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Forum: "Muss noch viel lernen und brauche Tipps"
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 | Muss noch viel lernen und brauche Tipps |  | von: rhabarber

erstellt: 04.12.2003 13:56:01 |
Hallo,
ich bin derzeit als Lehrerin z.A. an einer RGH tätig. Macht mir im Prinzip auch riesig Spaß. Doch ich merke jeden Tag, wie viel ich noch lernen muss. Ich bin - im Gegensatz zu Euch - keine ausgebildete Lehrerin, sondern habe nach meinem Studium (Kulturpädagogik mit den Hauptfächern Deutsche Sprache und Musik) lange Jahre als Journalistin gearbeitet. Jetzt will ich zwar ein Referendariat machen (so das Ministerium auch will!), bin aber vorher schon mal für einen langfristig erkrankten Kollegen eingesprungen. Fachlich habe ich mich recht schnell eingearbeitet, auch wenn ich jetzt außer Muik auch Erdkunde unterrichte .
Aber die Arbeit mit den Klassen ist nicht immer ganz einfach.
Da ist eine sehr schwierige 6. Hauptschulklasse. Der erkrankte Lehrer, den ich vertrete, ist dort Klassenlehrer, die Kinder sind ein wenig orientierunglos. Da hat sich einiges eingeschlichen, Probleme die ich nicht nur allein habe, auch die anderen neueren Kollegen: Unruhe, keine Hausaufgaben, schlechte Mitarbeit, viele kleine Streitigkeiten untereinander usw. Dazu ADS-Kinder, ein Kind, das sehr gewaltbereit ist, ein Integrationskind. Mehrere Klassenkonferenzen waren die Folge, erste Maßnahmen sind getroffen. Mit dieser Klasse komme ich mittlerweile recht gut zurecht, aber ich will natürlich, dass es so bleibt.
Eine 5. Klasse - mit der es sonst gut läuft - hatte gestern einen Ausraster. Plötzlich Streit in der Stunde, total laut. An sich ja nicht so schlimm, wenn nicht in dem Moment die Schulleiterin vor der Tür gestanden hätte!!! Ich bin nach der Stunde zu ihr und habe ihr auf den Kopf zugesagt, dass sie jetzt doch glauben müsse, ich habe keine Klasse im Griff. Sie war offen, und sagte, das wäre ihr Gefühl.
Mir gehts jetzt natürlich ziemlich mies. Ich brauche ja auch eine gute Beurteilung, um ein Referndariat zu bekommen.
Von dem Klassenlehrer der 5. erfuhr ich heute, die Klasse meinte, auf den Vorfall angesprochen, ich hätte ja auch nichts gemacht.
Ich fühle mich mies, hilflos und bin verunsichert. Daher brauche ich unbedingt Rat von euch "altgedienten Pädagogen" wie ich vorgehen soll. Ich will nicht der strenge Paukertyp sein, aber welche Maßnahmen schlagt ihr in solchen Fällen vor, um Konsequenz, Ruhe und Spaß für alle Beteiligten am Unterricht zu haben.
Bin gespannt!
rhabarber
PS: werde nächste Woche zwei Kollegen bei ihren Stunden begleiten!
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 | Hallo rhabarber, |  | von: idea

erstellt: 04.12.2003 14:10:07 |
das ist wirklich eine schwierige Situation.
Du schreibst u. a.:
Von dem Klassenlehrer der 5. erfuhr ich heute, die Klasse meinte, auf den Vorfall angesprochen, ich hätte ja auch nichts gemacht.
1. Hat der Klassenlehrer seine Klasse auf deinen Wunsch hin befragt?
Oder war das sein persönliches "Engagement"?
2. Heißt "nichts gemacht": du hättest nichts dagegen unternommen - oder etwa: du hättest den Streit nicht ausgelöst?
3. Die Kindleins erzählen öfter Sachen, die überhaupt nicht wahr sind - einfach, um ihren Kopf zu retten.
(Über mich wird z. B. derzeit erzählt ich lege meine Füße während des Unterrichts auf den Tisch ...).
Bedenk das bitte auch.
Unterricht macht meistens Spaß - aber manchmal kommt es auch zu Situationen, die kaum lösbar sind.
Wie hätte es deine Schulleiterin gemacht???
Es grüßt herzlich
idea (Seit 21 Jahren im Dienst). |
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
erstellt: 04.12.2003 15:00:31 |
zu 1. Ich hatte ihm kurz von dem Vorfall berichtete, da die zwei "Streithähne" auch bei ihm rumnerven, wenn auch weniger. Befragen sollte er meinetwegen die Klasse nicht.
zu 2. gemeint war wohl, ich hätte nicht unternommen. Habe sie allerdings sofort alle auf ihre Plätze verwiesen, was sofort gemacht wurde.
Meine Schulleiterin ist extrem streng. Da parieren die alle. Sie meint, man solle mehr Strafmaßnahmen einführen. Abschreiben aus dem Buch, Stillarbeit usw. Finde ich bei Fächern wie Mathe (unterrichtet sie) ja auch umsetzbar, aber Erdkunde, Deutsch, Musik uvm. sind einfach zu lebendig dafür.
