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Forum: "versteckte Gewalt, soziale Verkümmerung"

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versteckte Gewalt, soziale Verkümmerungneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 17.09.2013 16:45:44 geändert: 17.09.2013 17:02:14

Ich brauche mal Ratschläge, wie man in dieser Situation weiter verfährt:

In meiner 4. Klasse ist von Beginn an ein Mädchen (nennen wir es hier mal Luise), das große Probleme hat, mit anderen Kontakt aufzunehmen.
Luise war (und ist) in der Schule eher scheu, zurückhaltend, steht am Rand, zeigt so gut wie nie Freude.

Nach 1 1/2 Jahren konnte ich der Mutter mein Problem schildern. Es kam heraus, dass Luise zu Hause eher dominant ist, somit 2 Gesichter zeigte und wir scheinbar 2 völlig andere Kinder kannten.

Mitte Klasse 2 war ich mit Kind und Mutter bei der Erziehungsberatungsstelle und danach folgte ca. 1 Jahr eine psychologische Therapie. (genaueres weiß ich leider nicht).

Das Kind ordnet sich entweder extrem unter (bei mir), ist dann überangepasst, sehr leise,
Sie kann nicht auf mich zugehen, um mir etwas zu sagen, sondern stellt sich wie ein Schatten hinter mich und sieht mich an, bis ich das merke und sie meinerseits frage, was sie möchte.

Andererseits dominiert sie andere Kinder extrem.
Sie wünscht sich einerseits Anschluss,
ist andererseits nicht in der Lage, mit anderen zu spielen.

In allen Jahren hatte Luise immer mal den einen oder anderen als Freund(in). Es sind dann immer unterlegene, scheue Kinder.

Jetzt hatte sie sich mit einem neuen Kind angefreundet (nennen wir es Andrea), aber heute kam heraus, dass diese Freundschaft dadurch aufrecht erhalten wird, dass das Luise massiv droht und bedroht, kneift, beißt, schlägt, damit Andrea allein mit ihr spielt und tut, was sie will.
Das passiert so geschickt versteckt, dass ich zwar seit Wochen weiß, dass etwas schwelt, es aber überhaupt nicht einordnen konnte.
Luise lockt die Kinder in schlecht einsehbare Ecken, macht es nachmittags im Kinderzimmer und erhöhrt die Drohung so weit, dass die Kinder (oder immerhin Andrea) Angst haben, etwas zu sagen.

Luise ist besonders begabt (vielleicht hochbegabt), was sie aber nicht immer zeigt,
sie hat ein niedriges Selbstwertkonzept,
kann eigene Empfindungen nur schlecht zeigen,
weicht mir aus, wenn ich sie fragen möchte,
kann das vielleicht auch wirklich nicht einschätzen.

Wir haben Sozialtraining in der Klasse gemacht, was auch viele Kinder umsetzen. Die neueren Kinder (ich habe einige) kennen es leider von den anderen Schulen nicht.

Meine Ideen:
- Gespräch mit Luise und Eltern (ist noch nicht erfolgt, kommt aber. Die Vorwürfe sind realistisch, ob Luise es zugibt, weiß ich nicht... letzte Woche habe ich sie direkt darauf angesprochen, dass sie sich wohl mit Andrea gestritten hätte. Das hat sie verleugnet - aber ich konnte merken, dass sie mich anlügt. Weil es in dieser Situation nicht anders zu besprechen war, habe ich es vorerst so stehen lassen)

- das Thema innerhalb der Klasse indirekt ansprechen, indem es weitere Stunden zum Thema Mobben, Bedroht werden etc. gibt.

- Luise über einen Geschichtenanfang (sie schreibt gern und in Geschichten kann sie auch Gefühle darstellen) die Gelegenheit geben, zum Geschehen Stellung zu nehmen.

- das Thema öffentlich ansprechen? ggf. einen Verstärkerplan dafür einsetzen?

Je öffentlicher das Thema wird, desto mehr ist Luise ausgeschlossen und findet immer weniger Anschluss und Möglichkeiten sozialer Kontakte.
Je weniger öffentlich das Thema ist, desto leichter findet sie weitere Kinder, die sie zwingen kann, mit ihr zu spielen oder die sie bedroht.

Und nun?

Palim

Ach ja:
Es gibt keinen Schulsozialarbeiter.
Es gibt keine Stunden für SuS mit soz.-em. FöBedarf.
Der SchuPsy ist weit weg... das kann dauern.


