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Forum: "Übertritt: Die Angst vor der Hauptschule und deren Abschlüsse geht um!"
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| Übertritt: Die Angst vor der Hauptschule und deren Abschlüsse geht um! | | von: ysnp
erstellt: 14.03.2007 18:10:18 |
Und wieder ist es an der Zeit für Eltern in Bayern, die Übertrittszeugnisse zu beantragen.
Trend, den meine Kollegen und ich seit Einführung der Realschule feststellen: Der überwiegende Teil der Klasse, obwohl er weit von dem geforderten Notenschnitt entfernt ist (Schnitt in Mathe, Deutsch und HSU: 2,33 oder 2,66, wenn Mathe oder Deutsch eine 2 ist), beantragt ein Übertrittszeugnis.
Wenn ich einmal davon absehe, welch unnötige Arbeit ich in solch ein Zeugnis hineinstecke (man muss ein pädagogisches Wortgutachten erstellen), sehe ich es
als Ausdruck der Angst, dass das Kind einmal auf der Straße sitzt.
Das Kind wird durch die Aufnahmeprüfung gehetzt - ich hoffe nur, dass ein Misserfolg (der wahrscheinlicher als ein Erfolg ist) sich nicht prägend auf das Kind auswirkt.
Im Gegensatz zu früheren Jahren ist man so auf die Realschule versessen, dass immer mehr Eltern es vermeiden, sich den Rat beim Lehrer einholen (denn sie erahnen, was der Lehrer sagt).
Aufwertung der Hauptschule? In der Stimmung der Bevölkerung, also bei den Eltern, die es betrifft, kann ich nichts feststellen. Eher umgekehrt. |
| Ü bertritt | | von: ittak
erstellt: 14.03.2007 20:52:14 geändert: 14.03.2007 20:59:16 |
*seufz*
Der Stress für die Kids hat deutlich zugenommen seit Einführung der R6.
Das Problem ist auch nicht der Übertritt ans Gym - da sind viele Eltern hier sogar eher kritisch eingestellt seit Einführung des G8 - aber RS muss es schon bitte sein!
Es werden ÜZ mit 3,0 oder 3,33 beantragt. Die Kinder müssen also in den Probeunterricht. Massiver Stress für die Kinder mit äußerst zweifelhaftem Ausgang. Auf jeden Fall die Angst der Eltern vor später. Das haben sie mir gegenüber auch schon ganz offen so geäußert. Mit HS Abschluss keine oder schlechte Chancen auf dem Lehrstellenmarkt. Auch der M-Zug Abschluss ist angeblich bei den Ausbildungsbetrieben nicht so anerkannt wie die Mittlere Reife der RS.
Schlimmer ist aber das, was oft zuhause abgeht - ein bisschen was bekommt man ja doch immer mit. Da sitzen Kinder weinend in der Klasse, weil sie eine 4 bekommen haben bzw. weinen ein Probenblatt nass, weil sie nicht weiter kommen.
Folgende Äußerungen habe ich bereits gehört:
"Jetzt krieg ich wieder Ärger mit der Mama und die schimpft so doll, weil ich doch in die RS muss." oder
"Der Papa sagt, jetzt muss ich zu den Dummen in die Schule." oder
"Die Mama sagt, so krieg ich später nie eine Arbeit."
Erschreckend! Welcher Druck so auf die Kinder ausgeübt wird. Mit ihren 9 oder 10 Jahren werden sie mit Zukunftsängsten überhäuft. Die armen Kerlchen sind damit völlig überfordert.
Das spiegelt ganz deutlich die Ängste der Eltern wieder - Irgendwie kann ich die Eltern sogar verstehen, aber bitte so nicht!
Weg aus der Missere?
Aufwertung der HS? Das funktioniert nur, wenn die Ausbildungsbetriebe nicht nur gucken ob RS auf dem Zeugnis steht. Wobei man die auch wieder vetsehen kann, dass sie sich für die wenigen Lehrstellen die Creme d´la Creme aussuchen. Mehr Lehrstellen? Woher?
Teufelskreis.
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| Es kommt alles wieder... | | von: klexel
erstellt: 14.03.2007 21:18:32 geändert: 14.03.2007 21:44:16 |
In Niedersachsen hatten wir auch schon mal Probeunterricht, lang lang ist's her. Ich (Jg. 1950) musste nach der 4. Klasse 1960 für 14 Tage ins Gymnasium in den Unterricht. Danach wurde entschieden, ob man ins Gymnasium gehen durfte oder nicht. Von den Modalitäten hab ich natürlich als kleines Kind nix mitgekriegt, aber Spaß hats gemacht. Ich fand es unheimlich spannend.
Später wurde der PU abgeschafft, weil man der Meinung war, dass in dieser kurzen Zeit zu viel Druck auf die Kleinen ausgeübt wurde, fremde Schule, fremde Lehrer, fremde Umgebung, und dann auch noch gute Leisungen bringen.
Ende der 70ger Jahre wurde dann die Orientierungsstufe für Klasse 5+6 eingeführt und war 30 Jahre lang umstritten. Vor 2 Jahren wurde sie abgeschafft, und die Kinder werden ohne PU nach den 4. Klassen auf die weiterführenden Schulen verteilt. Es gibt Empfehlungen seitens der Grundschulen, aber der Elternwille ist eine heilige Kuh, die nicht geschlachtet werden darf.
Deswegen haben wir (RS) in den 5. Klassen eine bunte Mischung von schwachen und sehr schwachen SuS, denn die Schüler mit den RS-Empfehlungen wandern alle nebenan ins Gymnasium und werden dort auch so schnell nicht wieder hergegeben.
Die HS nebenan blutet aus, obwohl sie wirklich gute Arbeit leistet.
