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Forum: "Hausaufgaben=Religiöse Diskriminierung?"
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| Hausaufgaben=Religiöse Diskriminierung? | | von: tanteerna
erstellt: 19.09.2014 15:56:59 |
Hallo,
ich wollte mal eure Meinung zu folgendem Problem wissen.
Der Religionsunterricht in meiner 2. Klasse findet in diesem Schuljahr als Doppelstunde am Nachmittag statt. Es nehmen relativ viele Kinder NICHT am Religionsunterricht teil, das Verhältnis ist etwa 2/3 Reli, 1/3 keine Reli.
Das heißt, 1/3 der Klasse hat keinen Nachmittagsunterricht. In den vergangenen Jahren habe ich es immer so gehalten, dass die Kinder ohne Nachmittagsunterricht eine Hausaufgabe bekommen (da ja normaler Nachmittag), die Reli-Kinder jedoch keine (da Mittagsschule). Dieser Gedanke kam vor Jahren mal von den Kindern und ich fand es eine gerechte Regelung.
Die meisten Kinder, die nicht in den Reli-Unterricht gehen, sind Muslime. Ein Mädchen jedoch kommt aus einer atheistischen Familie und es gab in der Vergangenheit schon bei der älteren Schwester immer endlose Diskussionen um solche Sachen wir Singen von Adventsliedern, Abhaltung eines Schulgottesdienstes (an dem sie natürlich nicht teilnahm, ist ja auch ok), und weitere Situationen, die den Vater auf die Palme brachten und ihn zu einem häufigen Besucher im Schulhaus, im Klassenzimmer und auf dem Rektorat machten.
Nun empfindet er die Tatsache, dass seine Tochter am "Reli-Nachmittag" eine Hausaufgabe anfertigen soll, als "Religiöse Diskriminierung".
Ich habe das Gefühl, mir fehlt das Gen zum Verständnis dieser Aussage.
Wie seht ihr die Situation? Ist es diskriminierend oder ungerecht, den Kindern ohne Nachmittagsunterricht eine Hausaufgabe zu geben?
LG
tanteerna |
| Mal eine andere Meinung | | von: caldeirao
erstellt: 19.09.2014 18:43:36 |
Ich habe zum Religionsunterricht ein sehr gespaltenes Verhältnis. Meiner Meinung nach hat Religion als Fach in der Schule nichts zu suchen. Ich weiß aber, dass man das vor allem in südlichen Bundesländern ganz anders sieht. Aber das ist nicht das Thema.
Meiner Meinung nach ist die Ausübung und Leben einer Religion Privatsache.
Wie sieht das für die Muslime oder Kinder anderer Religionen aus? Müssen die an dem Tag, wo sie ihre Koranschule (oder wie immer das heißt) auch keine Hausaufgaben machen?
Und wie sieht das für die Kinder aus, die Nachmittags in einem Verein, Klub oder ... sind, brauchen die an dem Tag auch keine Hausaufgaben machen? Sie haben ja auch ein Nachmittagsprogramm, welches anstrengend ist. Über Fußball kann man ja noch geteilter Meinung sein, aber wer eine Musikschule besucht, im Chor singt oder Schach spielt, hat eine höchst anstrengende Nachmittagsveranstaltung.
Ich persönlich finde es auch nicht richtig, dass die Religionskinder keine Hausaufgaben machen müssen. Oder jedes Kind darf sich einen Tag aussuchen, an dem es keine Hausaufgaben machen muss. Aber das zu kontrollieren, wäre für mich zu anstrengend.
@janne Religion ist bei uns fakultativ, d.h. wir brauchen kein Alternativprogramm anbieten. Ich gehe mal davon aus, dass das bei Tante Erna auch so ist.
DpB: Deinen letzten Satz halte ich fast für gefährlich. Die meisten finden dann relativ schnell ihren Glauben wieder. Wie auch immer, ob nicht gläubig oder nur zu faul für den Unterricht, es kann doch nicht sein, dass ihr durch unattraktive Maßnahmen Eure SuS in den Religionsunterricht drängt. Das sollte immer eine freie Entscheidung sein. Ich finde es auch nicht gut, wenn die Schule durch attraktive Maßnahmen, den SuS Religion schmackhaft macht. Das ist eine Weltanschauung und die sollte sich bei jedem Kind selbst entwickeln und nicht durch die Schule geprägt werden. |
| Unterschied | | von: tanteerna
erstellt: 19.09.2014 19:26:05 geändert: 20.09.2014 12:12:27 |
Religionsunterricht ist ordentliches Unterrichtsfach. Koranschule nicht und Musikschule auch nicht. Da sehe ich schon einen Unterschied.
