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Forum: "Wie kann ich die Klassengemeinschaft stärken?"
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| meine erfahrungen... vielleicht kanns dir ja helfen | | von: silkeog
erstellt: 28.11.2005 23:41:43 |
hi - ich hatte eine klasse nach der 5. übernommen, welche sehr
zerworfen war und viele der schüler haben ernste -
erschreckende geschichten. zunächst cancelte ich jegliche
unterrichtliche dinge und konzentrierte mich auf ein projekt in
dem es um gefühle ging. hierzu gab es einige impulse die ich
aus einem werk vom verlag an der ruhr grob übernahm und
noch modifizierte. im anschluss - so als abschluss verbrachten
wir einen erlebnispädagogischen tag in der schule (sport) und
danach im hochseilgarten. da hat es - so empfandens auch die
schüler, einen recht großen 'schnackler' getan. es hat also
damals schon einiges bewirken können. wobei man das
kurzfristig nicht erkennen kann.
danach machten wir ein projekt das hieß 'die goldene Regel', wir
nannten es 'lifestyle4peace', klingt cooler und in anlehnung an
die ursprünge für die schüler besser nachvollziehbar. (bzgl.
existierenden internetadressen und veranstaltungen). hierzu
kam eine frau hinzu, die diese projekte schon öfter in anderen
gruppen durchführte - sie kam ohne das sie geld verlangte -
einfach nur 'um des friedens willen' dieses projekt - nochmal
stark auf die schüler angepasst, mit rapsongs und diashows hat
ebenfalls (auch längerfristig gesehen), sehr viel bewirkt. heute
noch (jetzt 7ener) ist 'lifestyle4peace' oftmals mittelpunkt
unseres morgenkreises.
was mir auch stark geholfen hat, war die konsequenz mit der ich
kleine fiese bemerkungen 'am rande' absolut untersagte und
auch mit dem unterricht jedes mal aufhörte um zu erklären,
dass diese - wir würden sagen mobbing-angriffe, nicht zu
akzeptieren sind.
ich bin heute sehr froh unsere zeit dafür verwendet zu haben,
auch wenn wir heute noch stofflich 'darunter leiden', so hat es
unglaublich viel gebracht und so werde ich auch meinen
nächsten durchgang wieder angehen! (wir haben die klassen von
5-9)
viel glück!
silkeog
p.s:
www.lifestyle4peace.org
Wir werden eine Klassengemeinschaft
Buch von Fiebig, Hartmut | Winterberg, Frieder
(ich glaub das war das Werk vom Verlag an der Ruhr, aber wie
gesagt, nur einzelne Bausteine und sehr umgewandelt. jedoch
'am stück' in form eines projektes)
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| Encouraging Training | | von: keinelehrerin
erstellt: 29.11.2005 08:39:10 |
Hey.
Wir hatten das Problem in der Klasse der Tochter, damals 4. Die Klasse war seit Jahren wohl so zerstritten und untereinander eingespielt, einige an den Rand zu drängen, dass selbst die Klassenlehrerin, die sie seit der 1. hatte, vieles nicht bemerkte.
Die Situation eskalierte mit handfesten Schlägereien auf dem Schulhof, mit blutenden Lippen. Mit Kindern, die nach dem Unterricht sich nicht trauten nach Hause zu gehen, weil andere an der Straßenecke warteten. Unsere Tochter wollte nicht mehr gehen, weil sie auf dem Schulhof - und in der Klasse, wenn die Lehrerin mal grade unten war - gehänselt wurde. (Sie hat ein Lese-Rechtschreib-Problem)
In der Klasse war ein ständiges Kommen und Gehen: Migranten-Kinder, Wiederholer, Kinder, die umgezogen sind, Kinder, die in die Klasse untendrunter wechselten, usw....
Nach den tätlichen Angriffen informierte sich unsere Elternvertretung über Projekte in deren Mittelpunkt Gewaltbekämpfung und die Stärkung des Gruppengefühls standen.
Es gab jede Menge Angebote; leider viel zu teuer.
Bei uns im Ort ist der saarländische Ableger des Schonacker-Institutes. Und das war unser Glück. Frau Neuhaus, die Leiterin, erklärte sich bereit, mit den Kindern und der Lehrerin über einen Zeitraum von zwei mal zwei Wochen zu arbeiten. (Den moderaten Preis teilten sich die Eltern, der Förderverein unserer Schule und die Gemeinde.)
