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Forum: "Fachbegriff - gleichzeitige Wahrnehmung"
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| Fachbegriff - gleichzeitige Wahrnehmung | | von: palim
erstellt: 04.01.2016 20:07:41 geändert: 04.01.2016 20:12:14 |
Ich schreibe gerade einen Bericht über einen Schüler und suche nach einem Fachbegriff:
Ausdrücken möchte ich, dass im Unterricht die Fähigkeit benötigt wird (und von diesem Schüler nicht beherrscht), gleichzeitig zu hören und zu handeln: Lehrkraft oder SuS erklärt etwas und handelt dazu.
Oder gleichzeitig zu hören und zu sehen (Aufgabe auf einem AB oder im AH ansehen, Erklärung hören und in Beziehung dazu zu setzen).
Vielleicht ist es auch die Verbindung mehrere Sinnesleistungen, weil die Probleme auch an anderer Stelle auftreten:
Einen Satz "merken" und notieren,
eine Seite "merken" und finden,
Fähigkeiten, die beim Abschreiben, Vergleichen etc. von unterschiedlichen Quellen nötig sind
"Simultane Wahrnehmung" wird gibt es im Bereich Mathematik als feststehenden Begriff, das ist aber nicht gemeint,
Multitasking trifft auch nicht wirklich.
Hat jemand einen Tipp für mich?
Palim |
| . | | von: feul
erstellt: 04.01.2016 23:34:57 |
ich hab seit vier jahren eine schülerin, die ähnliche symptome zeigt. bei ihr wurde dyspraxie diagnostiziert.
wikipedia liefert mir am anfang nicht die erklärung, die ich als zutreffend für meine schülerin sehen würde, aber macnches weiter unten im artikel trifft es genau. dort unter "schulischer entwicklung" steht zB:
Die geringe Fähigkeit in der Handlungsplanung bewirkt, dass die Voraussetzungen für alle Lernleistungen nur erschwert gegeben sind und dass zusätzlich viel intellektuelle Energie in den kleinen Dingen, die nicht direkt zur Aufgabenbewältigung dienen, gebunden ist. (Buch aufschlagen, Heft aufschlagen, Stift aussuchen, bereitlegen, Lineal anlegen...)
das trifft eben auf meine schülerin zu, dass sie eine extra aufforderung barucht, um einen stift zu nehmen oder etwas zu unterstreichen.
vielleicht ist bei deinem schüler ähnliches gegeben? |
| dazu gelernt | | von: palim
erstellt: 05.01.2016 12:16:23 |
Bitte, gerne.
Auch ich habe eine Menge gelernt, die Seite ist wirklich informativ.
feul, deinen Beitrag entdecke ich erst heute.
Der Tipp zur "Handlungsplanung" hat geholfen, die Seite zur Neuropsychologie zu finden.
Bei meinem Schüler ist die Handlungsplanung auch nicht gut, aber die Beschreibung zur Aufmerksamkeitsselektivität trifft bei ihm erheblich besser zu - mit allen beteiligten Bereichen:
- sich teilweise gar nicht auf etwas fokussieren zu können, sondern alles im Blick (und Gehör) zu haben
- sich teilweise (sehr häufig) nur auf eine Sache zu fokussieren und anderes gar nicht wahrzunehmen
* das ist ein Problem, wenn man etwas an der Tafel/ im Arbeitsheft erklärt, weil der Schüler nur auf die Sprache achtet, selbst wenn er das Heft sieht oder man an der Tafel zeigt, nimmt er den visuellen Inhalt nicht auf und setzt ihn nicht mit der Erklärung in Verbindung
* das ist auch ein Problem, wenn der Schüler einen bestimmten Weg gehen will, dann ist er nur auf die Bewegung fokussiert, was auch immer ihm in die Quere kommt
* meiner Meinung nach umfasst dieser Punkt auch die Handlungsplanung, weil man Aufgabe, Material, Handlung gleichzeitig im Blick haben muss
- visuell-räumliche Aufmerksamkeit
* beim Abschreiben wechselt es immer hin und her ... und nicht nur dann.
Insgesamt lassen sich mit der Beschreibung viele Beobachtungen erklären und ich habe das Gefühl, den Kern der Sache benennen zu können.
Dabei bleibt es eine Vermutung und - bevor hier Klagen kommen - mir ist auch klar, dass ich keine Medizinerin bin, dass die Neuropsychologie-Seite eher auf Schlaganfallpatienten hin ausgerichtet ist und mir so ein Urteil eigentlich nicht zusteht.
Aber es erleichtert mir die tägliche Arbeit mit dem Schüler, auch wenn mir zur Förderung in diesem Bereich noch nicht sehr viel einfällt.
Bleibt die Frage nach der Förderung von Handlungsplanung.
Hilft es, so einem Kind eine Liste/ Listen an die Hand zu geben, für häufig wiederkehrende Aufgaben (Arbeit im Arbeitsheft, vom Frühstück in die Pause gehen...)?
Hat jemand dafür Beispiele?
Palim |
| Reizüberflutung - gibt es auch Reiz-Dürre? | | von: palim
erstellt: 05.01.2016 17:54:42 |
Dieses Kind hat zuallererst einen Förderbedarf im Bereich Hören. Eine Versorgung mit Hörgeräten erfolgte erst kurz vor der Einschulung, also im Alter von 6 Jahren.
Darin liegt einiges begründet und es wurde auch eine AVWS (Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung) diagnostiziert, die in diesem Fall kein Modebegriff ist, sondern m.E. plausibel angesichts der geringen Hörwahrnehmung des Kleinkindes.
Vielleicht konnte das Kind gar nicht erlernen, wie man die Aufmerksamkeit passgenau steuert, weil es ohnehin ständig überfordert war. Das ist nun nicht allein im Bereich des Hörens so, sondern auch in anderen Bereichen.
Ansonsten ist das Kind eher ein Feld, Wald, Wiesen und Sandkasten-Kind , es klettert gern und bewegt sich viel.
Aufgeräumt und gut organisiert sind die Eltern in jedem Fall, sonst würden sie den Alltag gar nicht meistern. Allerdings braucht es auch Freiräume, um selbstständig zu werden. Da bin ich mir nicht sicher, ob der Overkill nicht eher einer ständiger Anleitung ist.
Dieses Kind passt nicht in die sonstigen Muster reizüberfluteter Kinder, auch sonst geht es manchmal eigene und besondere Wege, die am Ende doch zum Ziel führen.
Palim |
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