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Forum: "Wie Latein rechtfertigen?"
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| Wie Latein rechtfertigen? | | von: saira
erstellt: 10.01.2006 15:21:33 |
hallihallo!
also: mal zuerst: ich unterrichte/studiere kein latein, sondern deutsch und englisch. aber: viele meiner nachhilfekinder und -eltern regen sich immer wieder über das "furchtbare" latein auf, ebenso wie viele meiner mitstudenten aus anderen bundesländern, die während ihrer schulzeit kein latein hatten (die müssen das ja nun alles nachholen in bayern).
abgesehen davon, dass ich persönlich auch so meine zeiten hatte, wo ich lieber swaheli gelernt hätte als latein, finde ich doch, dass mir diese sprache viel gebracht hat. und jedesmal, wenn ich dann versuche, latein als unterrichtsfach zu verteidigen, scheinen meine argumente sich in nichts aufzulösen, wenn ich gegen die (oft) emotionsgeladenen argumente der kinder und eltern anreden muss.
ist es denn wirklich so, dass die vorteile, die ich in dieser sprache sehe (ok, manche sagen auch "schreibe" dazu), nämlich:
- großes allgemeinwissen über die abendländische kultur und deren ursprünge
- ein verständnis darüber, wie sprache funktionieren kann (mehr ein linguistischer ansatz)
- hilfestellungen für romanische sprachen
- kenntnisse in mythologie und religion UND geschichte
gar nicht zählen, weil es viel wichtiger ist, ob das kind die schule schafft oder ob es "überhaupt noch wichtig" ist? viele eltern scheinen ihrem kind nicht zuzutrauen, eine völlig "fremde" sprache zu lernen und lassen sie dann lieber mit englisch beginnen (grad an den musischen zweigen am bay. gymn.). oder gehöre ich zu den "hardlinern" .
ich finde nicht, dass latein ein besonderes hindernis darstellt, wenn man die sache systematisch angeht. aber wie kann ich das meinen schülern/eltern noch klarmachen?
danke schonmal für eure antworten, besonders auf die der (aussterbenden) lateinlehrer^^ (an meiner uni studieren vielleicht 50 leute latein auf lag).
saira |
| latein ist kultursprache | | von: veneziaa
erstellt: 10.01.2006 19:03:59 |
und nicht vergleichbar mit einer lebenden, also gesprochenen Sprache. Das ist nämlich der fatale Irrtum hier bei uns in Deutschland, dass Latein als "Sprache" gesehen wird. Es liegt meist parallel zu Französisch und Spanisch als zweite "Fremdsprache".
In Italien z.B. ist das anders, die verstehen Latein als "Kulturfach". Man lernt das logische Denken (daher erwiesenermaßen für Mathematiker leichter zu bewältigen), Gedächtnistraining, historische Hintergründe, Philosophie der Antike und natürlich vieles Andere, natürlich jedoch nicht das "Sprechen" im eigentlichen Sinne.
Überhaupt: Muss alles immer "nützlich" sein? Kann man Latein nicht sehen als z.B. Denkschulung, Bewältigung komplexerer Zusammenhänge, Intelligenztraining oder wie man es auch nennen möchte?
Kurz: Ich selbst habe auch Latein, Alt- und Neugriechisch gelernt (nebenbei noch Englisch, Französisch, Italienisch). Mir gefallen diese "alten" Dinge ganz besonders, es sind Bausteine unserer Kultur, Basis für unsere lebenden Sprachen.. Meines Erachtens spricht nichts dagegen, pro Latein zu sprechen.
Übrigens: Mein Sohn ist einer der wenigen Studenten, die Latein studieren, nebenbei das Graecum ablegen.
Wenn ich den Zulauf in Latein an unserer Schule sehe, ist der Bedarf noch sehr groß.
Bei uns schimpfen die Eltern übrigens nicht oder stöhnen. Wir bieten allerdings den Kindern von Anfang an Hilfen bei den Hausaufgaben an - haben auch junge und mitreißende Lehrer..
