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Forum: "Stress mit neuer Klasse"
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| Stress mit neuer Klasse | | von: eicuc
erstellt: 15.02.2006 20:11:44 |
Hallo ihr Lieben,
ich bin 23 jahre alt und seit einem halben Jahr Referendarin an einer Gesamtschule in Hessen. Seit diesem Halbjahr unterrichte ich 3 Klassen in Deutsch und Geschichte selbst, u.a. eine 7.Hauptschulklasse, in der ich vorher auch häufiger hospitiert habe, da mein Mentor ihr Klassenlehrer ist.
Jetzt ist die Klasse ziemlich sauer, dass ich sie anstelle ihrer alten Deutschlehrerin unterrichte, weil sie diese Lehrerin sehr mögen.
Außerdem gibt es Probleme mit einer Schülerin, die zum Halbjahr in diese Klasse gewechselt ist. Sie wird von ihren Mitschülern gemobbt, selbst wenn ein Lehrer in der Klasse ist, weil sie die anderen häufig verpetzt hat(z.B. wenn einer vom anderen die Hausaufgaben abgeschrieben hat). Als ich das Thema Mobbing heute in einer zusätzlichen Vertretungsstunde angesprochen habe, ist das Mädchen heulend aus der Klasse gelaufen. Ich bin ihr nachgegangen, um mit ihr zu sprechen. Darauf haben die übrigen Schüler sehr sauer reagiert und mir vorgeworfen, dass ich dem gemobbten Mädchen jetzt Einzelunterricht erteilen würde und mir der Rest der Klasse egal wäre. Dem ist aber nicht so, ich habe mich immer bemüht, nicht nur meinen Stoff durchzuziehen sondern mich auch ein bisschen um die Klasse zu kümmern, weil sie in ihrem Klassenlehrer keinen wirklichen Ansprechpartner finden.
Während ich mit dem gemobbten Mädel draußen stand, sind die anderen Schüler immer wieder aus der Klasse gelaufen. 2 Jungs sind sogar aus dem Fenster des Klassenzimmers (das im Erdgeschoss liegt) geklettert und wollten weglaufen. Ich war darüber so geschockt, dass ich die beiden zum Direktor gebracht habe, der jetzt einen Elternbrief zu ihnen nach Hause schickt. Deswegen ist die gesamte Klasse böse auf mich. Ich wusste in dem Moment aber keinen anderen Rat mehr.
Ich habe dann noch einmal versucht, mit der Klasse ein klärendes Gespräch zu führen. Dabei gestand mir ein Schüler, dass sie es sich zum Ziel gemacht haben, mich soweit zu bringen, dass ich weinend aus der Klasse laufe, damit sie ihre alte Deutschlehrerin zurück bekommen. Es existiert auch eine Unterschriftenliste, in der die Klasse das fordert. Auch ihren Klassenlehrer wollen sie loswerden, indem sie ihn ignorieren, wenn er versucht, unterricht zu machen.
Ich bin total ratlos, was ich jetzt tun soll und ehrlich gesagt mit den Nerven auch ziemlich am Ende. Der Schuldirektor hat mir lediglich geraten, den Schülern Strafaufgaben zu geben oder sie nachsitzen zu lassen, wenn sich Vorfälle wie der heutige häufen sollten. Auch von der alten Deutschlehrerin kann ich keine Hilfe erwarten, sie redet, seit sie die Klasse meinetwegen abgeben musste, nicht mehr mit mir.
Jetzt hoffe ich, dass mir von euch jemand weiterhelfen kann! Ich habe morgen früh wieder eine Doppelstunde in der Klasse und noch keine Ahnung, wie ich ihnen gegenüber treten soll. Für einen Tipp wäre ich sehr sehr dankbar!!!
Liebe Grüße
eicuc |
| boah | | von: rhauda
erstellt: 15.02.2006 20:46:36 geändert: 15.02.2006 20:47:17 |
das Verhalten des Schulleiters ist unter aller Kanone und strotzt nur so vor Unfähigkeit.
Das beiseite sind jetzt mehrere Frage zu klären: wie stark wird die Klassen eingebunden sein in Unterrichtsbesuche, etc.?
Es kann nicht Sinn der Sache sein, eine Referendarin so ins offene Messer laufen zu lassen, besonders wenn zensierte Unterrichtsbesuche in der Klasse laufen
und sie dann allein zu lassen mit Hinweisen wie "Strafaufgabe", etc. Da ist Schulleitung und/oder Beratungslehrkraft gefordert.
Lass dir das nicht gefallen und fordere Unterstützung ein. Die Schulleitung hat auch dir gegenüber eine Fürsorgepflicht.