Gruß, rhabarber |
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
erstellt: 04.12.2003 17:48:48 |
.... sollte man niemals unterschätzen Rhabarber. Ich habe auch die Erfahrung machen müssen, das man erst mal eine Zeit lang in einer Klasse unterrichten muss, bevor man sie kennt und weiß wie man zu agieren hat. Nicht nur man selbst muss die Schüler kennen lernen, andersherum müssen die Schüler auch ihren Lehrer zu nehmen wissen.
Wenn deine Chefin meint mit Sanktionsmaßnahmen der Unruhe in der Klasse begegnen zu müssen, so mag sie damit ihren Weg gefunden haben. Ob´s der richtige ist sei einmal dahin gestellt. Ich persönlich halte nichts davon.
Du musst deinen Weg finden, sei du selbst und spiele den Schülern kein Spiel vor, sie sind die Ersten die es durchschauen. Authentizität und Kontinuität sind die Schlagwörter.
- Begegne Problemen offen, und die Schüler werden sich dir öffnen.
- Behandle die Schüler mit Respekt und du wirst Respekt ernten.
- Versuche Aktionen der Schüler nachzuvollziehen, und sie werden deine Reaktion nachvollziehen können.
Sei fair, nicht nachtragend, verständnisvoll, freundlich, streng, ehrlich. Sei du selbst.
Ich denke mir aller Anfang ist schwer. Mit Sicherheit kann dir jeder Kollege hier von seinen ersten Erlebnissen berichten die nicht einfach waren. Mit der Zeit erlangt man ein wenig Souveränität, denn knifflige und neue Situationen wird es immer geben.
Und wegen dem Gutachten mach dir mal keine Sorgen. Wenn deine Chefin nur ein bischen was taugt, wird sie deine Situation einschätzen können und wird es dir mit Sicherheit nicht negativ auslegen.
Also, Kopf hoch, alles wird gut. Bei mir hat es auch eine Zeit lang gedauert, jetzt fühl ich mich in meinem Job pudelwohl.
Viele Grüße,
ruedi |
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
erstellt: 04.12.2003 19:24:38 |
... zum Teil ganz gut nachvollziehen. Ich selbst bin auch noch recht "neu" an meiner Schule. Nachdem ich diesen Herbst mein Referendariat beendet habe, bin ich an einer Gesamtschule gelandet, an der ich die verschiedensten Klassen unterrichte. Auch ich bin noch auf der Suche nach dem richtigen (meinem!)Weg. Ich denke, es ist ganz richtig, was hier schon geschrieben wurde: Man sollte immer man selbst bleiben und sich nicht verstellen. Genau das versuche ich auch und wenn ich das Gefühl habe, es gibt Probleme, bemühe ich mich, sie in der Klasse möglichst offen anzusprechen. Es ist wichtig, dass die Schüler wissen, was du von ihnen erwartest und dass du genau das auch vorlebst (z.B. respektvollen Umgang miteinader usw.).
Ganz wichtig ist meiner Meinung nach auch, dass man mit dem Klassenlehrer an einem Strang zieht. In deinem Fall scheint das ja nicht so zu sein. Hast du dich seither nochmals mit besagtem Klassenlehrer unterhalten? Ich würde ihn wahrscheinlich fragen, wie er in einer solchen Situation in der Klasse reagiert hätte. Natürlich kannst letztendlich nur du entscheiden, ob dir seine Maßnahmen angemessen erscheinen und ob du sie übernehmen willst. Evtl. kann man ja auch gemeinsam Verhaltensregeln festlegen und überlegen, wie man reagiert, wenn die Schüler meinen, sie müssten ausflippen.
Ein Patentrezept gibt es leider nicht, auch wenn ich das manchmal wünschte!
Ich wünsche dir viel Erfolg, Offenheit und vor allem die notwendige Gelassenheit für deinen Beruf.
Viele Grüße, bika |
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
erstellt: 16.12.2003 14:03:47 |
Genau da halte ich es für wichtig, dass du nicht einknickst. Für die Schüler ist es wichtig, dass sie wissen, wenn ich gegen die und die Regel verstoße, muss ich sie abschreiben. Sie wissen es vorher und können es sich vorher überlegen, ob sie abschreiben wollen oder nicht.
Nur, wenn du einmal gesagt hast, du musst abschreiben, halte ich es wirklich für ganz wichtig, dass sie das dann auch tun müssen. Sie testen es aus, wie konsequent du bist, kommen womöglich mit Ausreden daher, versuchen dich bei deiner Weichherzigkeit zu packen..., aber du musst daran festhalten, dass sie abschreiben.
Ich sage immer, dass sie es 2x abschreiben müssen, wenn sie es nicht bringen, dann 3x. Und wenn dann immer noch nix kommt, müssen sie nach der Schule (oder in der Pause) dableiben und es dann machen.
Wenn sich jd. weigert nachmittags zu kommen (was ich auch schon hatte - das war aber ein Mädel, die aus der Psychiatrie kam), dann wird es allerdings schon schwieriger, kommt aber seltenst vor. Die Schülerin hat deshalb eine Klassenkonferenz bekommen. Eigentlich lächerlich, aber war trotzdem wichtig.
Vor allem sehen die anderen ja auch, aha, so läuft das bei dieser Lehrerin und schreiben dann brav ab, weil sie denken, besser gleich 1x schreiben, als irgendwann nachmittags dableiben.
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