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Forum: "Ganztagsschuleltern mit leeren Konten"
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| Ganztagsschuleltern mit leeren Konten | | von: bakunix
erstellt: 20.12.2010 16:57:16 |
Ich arbeite an einer Ganztagsschule. Die Eltern unterschreiben eine Einzugsermächtigung für die Kosten des Mittagessens, und die Schulträger buchen das Geld entsprechend der Anzahl der eingenommenen Essen von den Konten der Eltern monatlich ab. Ein Essen kostet ca. 2,80 €, sozial Bedürftige zahlen 1 €.
Nun aber zeigt sich, dass an vielen GTS die Schulträger das Geld nicht immer einziehen können, weil nix auf dem Konto ist. Die Schulträger sind in einer moralischen Falle: Sperren sie die GTS-Kinder vom warmen Mittagessen aus, weil deren Eltern nicht zahlen, sind sie die Buhmänner. Die Lehrer nicht minder, denn sie müssten vor Ort dafür sorgen, dass die Kinder in der Mensa nichts zu essen kriegen. Lassen die Schulträger die Nichtzahler gewähren, handeln sie ungerecht gegenüber jenen, die das Geld monatlich berappen. Bliebe nur eine Gesetzesänderung mit dem Ziel des kostenfreien Mittagessens. Nur - ein solche ist nicht in Sicht.
Gibt es praktische Erfahrungen, wie aus den nichtzahlenden Eltern Zahler gemacht werden können, ohne dass die Kinder in Mitleidenschaft gezogen werden?
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| Ketzerisch | | von: rhauda
erstellt: 20.12.2010 20:15:25 geändert: 20.12.2010 20:16:37 |
Mal ganz ketzerisch gefragt:
Warum sollte es kostenloses Essen geben? Kennt ihr ein Land in Europa, wo das so ist? Ich nicht.
Warum soll eigentlich eine Schule oder der Staat dafür zuständig sein, wenn Eltern das Essen für die Kinder nicht bezahlen, obwohl sie dazu ja in der Lage sein sollten.
Bei H4-Empfängern kostet das Essen 1 Euro. Das ist um LÄngen billiger als alles, was Eltern, deren Kinder keine Mensa zur Verfügung haben, zahlen müssten für irgendeine Art von Essen.
Auch 2,80 dürften eigentlich kein Problem sein bei Leuten, die über dem H4-Satz liegen.
Was ist der nächste Schritt? Kindern werden keine Schuhe gekauft und der Staat sorgt zusätzlich für Schuhe?
Wenn die Miete nicht bezahlt wird, ist das kein Problem, der Staat springt ein?
Was ist mit Waschmittel oder Zahnbürsten? Eltern müssen sich einfach um nichts kümmern und die Allgemeinheit zahlt?
Und: wo beginnt Hilfestellung? Wer H4 hat, kann alles Geld ausgeben, der Staat packt drauf? Wer 10 Euro mehr als H4 hat oder auch 200 Euro mehr als H4 bekommt seine Kinder auch versorgt, solange kein Geld auf dem Konto ist?
Wenn man die Kinder betrachtet, kann es einenm ja nur Leid tun. Trotzdem gibt es für alles Grenzen. Wir erziehen Eltern immer mehr zur Verantwortungslosigkeit und die geben es durch ihr negatives Vorbild an die nächste Generation weiter.
So darf das nicht laufen.
Warum könnte man Eltern nicht verpflichten, ihre Kinder am Mittagessen teilnehmen zu lassen und zieht das automatisch vom H4-Bezug ab? Geht natürlich nicht nicht. Da würde unser böser böser Staat ja in die Freiheitsrechte der Eltern eingreifen. Dass die Eltern massiv in die Rechte der Kinder auf einen vernünftigen Erhalt von Gesundheit und Ernährung eingreifen, interessiert keine Sau.