Die Eltern entscheiden oft gegen die Empfehlungen. Interessanterweise hört man von den meist türkischen Eltern: Mein Kind soll nicht zur Hauptschule, da sind so viele Ausländer....
Und was kommt nach PU und OST????
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| Hilflosigkeit | | von: ishaa
erstellt: 14.03.2007 22:05:02 |
aller Orten. Anders kann man das doch nicht beschreiben, wenn man mal das unterschiedliche Gehampel in den einzelnen Bundesländern sieht.
klexel hat das Hin und her in Nds beschrieben.
In NRW wurden sie bisher auch verteilt nach der 4, es gab Empfehlungen, aber die waren nicht bindend, Elternwille zählte. Diese Jahr soll alles anders werden, Grundschulempfehlung verpflichtend. Kriegen wir jetzt an der HS den riesigen Zulauf? Wahrscheinlich nicht. Nachdem rauf und runter und mit Expertenmeinungen (natürlich von oben, nicht etwa aus der Praxis) diskutiert wurde, (jedes Bundesland diskutiert sich da nur für sich einen ab), hat die liebe Landesregierung bei uns wohl das Gefühl bekommen, dass das doch nicht so toll ist. Aber zurückrudern? Auf keinen Fall, wie sieht das denn aus. Also gibt es jetzt auch eingeschränkte Empfehlungen (ist dann das, was die Eltern eher wollen). Und Probeunterricht soll's auch geben. So genau weiß aber noch keiner, wann und wie und wo. Und wir an der HS sind jetzt verpflichtet, Eltern gegebenenfalls darauf hinzuweisen, dass das Kind ja auch an die RS könne, in Klasse 5 und 6 alle halbe Jahre.
Es gibt schon eine Glosse darüber, dass man die Hauptschulen dann gleich ganz dicht machen könne. Denn es dürfe ja jetzt praktisch keine 10B mehr an der HS geben (für Nicht-NRWler: 10B= Realabschluss), wenn doch, haben die Lehrer was falsch gemacht, denn diese Kinder hätten wir ja alle zur RS empfehlen müssen. Wenn es aber keine 10B mehr gibt, geht fast keiner mehr auf die HS.
Ist jedenfalls schön, wenn man eine klare Linie hat, nicht wahr?
ishaa |
| Aber eigentlich geht's bei der ganzen Misere um was anderes: | | von: joqui
erstellt: 14.03.2007 23:00:58 |
sparen, sparen, sparen ....
Die Schule bekam früher in BY die Lehrerstunden pro Klasse zugewiesen. Nun bekommt sie pro Schülerkopf (!) 1,23 Stunden (oder so) in der Grundschule. Toll! Da kann der Rektor ganz schön jonglieren... Und wenn eine große Schule wie unsere eine kleine im Anhängsel hat, die natürlich wenig Schüler haben und daher auch nicht genug Lehrerstunden bekäme um den normale Unterricht abzudecken, ja dann muss die große Schule der kleinen Schule Stunden abtreten - weil's aa scho wurscht is...
Und dann jammern, weil die Qualität nicht stimmt und Pisa hinkt ... Ja wo soll es denn herkommen???
Das G8 ist doch auch so eine Sache! Schnellschuss. Nichts wurde gekürzt (sorry, außer den Wochenstunden Stunden) Gleicher Stoff weniger Stunden kürzere Schulzeit. Super, oder?
Einziger Vorteil der R6, den ich gelten lasse: Die Kollegen in der RS bekommen die SuS, bevor die Pubertät voll zuschlägt.
Warum war eigentlich die Orientierungsstufe so umstritten??? Ich fände aus der Ferne 6 GS-Jahre wie in Berlin super! (seufzi) Was habt ihr da für Erfahrungen???
joqui |
| Ein paar Infos zum Probeunterricht BY: | | von: rfalio
erstellt: 15.03.2007 06:36:44 |
Seit zwei Jahren werden bei uns im Regierungsbezirk die Aufgaben zentral gestellt.
Nachzulesen unter
http://www.realschule.bayern.de/lehrer/pruefungen/aufnahme/
Bis auf ganz wenige Ausnahmen sind die Schüler sehr eifrig bei der Sache und machen begeistert mit.
Die früher auch anwesenden Grundschullehrer zeigten sich meist überrascht vom kindgemäßen Unterricht der Realschulkollegen. Leider (für die Grundschulen, die Vertretungen organisieren müssen, Gott sei Dank) sind seit 2 Jahren keine GS-Lehrer mehr am Aufnahmeverfahren beteiligt. Sie waren übrigens meist die mildesten .
Angedacht ( von oben) ist eine Erfolgsquote von etwa 36 %; wer drüberliegt ( ab etwa 40%), muss sich rechtfertigen!
Auch müssen die Schülerlaufbahnen der als "bedingt geiegnet" oder "nicht geeignet" aufgenommenen Schüler bis zum Verlassen der Schule dokumentiert und statistisch erfasst werden, jedes Zurückgehen an die Hauptschule muss begründet werden; auch das ein Grund, warum Schulleiter eher weniger Schüler aufnehmen.
Leider mehren sich Tendenzen, dass entweder der GS-Lehrer im Übertrittszeugnis alle Augen zudrückt oder dass Schüler gezielt mit Nachhilfeunterricht auf den Probeunterricht vorbereitet werden. SO wird das Verfahren ad absurdum geführt.
Übrigens: In meiner 7. Klasse sitzen 8 Schüler, die durch den Probeunterricht an die Realschule gekommen sind; bis auf zwei Ausnahme ohne Gefährdung; während von denen, die aus dem Gymnasium kamen ( 4 Schüler) zwei gefährdet waren.
Ein kleiner Erfahrungsbericht aus dem ländlichen Niederbayern
rfalio |
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