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Forum: "Abbrechen oder durchhalten?"
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| Abbrechen oder durchhalten? | | von: bger
erstellt: 12.01.2011 20:53:10 |
Heute bekam ich einen Anruf von einer besorgten Mutter, weil ihr Sohn, der seit Beginn der Woche im Betriebspraktikum ist, jetzt mehrmals heulend nach Hause kam. Er ist gesundheitlich angegriffen (ADHS, Epilepsie), muss Medikamente nehmen und ist ziemlich empfindlich. Na ja, jetzt bekam er von den Gesellen "ein paar Sprüche gedrückt" und angeblich nimmt die Firma (eine Tischlerei) es auch mit den Sicherheitsmaßnahmen nicht so genau. Am liebsten möchte die Mutter ihn morgen zum Arzt schicken und dann einen neuen Praktikumsplatz suchen. Ich plädiere normalerweise erst einmal fürs Durchhalten, weil diese Generation meiner Meinung nach zu wenig Durchhaltevermögen hat. Bezeichnend ist ja auch, dass die Mutter und nicht der Junge selbst anruft! Und so macht er wieder die Erfahrung, Muttern regelt es schon bzw. man kann sich in die Krankheit flüchten, wenn es Probleme gibt. Andererseits finde ich den Jungen in so einem Handwerksbetrieb auch fehl am Platze (aus den gesundheitlichen Gründen). Also doch abbrechen?
Da ich morgen andere Termine habe, kann ich erst am Freitag im Betrieb vorbei schauen. Ich habe dazu geraten, dass er morgen selbst das Gespräch mit dem Meister sucht und seine Probleme schildert (das wird ihm schwer fallen, wenn er Schwierigkeiten mit Mitschülern hat, spricht er nicht mit mir, sondern seine Mutter ruft mich an). Schließlich muss er mit 15 doch langsam lernen, seine Angelegenheiten selbst zu regeln. Er ist nicht auf den Mund gefallen.
Und am Freitag will ich entscheiden, ob wir ihn lieber woanders unterbringen. Aber so lange soll er es versuchen. Oder bin ich zu hart? |
| Nein, finde ich nicht.... | | von: clausine
erstellt: 12.01.2011 21:23:29 |
Ich erinnere mich gut an meinen ersten Ferienjob als 16jähriges
Mädchen in einer Fabrik. Dort herrschte auch ein rüder
Umgangston, den ich als "wohlbehütetes" Einzelkind überhaupt
nicht kannte. Auch ich bin mehrmals in den ersten Tagen nach
Hause gekommen und habe geheult vor Wut und Ohnmacht. Ich
bin heute froh und stolz darauf, durchgehalten zu haben. Ich
habe sogar noch mehrmals dort gearbeitet und von Mal zu Mal
wurde es besser.
Ob der Junge es schafft, selber mit dem Meister zu sprechen, ist
fraglich, aber er sieht ja "Land", wenn er weiß, dass du am Freitag
zu Besuch kommst. Ich würde der Mutter gegenüber
signalisieren, dass sie dem Jungen gegenüber auch deine
Haltung zeigen sollte, da sie es ist, die den Jungen durch ihre
(übertriebene?) Besorgnis immer mehr in diese Hilflosigkeit
hineindrängt. Sie kann ihn nicht immer vor den "Härten des
Lebens" retten!
Clausine |
| Die andere Seite | | von: bger
erstellt: 14.01.2011 23:29:26 geändert: 14.01.2011 23:30:34 |
Das Gespräch mit dem Meister hat Folgendes ergeben: Er hatte schon gehört, dass der Junge Probleme mit einigen Mitarbeitern hatte, bevor dieser mit ihm sprach. Leider bat der Junge nicht um eine Lösung des Problems, sondern teilte dem Meister lapidar mit, das Praktikum sei nichts für ihn. Was sollte der Meister dann noch anderes tun, als ihn nach Hause zu schicken. Ganz so hatte ich das eigentlich nicht gedacht! Der Meister meinte zu mir, das Problem hätte er doch einfach lösen können, indem er ihn mit einer anderen Gruppe mitgeschickt hätte.
Anschließend rief ich den Jungen an und habe ihn ziemlich zusammengefaltet. Ich habe ihm klar gemacht, dass er - und nicht seine Mutter! - mich hätte anrufen müssen und dass er das Gespräch falsch geführt hat. Seine Reaktion waren ziemlich einsilbige Antworten. Eingesehen hat er es wohl nicht wirklich, denke ich. Jetzt hat er sich einen Praktikumsplatz in einem Supermarkt gesucht, schön praktisch fußläufig erreichbar. Berufswunsch??? |
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