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Forum: "Warum eigentlich Geschichte studieren ???"
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| Warum eigentlich Geschichte studieren ??? | | von: klairchen
erstellt: 25.01.2006 16:24:07 |
Als ich eben durch die Foren schaute, traf ich wieder auf einen armen Wicht, der nun fachfremd Geschichte unterrichten "muss". Bitte nicht persönlich nehmen, aber da steigt doch die Wut in mir hoch.
Ich ärgere mich auf zwei Ebenen:
- Ich liebe es, Geschichte zu unterrichten und darf das in genau einer Klasse (meiner eigenen) tun.
- Anscheinend ist Geschichte zumindestens an den Hauptschulen und in den niedrigeren Klassen ein unwichtiges oder substanzloses Fach, das ohnehin von jedem Lehrer/jeder Lehrerin unterrichtet werden kann. Dieses gilt dann auch gleich für den ganzen Verbund mit Politik und Erdkunde.
Bestimmt bin ich nicht elitär, aber ich frage mich schon, warum ich eigentlich Geschichte studieren musste (ach ja, und Politik, Soziologie und Philosophie!), wenn jeder Klassenlehrer es unterrichten kann? Maße ich mir an den Physikunterricht zu schmeißen, nur weil er im Klassenverband stattfindet?
Ist Geschichte ein "Pillepallefach"? Was hat es dann eigentlich an unseren Schulen zu suchen?
Oder ist vielleicht das ganze Schulsystem grundlegend falsch organisiert sprich: Fokus auf Klassenteams statt auf Inhalte ?
Eure Meinung würde mich wirklich SEHR interessieren.
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| Fachfremder Unterricht | | von: silberfleck
erstellt: 25.01.2006 18:50:19 geändert: 25.01.2006 18:54:13 |
Also auch ich darf ab 1.2.06 fachfremd Geschichte, Erdkunde, Bildende Kunst und Ethik unterrichten. Ich arbeite an einer Regionalen Schule in Rheinland Pfalz.
Ich denke es hat weniger damit zu tun, dass es ein pillepalle Fach ist.
Ich finde es gut und richtig, dass im Hauptschulbereich das Klassenlehrersystem angewandt wird. Es hat meiner Meinung nach wesentliche Vorteile, wenn eine HS Klasse von möglichst wenigen Lehrern unterrichtet wird, vor allem wenn es Problemschüler gibt.
Ich weiß selbst wie ärgerlich es ist, wenn man "sein" Fach nicht oder kaum unterrichtet.
ich habe Bio und Chemie studiert und in den letzten 1,5 Jahren praktisch nur das Doppelfach Physik / Chemie unterrichtet. Bio unterrichtet bei uns auch fast jeder.
In vielen Schulen stimmt aber die Lehrerzuweisung mit der zu erteilenden Stundentafel nicht überein.
Oder es erfolgt wie jetzt bei uns zum Halbjahr ein Lehrerwechsel(zwei Kollegen gehen in Pension; eine Kollegin, die als Vertretung bei uns war, beginnt als LAA an einer anderen Schule: der LAA tritt eine feste Stelle an einer anderen Schule an). Es kommen drei neue Kollegen und ein LAA, die neuen Kollegen unterrichten aber nicht die identischen Fächer und nicht die identische Stundenzahl wie die scheidenden.
Ich denke ein Großteil der fachfremd unterrichtenden Kollegen geben sich auch Mühe.
Früher (als alles besser war) wurden Hauptschüler von sogenannten Zehnkämpfern unterrichtet. Die hatten meines Wissens auch nicht alle Fächer studiert, dann frag aber mal Schüler aus der Generation, was sie alles gelernt haben!