Frau Neuhaus arbeitete in der Klasse jeden Morgen die ersten beiden Stunden.
Sie ließ die Kinder erzählen, jedes einzelne, wie es sich gestern im Unterricht gefühlt hatte, nicht welchen Stoff sie besprochen oder was es gelernt hatte, sondern wie es ihm dabei gegangen ist.
Das mit einem kurzen Satz. "Gestern war alles gut für mich." "Ich hatte Angst ausgelacht zu werden." "In Musik langweilte ich mich ganz fürchterlich."
Dann bekamen die Kinder den Auftrag ihren Namen auf einen Zettel zu schreiben. Diese wurden gefaltet und jeder musste ein Zettelchen ziehen. Niemand durfte den Namen verraten, den er gezogen hatte. Der Auftrag war, denjenigen eine Woche zu beobachten und aufzuschreiben, was er gut und richtig gemacht hatte, wofür man gerne sein Freund sein möchte.
An einem Tag brachte sie einen Korb mit Kieselsteinen und Muscheln mit. Auf jedem Stein und in jeder Muschel war ein Tier versteckt: Dort konnte man einen fliegenden Adler in der Maserung entdecken, hier war eine brütende Ente versteckt, auch galoppierende Pferde usw.
Morgens wurde auch ein Kreis gestellt, weil es ihr wichtig war, dass keiner in den Rücken des Anderen sprach.
Einmal sollten sie auch Babybilder mitbringen. Das hatte den Effekt, dass alle miteinander lachen konnten; jeder hat mal irgendwann irgendwie ähnlich ausgesehen.
Nebenher wurden auch solch höfliche Floskeln wie "Bitte" und "Danke" und "Könnte" und "Würde" geübt.
Die Kinder bekamen Blätter mit nach Hause, auf denen sie verschiedene Dinge eintrugen: Was ich gerne mal im Unterricht besprechen würde. Im Urlaub würde ich gerne nach ..... fahren.
Gar nicht mag ich, wenn in der Klasse ........ passiert.
Damit wir alle uns gut verstehen, müsste ....... geschehen.
Ein Kummerkasten wurde eingeführt.
Jeder, der sich über etwas ärgert, schreibt das auf. Allerdings- und das ist eine unumstößliche Regel - ohne einen Namen zu nennen.
Natürlich sollten auch positive Dinge aufgeschrieben werden. (Sehr beliebt: Heute gabs Hitzefrei.)
Einmal pro Woche, bei uns montags die vierte Stunde, wurde der Kasten geleert und die Zettel vorgelesen. Bei negativen Einträgen musste die Klasse darüber diskutieren: 1. Ist es überhaupt noch aktuell? 2. Hat das noch jemand beobachtet? 3. Was hat das in dir ausgelöst? 4. Welche Abhilfe schlägt die Klasse vor?
Wenn nicht alle Zettel behandelt werden konnten, wurden sie auf nächste Woche verschoben.
Ich kann nur sagen, dass uns dieses Projekt sehr viel gebracht hat, und wir uns einige waren, es hätte schon viel früher sein müssen.
Das haben wir auch angeregt, und das Erfreuliche ist, dass sich unsere Schulleitung dazu bereit erklärt hat, dieses Projekt in diesem Halbjahr mit den jetzigen Viertklässlern und dann mit den Zweitklässlern durchzuführen. Die Drittklässler kommen nach den Osterferien dran (die sollen wegen der Erstkommunion nicht überfrachtet werden.)
Am Gymnasium läuft immer mal wieder ein Projekttag mit der Mappe "Fit fürs Erwachsenwerden" (oder so ähnlich) Das wird gesponsert vom Lions-Club, einige Lehrer sind dort auf Fortbildung gewesen und gehen dann in die Unterstufen-Klassen hinein, so eine Art Mentor-Tätigkeit.
Finde ich allerdings nun nicht so wirkungsvoll.
Ich hoffe, ich konnte dir einige Anregungen geben. Falls du interessiert bist, kann ich dir auch die Adresse von Frau Neuhaus zukommen lassen. Ich kanns dir nur wärmstens ans Herz legen, was zu machen. Es bringt den Kindern so viel!
liebe grüße
keinelehrerin
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