Wir sind leider ein Staat, der immer noch davon ausgeht, dass Kinder das Eigentum der Eltern sind und dass die Selbstverwirklichungrechte von Erwachsenen mehr wert sind als das Wohlergehen und die Gesundheit von Kindern. |
| Wir haben ein Bistro, | | von: petty1412
erstellt: 20.12.2010 20:31:41 |
in dem man entweder bar oder über eine Karte, die 15 Euro im Voraus kostet, bezahlen kann. Damit können die Schüler dann im Bistro alles bezahlen. Sei es der Schoko-Riegel in der Pause oder das Mittagessen. Da gibt es immer zwei Varianten: ein Essen mit Getränk für 1,50 und ein etwas besseres Essen meist noch mit Salattellerchen für 3,80. Lehrer nehmen grundsätzlich die "bessere" Alternative, die meisten Schüler das "Schüleressen". Das Essen ist so lala, weswegen sich viele Schüler dann auch für ein Brötchen entscheiden. Ein normals belegtes kostet 1,20, die Baguette-Variante mit Schnitzel o.ä. gibt es für 1,80. Es kann also jeder für günstiges Geld satt werden. Funktioniert ganz gut.
Allerdings sehe ich dann immer wieder H4-Kinder, die nach kurzer Zeit ihre Karte leer haben und dann ein paar Tage Hunger schieben. Da fehlt es dann auch von zu Hause aus an Erziehung, wie man mit der Karte sinnvoll umgeht. Als Lehrerin drauf ansprechen kann ich die betreffenden Schüler aber auch nicht, weil sie sich dann ausgegrenzt fühlen (ich hab da ein paar Sensibelchen in der Klasse). Denn offen dazu stehen, wer H4 hat, möchte doch auch keiner. Kann ich irgendwie aber auch verstehen. |
| Kostenloses Mittagessen | | von: bakunix
erstellt: 22.12.2010 13:48:09 geändert: 22.12.2010 13:51:22 |
@rhauda
rhauda schreibt: "Mal ganz ketzerisch gefragt: Warum sollte es kostenloses Essen geben? Kennt ihr ein Land in Europa, wo das so ist? Ich nicht."
Ich frage nicht ketzerisch zurück, aber es ist nicht immer sinnvoll, seinen eigenen Wissenshorizont als Maßstab zu verallgemeinern. Andere Länder legen in Sachen Kostenfreiheit und Qualität des Essens höhere Maßstäbe an als das in Deutschland der Fall ist.
Hier ein Beitrag von "Bildungsklick":
Kostenloses Schulessen in Schweden und Finnland
"Andere Länder sind in Sachen Schulverpflegung schon deutlich weiter. So sind in Schottland, Großbritannien und Frankreich verbindliche Standards zur Schulverpflegung vorgeschrieben, die zur Einhaltung von Nährwertempfehlungen verpflichten. In Schweden und Finnland steht für alle Kinder das Essen kostenlos zur Verfügung. In diesen beiden Ländern und in Frankreich ist der Verkauf von Limonaden und Softdrinks an Schulen untersagt. In Portugal steht jeder Schule eine Gesundheitsassistentin zur Seite, die die Schulen bei den Mahlzeiten berät und das Kiosk- und Automatenangebot kritisch überprüft."
Link: http://bildungsklick.de/a/55568/verbraucherzentralen-fordern-gesunde-schulverpflegung/ |
| @bakunix | | von: rhauda
erstellt: 22.12.2010 14:24:44 geändert: 22.12.2010 14:26:53 |
Gesund heißt ja nicht kostenlos! Kostenlos ist es in keiner unserer Nachbarländer, nicht in Großbritannien, nicht in Schottland, nicht in der Niederlanden oder Frankreich. Finnland und Schweden sind wie üblich die Ausnahmen.
Und noch Mal ein Wort zu Großbritannien: Es mag Verbindlichkeiten geben bezüglich Qualität und Nährwert (übrigens auf einen Kreuzzug von Jamie Oliver zurückzuführen, der beratend tätig war und teilweise hanebüchene Vorschläge durchgesetzt hat, die mit moderner Ernährunglehre wenig zu tun haben... die Politiker haben da einfach nur wieder die Popularitätsorgel gespielt: "Jamie sagt, dann müssen wir machen"). Alle Dinner halls, die ich kenne (und das sind nicht wenige), scheinen von diesen Standards nichts gehört zu haben. Das Essen dort ist weitgehend eklig. Bitte etweas genauer informieren.
Die Qualität hat aber nichts mit meiner Ausgangsfragen zu tun.
1)Warum sollte der Staat kostenloses Essen zur Verfügung stellen für diejenigen, die am Ende kein Geld mehr auf dem Konto haben, weil sie es für Anderes ausgegeben haben?
2)Warum soll es für alle kostenloses Essen geben?
3)Wo wollen wir die Grenze ziehen bezüglich des "Nanny-Staates"? Welche Verantwortlichkeiten wollen wir Eltern noch abnehmen?
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