An deiner Stelle würde ich mich mal vertrauensvoll an die SL wenden und dein Problem mit ihr besprechen. |
| pro klassenlehrerprinzip! | | von: silkeog
erstellt: 25.01.2006 20:35:47 |
So , das mit den bookmarks wäre geklärt! vielen dank
nochmal an alle, die mir damit auf die sprünge geholfen haben!
auch ich denke, dass sich in unseren schulen das
klassenlehrerprinzip durchsetzen sollte. ich unterrichte in
meiner klasse alles, bis auf technik, sport, englisch, htw. das
gibt mir die möglichkeit, 23 stunden (hätt ich einen vollen
auftrag, wäre es noch mehr) in meiner klasse zu sein. was fürs
klima wiederum äußerst hilfreich ist. ich spreche aber
niemandem ab, dass er mir mit einem fach, welches ich fremd
unterrichte ein studium voraus hat! wenn ich fragen habe, dann
wende ich mich genau an diese spezialisten. zu meinem glück
ist mein 'pendant', der 'zweite' klassenlehrer sehr interessiert
gerade in den dingen, die ich nicht ganz so gern unterrichten
mag! da wir epochal unterrichten können wir uns so gut
absprechen und er übernimmt dann schon mal die aspekte des
themas, auf die ich jetzt nicht so viel lust hab.
in mathe beispielsweise find ichs sehr interessant, wir erarbeiten
mathe nur in der freien arbeit, das heißt - ich bin ungefähr
immer so weit wie die kids. wir erlernen oftmals einen
gegenstand gemeinsam. da ich in mathe eben auch nie eine
leuchte war. das macht den schülern ziemlich freude - nicht nur
sie müssen lernen, auch ich.
silkeog |
| Weil andere sich strikt weigern... | | von: ishaa
erstellt: 25.01.2006 21:37:12 |
... kommt man/frau sich manchmal mit dem ganzen fachfremden Engagement ziemlich bescheuert vor. Zumindest in meinem Kollegium gibt's da eine ziemliche Männlein/Weiblein-Aufteilung. Die Frauen unterrichten viel mehr fachfremd und die meisten knien sich so in die Fächer rein, dass sie nach einiger Zeit als Expertinnen angesehen werden. Die Männer zieren sich und tragen die ganze Zeit dieses "Ich mach das nur fachfremd und nur ausnahmsweise und nur so nebenbei und möge bitte nicht mit Fachkonferenzen und ähnlichem behelligt werden..." vor sich her, nebenbei hört man dann schon mal:"Ich häng mir doch kein zweites Hauptfach ans Bein", dass die Schulleitung gar nicht erst auf die Idee kommt, die Herren noch einmal mit diesem Fach zu behelligen. Man eignet sich dann auch nicht so gut als Klassenlehrer und hat auch so wieder viel Arbeit gespart...
Frauen unterrichten z.T. drei Hauptfächer und fünf andere, das meiste fachfremd und arbeiten sich da total rein.
Ich habe im übrigen nicht das Gefühl, dass mein höchstwissenschaftliches Geschichtsstudium an der Uni (für's Gym) mir bei meiner Arbeit an der HS wirklich etwas bringt. Erdkunde unterrichte ich viel lieber (und ich glaub auch besser ).
Eine Kollegin meinte einmal, fachfremder Unterricht wäre bei uns meistens besser, weil man sich selbst die Frage stellen würde: Was davon ist wirklich relevant im Leben und wie bringe ich das am besten rüber?
Was mich wirklich ärgert,ist, dass ich in meiner Klasse nicht alles unterrichten darf, was ich "kann", weil ich mit Deutsch und Englisch in anderen Klassen "gebraucht" werde. Wer ist schon so blöd und bindet sich zwei solche Korrekturfächer ans Bein?
Selbstbeweihräuchernderweise muss ich jetzt aber noch sagen, dass mein Kunstunterricht um Längen besser ist als der, den mein Sohn bei einem Vollprofi am Gym genießt Aber, rhauda, das erwähnte ich glaub ich schon mal in einem von dir initiierten Forum....
LG
ishaa |
| why can't you guys stick to the topic? | | von: dafe
erstellt: 25.01.2006 23:38:28 |
zu klairchen:
Ich unterrichte Geschichte nicht fachfremd, aber als Anfänger, mit diesen Erfahrungen:
In diesem Fach geht es darum, aufgrund von historischen Ausgangslagen mit den (bewährten...) Fragen Situationen zu beurteilen. Die nötigen Vorkenntnisse lassen sich um so weniger medial illustrieren, je weiter sie in die Vergangenheit reihen, m.a.W., Lesen ist angesagt. An der HS machen die Schüler das *nicht so gerne*. Es geht auch nicht um wahr oder falsch, sondern um Einschätzungen, Hermeneutik. Die mir bekannten Schulbücher sind dabei nicht sehr hilfreich. Vorbereitung: Tauche ein in Primärliteratur, was sind die Kerngeschehnisse, was lässt sich knackig verwerten, finde Symbole etc. Vergiss den Max Weber und konstruiere linear-kausale Ereignisketten.
