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Forum: "Erfahrungsbericht"
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| Erfahrungsbericht | | von: katrinschmitz
erstellt: 26.01.2006 18:15:08 |
Ich habe als Fachlehrerin zum Teil starke Probleme, in der Klasse ein Lernklima aufrecht zu erhalten, in dem es sich arbeiten lässt (sehr unruhige Klasse). Gestern hatten dann die Klassenlehrerin, die Klasse und ich ein Gespräch.
Mit dem erschreckenden Ergebnis:
Die Schüler WOLLEN!!!:
- ab jetzt in Reihen hintereinander sitzen
- bei mir nicht mehr spielen, sich selbst was aussuchen "müssen" und all das, wa sich als "frei" und "offen" ansehen würde - das nervt sie
sondern: - im Buch oder an der Tafel arbeiten, ich soll bitte sagen, was wie gemacht werden soll und vielleicht - ab und zu mal - ein Arbeitsblatt verteilen ...
Ich hab totale Bauchschmerzen bei der Sache gehabt - so frisch vom Referendariat - da hab ich schließlich ganz anders arbeiten gelernt -
und hab das heute gegen meine Überzeugung mal so durchgezogen und siehe da - alle arbeiten entspannt und loben zum Schluss den Tag, weil sie gut und ruhig arbeiten konnten und bitten erneut, weiter so zu unterrichten.
und jetzt? Soll ich es nochmal nach einer Frontalunterrichtsphase versuchen - langsam und vorsichtig, vielleicht mit nur einer Stunde in einem Fach???
Ich komm mir echt doof vor |
| Hallo Katrin, | | von: fuxl
erstellt: 26.01.2006 18:53:06 |
die haben anscheinend schon gelernt dass Frontalunterricht weniger anstrengend ist als freies Lernen...
Hm, vielleicht könnte man mit der Klasse gemeinsam drüber nachdenken, ob es für die Kinder wirklich deshalb angenehmer war, weil es Frontalunterricht war, oder eher deshalb weil es leiser war und sie sich besser konzentrieren konnten.
Reinen Frontalunterricht würde ich jetzt möglichst nicht machen, aber den Kindern vielleicht erst mal nicht gleich alle Freiheiten "zumuten". Also z.B. erstmal das Thema vorgeben, dass sie bearbeiten sollen (das kann ja in einer kurzen Frontalphase passieren); dann sollen sie selbständig ran, mit nicht zu vielen Materialien zum auswählen und mit Fragestellungen, die ihnen Freiräume lassen aber dennoch deutlich aufzeigen, in welche Richtung ihre Arbeit führen könnte (Wenn das immer so einfach wäre...).
Am Schluss nochmal eine Phase in der die Ergebnisse gesammelt und miteinander verglichen werden.
Hm, wenn sie in Reihen sitzen wollen, würde ich ihnen das denke ich nicht verbieten. Manchmal kann das ja durch eine Gruppenarbeit aufgebrochen werden. Und vielleicht will das ein oder andere Grüppchen doch auch mal wieder anders sitzen, dann lässt sich das ja wieder ändern.
Liebe Grüße von fuxl,
die allerdings mit dem wirklich freien Arbeiten noch relativ wenig Erfahrung hat, weil sie meistens nicht dazu kommt, die entsprechenden Materialien vorzubereiten...
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| Kommt mir bekannt vor... | | von: ishaa
erstellt: 26.01.2006 19:00:32 |
Auch bei uns kommt dieses Bedürfnis hin und wieder auf.
Erklärungsversuch: Im Nicht-Frontal-Unterricht (will mich jetzt nicht wieder mit den verschiedenen Begrifflichkeiten aufhalten), müssen/können/dürfen die Schüler WAS TUN, und zwar die ganze Zeit, sie müssen Entscheidungen treffen, miteinander arbeiten, die Zeit im Auge behalten.
Sie können nicht: Rumsitzen, träumen, unter langen Haaren Musik hören, aufs Handy schielen, perfekt vorgemachte Sachen von der Tafel abschreiben.
