen nennen dürfen.
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| Bewertungen sollen motivieren | | von: caldeirao
erstellt: 02.06.2005 17:04:15 |
ob nun als Beurteilung oder als Zensurenskala.
Es ist nicht motivierend, wenn jeder mit dem Standardsatz. "Hast du aber fein gemacht" abgefrühstückt wird. Sowohl für die, die es besser gemacht haben, als auch für die, die es selbst nicht so empfinden.
Viel Erleichterung beim Beurteilen findet man bei einem relativ neuen Kompetenzansatz. Es geht darum, dass man das Lernziel aufsplittet in verschiedene Niveaustufen aufsplittet. So lässt sich sowohl Verhalten als auch Lernen gut beschreiben. Ein Beispiel für die Einschätzung von Sozialverhalten findet ihr auf der Seite:
http://www.bics.be.schule.de/son/wir-in-berlin/nbs/
unter Werkstattbericht 5.
Aber um die Eingangsfrage zu beantworten:
Ich würde lieber auf Bewertung mit Zensuren verzichten, um die Freude am Lernen zu erhalten. Du kannst entsprechend dem Kompetenzstufenmodell viel besser den SoS einschätzen. Du förderst dadurch die Leistungsbereitschaft von sehr guten SuS (warum muss ich noch was tun, wenn ich sowieso die 1 bekomme?) und minimierst den Frust für leistungsschwache SuS (warum muss ich was tun, wenn ich sowieso die 4 oder 5 oder6 bekomme?).
Jüngere SuS sind noch neugierig auf das Lernen und wenn sie in die weiterführenden Schulen kommen, ist der Frust so groß, dass sie kaum einen Bleistift und ein Blatt Papier rausholen. Die Frage steht doch, wie schafft es Schule?, Leben? Gesellschaft?...., innerhalb sehr kurzer Zeit, den SuS das Lernen zu vergraulen?
Ich denke ein Punkt ist auch das demotivierende Zensurensystem und der damit verbundene Lerndruck. |
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