Geschichte macht mir Spaß, auch im Unterricht. Es ist jedoch ein mühsames Geschäft, und wenn nicht-Geschichtler stöhnen, könnte es sein, dass sie begriffen haben, wos Problem liegt. Nebenbei gesagt, scheint Geschichte gerade allgemein nicht en vogue zu sein.
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| Bequemlichkeit? | | von: lisa22
erstellt: 10.02.2006 17:48:57 |
Hallo liebes Klärchen,
*g* du stellst die Frage, die wohl bei (fast) jedem aufkommt, spätestens wenn man vom Referendariat in den "Alltag" kommt. Ich bin da immer noch hin- und hergerissen. Finde es einerseits manchmal eine "Zumutung" fachfremd zu unterrichten (schließlich doktert ein Zahnarzt ja auch nicht an Augen herum und umgekehrt, sondern jeder hat sein Fachgebiet), andrerseits finde ich auch das Klassenlehrerprinzip -zumindest in der Hauptschule- ungemein wichtig. Meiner Erfahrung nach ist es (leider) meistens so, dass man als Fachlehrer mit wenigen Stunden sehr wenig Zugang zu der Klasse bekommt bzw. oft mehr oder minder große Disziplinprobleme hat.
Insgesamt gesehen kommt es, denke ich, auf das einzelne Fach an, wie "gut" oder "schlecht" man unterrichtet. Ich MUSS z.B. Musik unterrichten, was mich selbst zugegebenermaßen Null interessiert. Und wie soll ich den Schülern beispielsweise Instrumentenkunde oder Mozart schmackhaft machen, wenn mir das Thema "nicht liegt".
Als ich anfing zu studieren, habe ich mich unter anderem für Bio. und Gemeinschaftskunde entschieden. Im selben Jahr wurden dann Bio / Ch. und GK / Geschichte als Fächer an den Schulen eingeführt. Wie löst man das Problemchen? 1 Semester chem. Praktikum und 1 Semester Geschichte genügen und schon ist man dann auch für diese beiden Fächer ausgebildet. SCHWACHSINN!
Noch ein letztes dazu: Ich habe für mich beschlossen, bei fachfremden Fächern, die mir nicht liegen, z.B. Physik, auch mal 5 gerade sein zu lassen, sprich: Ich stehe nicht nachmittageweise im Physiksaal rum, um z.B. einen Versuch auszuprobieren. Den gibt´s dann eben nicht. Mag für manche Bequemlichkeit sein, aber den Vorwurf höre ich als Lehrer jeden zweiten Tag und weiß es besser.
Gruß,
lisa |
| nur so | | von: vectra
erstellt: 10.02.2006 18:13:08 |
ohne kenntnisse der geschichte läuft nichts oder das was wir erleben.
wenn manche selbst nicht wissen, wo sie her kommen und warum sie so sind, so denken, so reagieren, ... können sie sich leicht über andere kulturen aufregen, weil sie ihr eigenes herkommen vergessend, über andere, mit denen sie sich nie beschäftigt haben, urteilen oder gar herfallen - sie leben im jetzt.
ich erlebe es in expertenrunden - so nennen sie das wohl - eigentlich meinen sie quote oder verteidigung durch unverständliche gesetzgebende formulierungen - über die sich selbst rechtskundige in den haaren liegen.
wer die vergangenheit nicht kennt - wir leben im jetzt - für die zukunft allerdings kaum etwas beisteuern können.
ps: ich habe keine geschichte studiert!
die macht beeinflusst nicht (mehr) das geld - das können sie schon nicht mehr ,
das geld regiert.
manche entscheider können sich erinnern, was wer, wann, in welchem zusammenhang gesagt hat, weil sie wasserträger haben, die sich über so etwas gedanken machen sollen/müssen. von geschichte haben sie leider keine ahnung ... |
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