(Als Schulleitung würde ich den Schülern sagen, sie könnten es durchaus schaffen, die Referandarin loszuwerden, würden aber Frau X oder Herrn Y als Ersatz bekommen - hier kann man den Namen einer entsprechend gefürchteten Lehrkraft einfügen - wo kommen wir denn hin, wenn sich Schule erpressen läßt???)
Im Moment sieht es so aus, als könntest du nicht gewinnen. Ich würde mich deshalb auf den reinen Unterricht konzentrieren und erst einmal Klassenkonflikte dem Klassenlehrer oder der Beratungslehrkraft überlassen.
Es ehrt dich, dass du Probleme als solche erkannt hast, oft stellen sie sich einem allerdings überspitzt dar und man sollte erst mit Abgstand darauf reagieren.
Mein Rat: Abwarten und weichkochen, erst einmal den KOnflikt nicht weiter erwähnen. Was dir widerfahren ist, ist längst nicht immer die Meinung der Mehrheit. Während du abwartest, solltest du konkret Hilfe einfordern. Das betrifft vor allem Beratungslehrkräfte und auch Schulleitung. |
| Genau so solls nicht sein! | | von: dafe
erstellt: 15.02.2006 20:48:33 geändert: 15.02.2006 20:51:24 |
Nach dem, was du da schilderst, hast du allen Grund, auf deinen Mentor, die besagte Deutschlehrerin und den Schulleiter sauer zu sein. Es klingt - freundlich ausgedrückt - nicht nach kooperativem Verhalten. Vermutlich wäre es dennoch das Beste, bis zu einer von dir zu definierenden Belastungsgrenze mit der Klasse klar zu kommen, die kann wahrscheinlich nix für den Schlamassel. Trotz Allem scheint sie dir eine gewisse Sympathie entgegen zu bringen, da sie dir "gebeichtet" haben. Bei uns liefe das etwa so: straff strukturierter Unterricht (das ist bei einem so dialogischen Fach schwer, ja), also Unbeirrtheit zeigen, die "don't look back"-Strategie. Die Schüler quittierens oft zu meinem eigenen Erstaunen mit wachsendem Respekt. Andere Möglichkeit: Schüler aufschreiben lassen, was sie an ihrer alten Deutschlehrerin besonders mochten. Das Ergebnis auffangen, etwa: Das klingt wirklich sehr schön, was ihr berichtet (ggf. Gespräch)...Manchmal ändern sich die Dinge, auch wenn mans nicht will. Es ist nicht von mir und nicht von Euch festgelegt worden, dass ich jetzt da bin. Ich bin aber neugierig auf Euch und ich denke, dass ich euch etwas bieten kann.
Naja, so etwa eben. Das "mobbing-Mädel" sollte in der Tat zum Schulsozialarbeiter. Wenn sie dich damit auch allein lassen: Termin mit ihr vereinbaren und reden.
Belastungsgrenze überschritten? Schulleitergespräch, Seminar "alarmieren".
Käme mir in den Sinn. Sei stark. |
| Unglaublich | | von: ishaa
erstellt: 15.02.2006 21:53:01 |
finde auch ich diese Situation und kann den Vorschlägen von rhauda und dafe nur zustimmen.
Lediglich das Aufschreiben der Vorzüge der bisherigen Deutschlehrerin würde ich persönlich nicht empfehlen. Die Situation sollte nicht noch weiter personifiziert werden.
Ich habe auch oft die Erfahrung gemacht, dass unsere HS-SchülerInnen besonders dann lautstark ihre bisherigen LehrerInnen zurückfordern, wenn ich sie stärker fordere und mehr auf der Einhaltung von Regeln bestehe als diese. Das ist dann einfach erst mal unbequem und muss gar nichts über die Qualität des Unterrichts und der Lehrkraft aussagen (oder eben doch, aber andersrum als angenommen). So toll kann die Kollegin auch nicht sein, wenn sie wie beschrieben mit der Situation umgeht!!!
Das Verhalten von Schulleiter, Klassenlehrer, bisheriger Deutschlehrerin hört sich äußerst unprofessionell und hilflos an. Wenn außer nichts tun (Klassenlehrer, Deutschlehrerin) und Sanktionen (Schulleiter) keine Handlungsmöglichkeiten existieren, ist das schon sehr armselig. In einer solchen Situation kannst du den SchülerInnen vielleicht auf längere Sicht signalisieren, dass du auch als Ansprechpartnerin zur Verfügung stehst, aber auch ich würde jetzt nicht mit großen Problemgesprächen, Interaktionsspielen etc. versuchen, das mit der ganzen Klasse direkt anzugehen.
Die anderen jedenfalls scheinen alle hilfloser zu sein als du.
Ich hoffe sehr, dass du an dieser Schule auch bessere Situationen erlebst.
Viel Kraft wünscht dir
ishaa |
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