Bei uns an der HS ziehen einige letzteres aber vor. Geben sie, wenn man einzeln mit ihnen spricht, auch durchaus zu. Vor allem, und hier kommen die lieben Kollegen ins Spiel, wenn man dann noch für brav sitzen, einmal pro Stunde was vorlesen und schön von der Tafel abmalen 'ne gute Note bekommt. Bei mir müssen sie immer das Hirn anschmeißen, und das mögen eben nicht alle.
Eine Kollegin, die zur Zeit an einer anderen HS unterrichtet, erzählt vor kurzem, dass Schüler schon in der zweiten Stunde eigenverantwortlichen Arbeitens meuterten: "Nicht schon wieder so eine Stunde, wo wir die ganze Zeit arbeiten müssen und Sie gar nichts tun!"
LG
ishaa
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| In 7 Klassen unterschiedliche Stile | | von: clausine
erstellt: 26.01.2006 21:18:41 |
In diesem Halbjahr habe ich als Fachlehrerin in 7 verschiedenen Klassen gearbeitet (für die GS schon sehr ungewöhnlich..), in jeder dieser Klassen wird unterschiedlich unterrichtet. Ich habe ähnliche Probleme wie du sie schilderst in einer einzigen Klasse, die es auch nur gewohnt ist, im Frontalunterricht "belehrt" zu werden. Sämtliche Versuche, die Klasse in Gruppen frei arbeiten zu lassen, sind fehl geschlagen, die Kinder waren gar nicht in der Lage, sich selbst Wissen anzueignen. Ich bin zu einer Mischung übergegangen, die aus Frontalunterricht, Partnerarbeit und Gruppenarbeit nach Norm Green besteht, um die Klasse langsam an das selbstständige Lernen heranzuführen. Wenn Kinder aus ihrer gewohnten Art zu arbeiten heraus "gerissen" werden, stellt dies offensichtlich eine große Verunsicherung dar. Auf der anderen Seite denke ich mittlerweile auch, dass ich in den paar Stunden Fachunterricht in der Woche kaum eine Chance habe, gegen die "Übermacht" der Klassenlehrerin anzugehen und ich habe auch nicht mehr das Gefühl, ich müsste diese Klasse nun "retten", indem ich ihnen (vermeintlich) besseren Unterricht anbiete.....Nachdenklich, Clausine |
| Du hast | | von: janneke
erstellt: 26.01.2006 22:05:29 geändert: 26.01.2006 22:06:00 |
da getan, was doch die meisten bei ihrer ersten STelle nach dem 2. Examen tun: Genau das versucht umzusetzen, was du als gut und richtig gelernt hast. Daran ist auch nichts falsch - und das, was dir jetzt passiert ist, kannst du unter "gelernt" verbuchen und künftig mit etwas mehr Gelassenheit an die Angelegenheit rangehen.
Ich denke, das Wichtigste, das du gelernt hast, ist, dass du keine Klasse mit der von dir erstrebten Arbeitsweise "überfallen" darfst. Vor allem in höheren Klassen muss man sich die Kids eben erst langsam dazu erziehen - und das ist nicht immer ohne Schmerzen (auf BEIDEN Seiten) machbar.
Lass den Kopf nicht hängen, mit deiner Zielvorstellung schaffst du das schon.
Außerdem ist es doch immer noch was vollkommen Anderes, ob du im Referendariat immer noch jemanden hast, auf den du zurückgreifen kannst, oder ob du wirklich allein für das verantwortlich bist, was in deinem Unterricht geschieht.
Ein weiterer positiver Punkt, den ich unbedingt betonen will: Du bist doch offensichtlich zur Zusammenarbeit auf allen Ebenen bereit. Du holst die Klassenleitung dazu. Du REDEST mit den Schülern.
Das schafft auch nicht jeder Berufsanfänger, weil viele meinen, sich da Versagen eingestehen zu müssen.
Lass dir nix einreden, ich glaub, mit deiner Einstellung schaffst du das ganz gut.
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