ICH LIEBE LATEIN (bin aber keine Lateinlehrerin).
Salve! |
| Als Mathematiker | | von: rfalio
erstellt: 10.01.2006 19:16:56 |
war ich nur grad mittelmäßig in Latein ( lag am Fleiß), habe aber das große Latinum und das Graecum.
Beides hilft mir auch heute noch, vor allem bei der Herleitung von Fremdwörtern.
Vor allem aber habe ich in diesen beiden Fächern den Grundstock zu einer glaube ich umfassenden Allgemeinbildung erhalten ( Geschichte, Philosophie, Religionswissenschaften, Medizin usw.).
Meine Tochter ist jetzt in der 5. Klasse Gymnasium und hat mit Englisch begonnen, ihre Freundin in der Parallelklasse mit Latein.
Die grammatikalischen Strukturen werden in Latein wesentlich klarer für die Kinder, das lässt sich schon nach einem halben Jahr feststellen.
Insofern ist es gut, dass nächstes Jahr schon Latein als "2. Fremdsprache " kommt.
Übriigens: In der Schule hatte ich auch 5 Jahre Englisch; das Englisch, das ich heute spreche, stammt aber vom Lesen während des Studiums und vom Sprechen mit Engländern oder Amerikanern bzw. vom Lesen im Internet!
Ich kann mir auch einen französischen text notdürftig zusammenstöpseln ( mit Herleitung aus dem Lateinischen )
Meine Meinung:
1) Englisch ( Aufbau auf die GS und Erleichterung eines Schulartwechsels)
2) Latein ( Gründe s.o.)
3) wenn nötig weitere moderne Sprache
salvete
rfalio |
| Antwort | | von: skleine
erstellt: 12.01.2006 20:02:02 |
Hallo!
Ich gehöre auch zu den armen Studenten, die in der Schule kein Latein hatten und es nun im Studium innerhalb von 3 Semestern(!!!!) nachlernen müssen. Das heißt,
wir sollen all das, was die Schüler in ca. 5 Jahren gelernt haben, in eineinhalb Jahren lernen. Das ist schon ziemlich heftig, denn wir müssen dann ja an einer Schule die Prüfung schreiben, das heißt also in einem Latein-Gk.
Da wir nur 1,5 Jahre Latein haben, bleibt also nicht wirklich viel Zeit, um sich kulurell und geschichtlich weiterzubilden; wir sind genug mit dem Lernen der Vokabeln und Temporaformen beschäftigt...
(Ich lerne jetzt gerade mal seit ca. 10 Wochen Latein und wir haben schon Präsens, Aktiv, Passiv, Imperfekt und Perfekt durchgenommen -.-)
Ich weiß also, was ich in den Semester"ferien" zu tun hab...
Liebe Grüße, skleine
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| Interesse der Lernenden ist entscheidend | | von: leva
erstellt: 14.01.2006 10:51:55 |
Ich selbst habe nie Latein gelernt und war ziemlich entgeistert, dass meine Tochter (jetzt 8. Klasse) Latein als 2. Fremdsprache ausgewählt hat.
Ich habe das mit großer Skepsis beobachtet, bin aber inzwischen überzeugt, dass sie sich richtig entschieden hat. Es ist ihr Lieblingsfach geworden. Vor allem hat sie gelernt regelmäßig und sehr strukturiert zu arbeiten. Das finde ich unschätzbar wertvoll. Ich merke auch, dass sie beginnt, sich Fremdwörter selbstständig zu erschließen und staune immer wieder, wie groß ihr Wortschatz schon geworden ist. Außerdem genießt sie es, als Lehrerkind Erfolge in einem Fach zu haben, von dem ihre Eltern keine Ahnung haben. Hier kann endlich mal keiner behaupten, sie hätte es leichter und die Leistungen seien nur gut, weil ihre Eltern sie unterstützen. |
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