Den Religionskindern DARF ich gar keine Hausaufgabe geben, weil sie Nachmittagsunterricht haben.
Der besagte Vater ist auch der Meinung, dass Religionsunterricht nichts in der Schule zu suchen hat. Das tut er etwa alle 2 Wochen laut und deutlich kund. Habe ihm schon die Adresse vom Kultusministerium gegeben, weil ich diese ständigen Grundsatzdiskussionen leid bin. Ich kann auch nichts dafür, dass es in BW das Fach Ethik in der GS nicht gibt, und ich bin nicht länger bereit, mich bei jedem Klassenfest, jeder Schulaufführung (alles ohne jeglichen religiösen Inhalt!) mit ihm über immer dasselbe Thema zu unterhalten. Kaum sieht er mich, schleicht er um mich herum und wartet auf eine Gelegenheit, mit mir über die Trennung von Staat und Kirche zu reden.
Neulich habe ich im Unterricht aus Versehen "O Gott" gesagt. Zum Glück wurde das vom Kind nicht "gemeldet", sonst wäre er wieder dagestanden.
Ich gebe nicht deshalb eine Hausaufgabe, weil ich den Kindern etwas Unattraktives vor die Nase knallen will. Sondern ich finde, dass die Tatsache, dass Kind A nachmittags zum Reliunterricht geht, nicht bedeutet, dass Kind B dadurch das Anrecht darauf hat, keine Hausaufgabe in Mathe oder Deutsch machen zu müssen.
tanteerna
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| Interessant, | | von: janne60
erstellt: 19.09.2014 19:35:38 geändert: 19.09.2014 19:38:37 |
wie mal wieder ein Thema in der Republik unterschiedlich gehandhabt wird, danke für die Infos, war natürlich reine Unwissenheit meinerseits.
Bei uns gibt es das "Recht auf Religionsunterricht", so habe ich erst neulich von der Schulrätin erfahren, bei der ich nachfragte, ob wir nicht auch Ethik im Klassenverband anbieten könnten. Durch die Doppel- und teilweise Dreifachbelegung dieser einen Reli-Stunde (kath., ev., und Förder) gehen uns nämlich auch kostbare Stunden aus dem Budget verloren, zumindest sehe ich das so.
Da man ja als Lehrer zum Religionsunterricht nicht verpflichtet werden kann (sofern man keine Missio/Vocatio hat), fragte ich weiterhin die Frau Schulrat, was denn wäre, wenn alle Kollegen sich plötzlich weigern würden, Reli zu erteilen. Ja, dann müsse sie entsprechend das Personal versetzen, war die Antwort. Da sieht man mal, wie hoch das Thema angebunden wird.
Ich persönlich wäre absolut für Ethikunterricht, dieses Konfessionshickhack geht mir völlig gegen den Strich.
Überhaupt dann, wenn die Neuen ankommen und für Verwirrung sorgen, weil sie oft selber gar nicht wissen, ob sie katholisch oder evangelisch sind Die muslimischen Kinder (auf dem Weg in die Förderstunde) rufen hingegen freundlich auf dem Flur: Tschüss, ich muss jetzt in Religion |
| @tanteerna | | von: bernstein
erstellt: 19.09.2014 19:38:32 geändert: 19.09.2014 19:42:23 |
empfiehl diesem Vater doch mal, sich im IBKA zu engagieren.
Die benötigen immer Man- und Womanpower für ihre Arbeit.
Jedenfalls ist Deine Schule der falsche Adressat, die falsche
Zielscheibe für seine Proteste.
http://www.ibka.org
Alternativen sind
die Giordano-Bruno-Stiftung
http://www.giordano-bruno-stiftung.de
und der Humanistische Verband Deutschlands
http://www.humanismus.de |
Beitrag (nur Mitglieder) |
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