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Forum: "Klassen überspringen"
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| Wenn man | | von: ishaa
erstellt: 25.05.2006 18:00:05 |
die Definition aus dem schönen link von rolf heranzieht, dann ist Hochbegabung ein Sammelbegriff für so vieles, dass es hier kaum möglich sein wird, konkrete Vorschläge für genau diesen Schüler zu machen.
Zu bedenken wäre vor allem der Bereich Sozialverhalten. Ist zu erwarten, dass sich dieses in anderer Klasse ändert? Und: Bekommt er die eher mittleren Noten im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich mit Arbeit oder ohne? D.h. tut er überhaupt irgendwas für die Schule, muss sich irgendwo ein wenig anstrengen? Wenn nicht, hat er überhaupt Methoden/Strategien, um sich mit Anstrengung etwas anzueignen (könnte er ja beim Überspringen in dem einen oder anderen Fach benötigen). Wie steht er selbst dazu? Möchte er überspringen?
Prinzipiell finde ich, dass Kinder sich so unterschiedlich entwickeln, auch ihre unterschiedlichen Fähigkeiten oft zeitlich versetzt entwickeln, dass die Möglichkeit des Überspringens (aber auch Wiederholens, was nicht heißt "sitzenbleiben"!) sowie des Schulformwechsels (nach oben, nach unten "durchreichen" funktioniert ja anscheinend) viel zu selten genutzt werden.
Mein Sohn hat das vierte Schuljahr übersprungen. Er ist nicht hochbegabt, brauchte halt zwei Jahre um die sehr auseinanderklaffenden motorischen und intellektuellen Fähigkeiten zusammenzubringen. Dann wurd's ihm langweilig, er beschloss, dass er nichts mehr lernen müsse. Jetzt schwimmt er in der 7 so im Mittelfeld, ist nicht besonders ehrgeizig, aber auch nicht von Schule gefrustet.
Vielleicht sollte man über den Nutzen des Überspringens für einen individuellen Schüler auch einfach nachdenken, ohne diesen ganzen diffusen Hochbegabungshintergrund
Gruß
ishaa
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| Ich hatte mehrmals hochbegabte Kinder, | | von: heidehansi
erstellt: 25.05.2006 22:28:11 |
allerdings mehr Mädchen als Buben.
Wir haben jeweils mit den Eltern unterschiedliche Lösungen gefunden:
Ein Junge und ein Mädchen haben die zweite Klasse übersprungen und hatten nach kurzer Zeit sich auch in der neuen Klasse wieder an die Spitze gesetzt. Auch sonst hatten sie keine Probleme in den neuen Klassen. Nach der 4. Klasse sind sie dann ans Gymnasium übergetreten.
Ein Bub war vorzeitig eingeschult worden, deshalb ließen wir ihn in der Klasse. In der anderen Klasse wäre er ja weitaus der Jüngste gewesen und es war zu befürchten, dass er vom Verhalten her einfach nicht zu den viel Älteren passt.
Zwei Mädchen blieben auch im Klassenverband: Bei einem Mädchen hatten sich die Eltern dagegen ausgesprochen, das andere war ziemlich schüchtern, deshalb wollten wir der den Wechsel nicht zumuten.
Diese Kinder versuchte ich zu fördern, bzw. zu fordern, indem ich ihnen, so weit es ging, Zusatzaufgaben gab. Und zwar Aufgaben, die mehr in die Breite gingen: Nachdenken, warum etwas so war wie es war,... Alternativen suchen,... eigene Aufgabenstellungen finden,... ergänzende und weiterführende Lektüre und ganz wichtig: die Aufgabe, ihren KlassenkameradInnen zu helfen. Sie waren zwar nicht für schwache, dafür aber für "mittelbegabte" Kinder wertvolle Helfer.