Infos?neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: klexel Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 17.09.2013 17:02:08

und danach folgte ca. 1 Jahr eine psychologische Therapie. (genaueres weiß ich leider nicht).

Das ist schade. Meinst du, du kannst von der Mutter weitere Infos darüber bekommen? Wie kooperativ ist die Mutter?

Der Therapeut unterliegt ja der Schweigepflicht, aber vielleicht kann er dir trotzdem ein paar Tipps geben für die Zukunft?


nicht ganz einfachneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 17.09.2013 17:06:51

Ich habe keinen guten Draht zu der Mutter.

Auch sie ist eher ausweichend.
Ich kann nicht einschätzen, ob die Mutter versteht, worum es mir geht.
In Klasse 1 wollte sie das Problem nicht wahrhaben, obwohl ich es dringend fand. Im KiGa war es auch thematisiert worden, wurde aber nicht aufgegriffen.
Mitte Klasse 2 hat es dann zum Glück geklappt, vielleicht auch, weil ich beim ersten Mal mitgefahren bin.

Gespräche sind einfacher, wenn der Lebensgefährte dabei ist.
Den Vater kenne ich nicht. Das ist eine 14-Tage-Besuchs-Situation mit viel Kino, Geschenke...

Palim


Meine Gedanken dazu:neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: ysnp Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 17.09.2013 18:43:23 geändert: 17.09.2013 18:58:04

Weitere Punkte, die zu beachten wären:

- "Andrea" stärken, denn sie ist das Mobbingopfer. Andrea muss lernen, sich richtig zu verhalten. So wie du das schildert, verhält sich auch Andera nach einem klarem Muster und dieses Muster muss "unterbrochen" werden. Hier würde ich mit Andrea direkt sprechen und Verhaltensweisen und evtl. auch mit deren Eltern in dem Sinn, dass Andrea jegliche Bedrohung den Eltern mitteilen soll.

- Ich würde das Problem ohne Namensnennung aber in Bezug auf die Klasse in einer Klassenrats"sitzung" besprechen und zwar in dem Sinn, dass Lösungen für das Problem gefunden werden. So ist es schwieriger, dass Bedrohungen unbeachtet geschehen. Die Mitschüler werden sensibler für das Problem und halten mehr die Augen offen, gehen nicht achtlos vorüber. Das Verhalten von Luise kann man schon werten im Bezug auf die Gemeinschaft und auf das andere Kind,aber es dürfen keine Schuldzuweisungen stattfinden.

- Luise hat Probleme in der Klasse, wie du schilderst. Auf der anderen Seite würde ich versuchen, sie zu integrieren und auch so behandeln, dass ein Vertrauensverhältnis zu dir aufgebaut werden kann.

Leider habe ich auch die Erfahrung machen müssen, dass Situationen, die im 4. Schuljahr erst richtig offensichtlich werden, schon sehr verfahren sind. Hier muss man eine Menge Arbeit hineinstecken um etwas zu bewirken.

In Richtung Sozialverhalten arbeite ich immer erst mit der Klasse (lösungsorientiert ohne Schuldzuweisungen, aber schon mit der klaren Botschaft, dass die, die immer wieder die Gemeinschaft stören, unter einer gewissen sozialen Kontrolle stehen..). Die Eltern nehme ich meist erst dann mit ins Boot, wenn diese Methode wenig Erfolg zeigt.

Allgemeine Thematisierungen von Sozialverhalten in Form von Unterrichtseinheiten bringen in meinen Augen nicht viel, weil offensichtlich gerade problematische Kinder solche Themenbehandlungen zu wenig auf sich beziehen. Sie wissen es zwar theoretisch, aber sie scheinen sich da nicht betroffen fühlen, denn ich glaube, solchen Kindern fehlt es an Empathie.

Die unsensiblen Kinder in der Klasse frage ich öfter mal, wie hättest du das gefunden, wenn man das bei dir gemacht hätte? Viele sagen, eigentlich nicht gut.

Wichtig ist auch eine Konsequenz bei solchen Verhaltensweisen, zumindest eine Entschuldigung oder einen Entschuldigungsbrief.

