Da gibt es doch tatsächlich eine aktuelle Stunde im Bundestag zur Gewalt an den Schulen und man überbietet sich mit noch absurderen Vorschlägen zur Rettung unserer Gesellschaft.
Na Super! Die größten Knalltüten bekommen vor den Kameras eine Plattform: „Ey, Lärrer muss misch Respekt geben, sonst kricht er Fresse!“
Dann wird Ursachenforschung betrieben. Die Schüler sind sozial schwach, haben keine Perspektive, sie wissen ohnehin, dass sie keine Chance haben auf dem Arbeitsmarkt . Da MUSS man doch zuschlagen.
Diese ganze Diskussion geht mir, gelinde gesagt, ganz gewaltig auf den Zwirn. Wo sind eigentlich die Kameras und die aktuellen Stunden, wenn es um den ganz normalen Schüler geht? Es ist doch so, dass eine ganze Generation von Kindern das Gefühl bekommt, sie seien in unserer Gesellschaft nicht erwünscht.
In meinem letzten Jahrgang hatten von 75 Schülern nur 19 eine Ausbildungsstelle, und das mit Realschulabschlüssen. Alle anderen sind in irgendwelchen schulischen Maßnahmen geparkt.
Der Sohn meiner Freundin hat vor kurzem seinen Gesellenbrief als Elektroinstallateur bekommen. Von den 22 freigesprochenen Gesellen werden nur 2 weiterbeschäftigt. Alle anderen sind arbeitslos. (Nein, ich wohne nicht im Osten. Dieses Gebiet hier läuft noch nicht einmal unter „strukturschwach“).
In unserer kleinen Straße gibt es allein 3 Familien, deren gut ausgebildete Kinder sich entschlossen haben, ihr Glück im Europäischen Ausland zu suchen, weil sie hier keine Perspektiven haben. Großbritannien, Dänemark, Österreich - dort sind sie erwünscht.
Meines Erachten versündigen wir uns als Gesellschaft nicht an denen, die ohnehin für uns verloren sind, Ausländer wie Deutsche. Wir versündigen uns an denen, die leistungsbereit, gut ausgebildet und motiviert sind, an denen, die trotz Perspektivlosigkeit noch nicht zugeschlagen haben.
Provokante These: Sollten wir als Gesellschaft einfach mit einem gewissen „Bodensatz“ (böses, böses Wort) leben und uns auf die konzentrieren, die die Aufmerksamkeit und das finanzielle Engagement wert sind?