Und das eine der Mädchen löcherte mich dann auch noch in der Pause sehr oft - und ich ließ mich löchern, weil es mir (meist) auch Spaß machte, ihre interessierten Fragen und Informationswünsche zu beantworten. |
| Etwas konkreter | | von: veneziaa
erstellt: 26.05.2006 08:48:11 |
Mir fiel ein, dass wir sicherlich aus der Sicht unterschiedlicher Schulstufen schreiben. Deshalb möchte ich meinen Beitrag noch etwas spezifizieren:
Ich rede von der Mittel- bzw. Oberstufe.
Wenn wir in der Förderstufe (Klassen 5 + 6) vermeintlich oder tatsächlich hochbegabte Kinder haben, besprechen wir das ausgiebig mit den Eltern und holen Rat bei einem (meist) involvierten Psychologen. Sollten wir ein Kind eine Klasse überspringen lassen, muss das Kind es unbedingt auch wollen - sonst wird es u.U. total unglücklich..
Tatsächlich geht ein solches Kind dann zum zweiten Halbjahr der Klasse 6, d.h. es wechselt im Februar in die Klasse 7. Da ist es im Englischen schon recht gefestigt, muss 1 Jahr aufholen - und auch 1/2 Jahr der zweiten Fremdsprache.. Wie wir das in Zukunft händeln in den künftigen G8-Klassen, wird sich zeigen.
Vor Jahren haben wir auch schon einen Schüler die Klasse 11 überspringen lassen.
Es waren tatsächlich in meinem Erfahrungsbereich bisher nur Jungen! Mädchen sind - so die Fachleute - anpassungsfähiger und fallen in der Schule als Hochbegabte oder erst recht als Underachiever nicht auf..
Und noch ein Gedanke in dieser Richtung: Eine uns "zuliefernde" Grundschule hat Eingangsklassen, die zum Halbjahr Kinder aufnehmen und ggf. auch in 1 1/2 Jahren zur Klasse drei führen.. So kriegen wir desöfteren 9-Jährige in die 5. Klasse. Bisher (auffallend)problemlos bei den Jungen, bei den Mädchen viel Stress auf emotionaler Ebene.. Hmmm, ich muss mal weiter darüber nachdenken.
Ein wichtiger Impuls, bernstein,danke! |
| Ich bin dir dankbar, veneziaa, ... | | von: oblong
erstellt: 26.05.2006 09:19:54 |
... für die vertiefende Erweiterung: Das Überspringen am Gymnasium ist doch eine Angelegenheit, die auf breiterer Basis besprochen werden muss.
Bei unserer Schule überwiegen die positiven Erfahrungen deutlich, doch wir prüfen auch die soziale Prognose, denn nicht jede Mutter schafft es, ihr Kind auch aus der Distanz heraus zu beobachten und kritisch die Nachteile des Überspringens ins Auge zu fassen, wie ich es bei ishaa zu meiner Freude lesen konnte.
Nur selten haben wir im Nachhinein den Eindruck, dass das Überspringen keine Vorteile für den Schüler gebracht habe. Leider muss ich einen Wermutstropfen hinzufügen: Bei einem einzigen Fall ging der blinde Ehrgeiz der Eltern so weit, dass wir ein zweites Überspringen gerade noch verhindern und durch Überreden abwenden konnten, weil in Zusammenarbeit mit dem Psychologen die sozialen und entwicklungsbedingten Probleme, verbunden mit sehr durchwachsenen Leistungen als Unterforderung interpretiert wurden!
Die Mutter wollte allen Ernstes den Sohn in die 7.Klasse stecken mit seinen 10 Jahren, kindlichem Gemüt und Größe und unterdurchschnittlichen Leistungen in Deutsch und Mathe.
Dieses Beispiel widerlegt aber nicht, dass ich das Überspringen für sehr sinnvoll im Einzelfall halte.
Wa ich absolut nicht leiden kann, ist die Verschiebung der Bildungsdebatte im Bereich der Politik: Eine Häufung der "Überspringer" ist noch keine bessere Bildungspolitik!
Liebe Grüße,
oblong |
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