Wer andere bedroht, dem muss die Schwere des Vorgehens massiv bewusst gemacht werden.


schon mal richtungneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: skole Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 17.09.2013 19:06:37

asperger autismus gedacht?
dazu gibts zumindest in sh beratungsstellen, die in die schule kommen...
skole


was du schilderst, palimneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: janne60 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 17.09.2013 19:11:17

scheint mir von der Problematik eher in die Psychologenecke zu gehören. So, wie du Luise beschreibst, klingt es ja schon fast wie eine Persönlichkeitsstörung. Ich selbst würde hier an meine Grenzen stoßen. Was bleibt, ist, klare Regeln des Zusammenlebens zu erarbeiten (wovon ich ausgehe, dass du diese hast), und für deren Einhaltung im Interesse aller zu sorgen. Regelverstoß zieht Folgen nach sich und bedeutet, Konsequenzen des Fehlverhaltens zu tragen. Und ich sehe nicht, warum Luise hier besonders geschont werden soll (es sei denn, sie hätte aus irgendeinem Grund - Autismus, Asperger oder was weiß ich - eine Sonderstellung).
Wie schon erwähnt wurde, müssen solche Kinder wie Andrea lernen, sich zu wehren (Nein sagen, Signale senden) und Hilfe zu holen, wenn Nein-sagen nicht fruchtet. Nur dadurch kann Luise auch für ihr Fehlverhalten zur Rechenschaft gezogen werden. Es liegt ja dann an ihr, dieses einzustellen. Ich denke mal, es ist schwierig bis unmöglich, das Verhalten eines Kindes ändern zu wollen, bevor dasjenige die nötige Einsicht zeigt. Und Einsicht lässt sich nunmal nicht erzwingen.



gute Beratungneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 17.09.2013 19:36:43

Also:

a) wie Andrea:
Sie war heute in Begleitung ihrer Mutter bei mir und hat es dann vernünftig und glaubhaft geschildert.
Wir haben besprochen,
dass sie GLEICH kommen soll,
dass das kein Petzen ist,
dass sie die Stop-Regel nutzen soll,
dass sie (wie auch Mama) lernen muss, Nein zu sagen,
dass sie damit Luise hilft,
dass sie, wenn sie weiter mit Luise spielen will, bei jedem Übertritt sofort geht und sich Hilfe holt und/oder Luise vor die Tür setzt, damit Luise merkt, dass sie mit ihr nicht so umgehen kann.

Das ist für Luise nicht schön, aber deutlich.
Und für Andrea nicht nur in dieser Hinsicht wichtig.

Die andere Kinder, die Luise sich bisher als Spielgefährten gesucht hatte, passen ins Andrea-Muster.

b) Regeln habe ich in der Klasse, stimmt.
Die Einhaltung wird von mir und der Sport/Englisch-Kollegin sehr genau beachtet.
Auch das Verhalten als "Opfer" haben wir schon in Klasse 1/2 immer wieder besprochen und Lösungswege geübt (Faustlos). Das setzt die Klasse an sich gut um,
wenn man aber nach und nach immer wieder neue Kinder bekommt (insgesamt 11), dann kann man ja nicht alles immer wieder neu wiederholen.
Und selbst dann gibt es eben Kinder, die schüchtern und scheu lieber sehr viel ertragen, als sich zu wehren (siehe Andrea)

c) An Asperger Autismus habe ich auch schon gedacht.
Aber ich kenne mich nicht damit aus.
Es ist bei uns sehr schwierig.
Die regionalen Stellen (30 km) werden im Gutachten (I-Helfer) nicht anerkannt, dann müssen die Eltern ein zweites Gutachten (ca. 100 km Entfernung oder darüber) einholen und es dauert lange, bis man dort Termine bekommt.

Da das Kind schon in Behandlung war, hatte ich gehofft, dass dort etwas auffällt. War aber offenbar nicht so.

Den Ansatz verfolge ich mal deutlicher,
zumal ja in 1 Jahr der Übergang ansteht und an der weiterführenden Schule ansonsten Luise sehr schnell das Opfer sein wird. Ich sehe eher Luise als typisches Mobbingopfer, da sie "anders" ist, sich nicht mitteilen kann, nur schwer in Kontakt treten kann...

d)
Das Problem an sich tritt nicht erst in Klasse 4 auf.
Es ist eher so, dass Luise schon immer Probleme hatte.
Manche Kinder haben sich immer mal wieder darauf eingelassen, andere gehen Luise aus dem Weg.
Verabredungen sind sicherlich für Luise schwierig,
im Unterricht fällt es aber nicht ins Gewicht (Gruppenarbeiten o.a.)
Luise arbeitet abwechselnd mit verschiedenen Kindern, manchmal auch allein, aber insgesamt steht sie dabei nicht allein am Rand, sondern ist (scheinbar?) integriert.

Jetzt aber, mit neuen und auch älteren Kindern, taucht das Problem schwerwiegender wieder auf.
Während ich dachte, dass es sich durch die Therapie u.a. in Wohlgefallen aufgelöst hat und wirklich so gut wie nichts davon mitbekommen habe,
ist es eher so, dass eben im Versteckten das Problem viel größer ist.
Androhung und Ausübung von Gewalt finde ich schlimm und empfinde es als Straftat.


e)
Den Gedanken, dieses Thema als Sozialtraining noch einmal aufzugreifen, ohne Namen zu nennen, finde ich gut.
Ähnliches gab es vor 2 Wochen, als ein Kind mir persönlich gesagt hat, dass in der Klasse Probleme im Hinblick auf "beste Freunde" sind.
Die Klasse nimmt das gut an und es stimmt, dass dann alle gestärkt daraus hervorgehen.

f) Ein weiterer Gedanke ist auch, Luise in anderen Kompetenzen zu stärken und positive Eigenschaften zu unterstreichen.

Palim


Das erste, was neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: strandhaus Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 17.09.2013 20:08:16

mir in den Kopf kam: Die kenn ich, die ist in meiner Klasse. Und bei meiner Luise gibt es die Diagnose "Störung aus dem AutismusSpektrum (Asperger)". Du solltest Dich dahingehend beraten lassen, kann mich skole nur anschließen. Wir betreuen mehrer Kinder mit ähnlichen Verhaltensweisen, bei denen diese Diagnose gestellt wurde.


.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: feul Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 17.09.2013 20:42:31

bist du die (ständig anwesende) klassenlehrerin? könnte dir andrea ein "zeichen" geben, wenn du einschreiten sollst, ohne dass sie "petzt"? also zB die federschachtel aufs fensterbrett legen oder die schultasche vom haken nehmen oder sonstwas, also etwas, was luise nicht als "petzen" erkennen kann?


Planneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 17.09.2013 21:31:19 geändert: 17.09.2013 21:32:51

Da das Verhalten NIE in meiner Gegenwart und nicht im Unterricht erfolgt,
nutzt so ein Zeichen recht wenig.

Es passiert eben in der "dunklen" Ecke auf dem Schulhof, wobei Andrea sich eben auch dort hin locken lässt,
von den traurigen Blicken von Luise dazu gebracht wird, immer wieder mit ihr zu spielen etc.

Das eine ist ja auch das schlechte Verhalten von Luise gegenüber Andrea.
Da denke auch ich, dass es sinnvoll ist
a) Andrea zu stärken
und b) Luise in einem Gespräch zu vermitteln, dass dieses Verhalten nicht angemessen ist.

Aber das andere Problem ist eben die mangelnde Sozialkompetenz von Luise, die trotz Therapie nicht gelernt hat, auf Menschen zuzugehen, Freundschaften zu schließen, Gefühle zu äußern etc.

Innerhalb der Schule denke ich, dass ich schon einige Brücken gebaut habe,
dass es aber in Richtung "Persönlichkeitsstörung" geht und psychologische Hilfe sinnvoll ist.

Ich kann/ werde morgen
- die Eltern des anderen Asperger-Kindes fragen,
- die betreffende Kollegin,
- bei örtlichen Beratungsstellen nach Anlaufstellen fragen
- ggf. noch die SchuPsy anmailen und hoffen, Antwort zu bekommen.
Dann mit den Eltern von Luise samt Luise reden
und sie bitten,
- selbst aktiv zu werden (unwahrscheinlich)
oder besser
- die Eltern (mit Bericht von meiner Seite) zu einer bestimmten Stelle schicken (diese Stelle weiß ich eben noch nicht)

Insgesamt haben eure Ratschläge aber geholfen, dass mein Brett vor dem Kopf ein paar Löcher hat.

Dankeschön

Palim

ach ja, feul:
Andrea hat heute im Gespräch schon von mir die ausdrückliche Erlaubnis bekommen, dass sie umgehend und jeder Zeit ins Lehrerzimmer kommen darf, um mir davon zu berichten.


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