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Forum: "Kind macht in die Hose"
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| Kind macht in die Hose | | von: blue-kathy
erstellt: 06.08.2019 08:50:24 |
Hallo zusammen, in meine Klasse kommt nach den Ferien ein Kind, das sich in der 4 Klasse noch in die Hose macht und zwar Urin und Kot. Es trägt meist (aber nicht immer) Windeln, wechselt diese aber nicht selbstständig. Das Kind hat ansonsten keinerlei Beeinträchtigung, kann also Kleidung selbstständig wechseln, sich waschen. Es liegt offenbar eine psychische Störung vor (so wurde es mir gesagt), das Kind blendet seinen Unterkörper aus, so dass es selbst nicht merkt (oder nicht wahrnehmen will), dass es sich in die Hose gemacht hat. Auf Aufforderung der Lehrer, sich zu reinigen bzw. die Kleidung zu wechseln, reagiert es nur unwillig und nicht verlässlich, Diskussionen sind nötig, bis das Kind die Hose wechselt. Meist riecht das Kind nach Kot und Urin. Die Eltern sind der Meinung, das Kind müsse selbst entscheiden, ob es eine Windel trägt oder nicht. Das Kind kommt neu zu uns in die Klasse, ich möchte ihm einen guten Start ermöglichen. Dazu ist es meiner Meinung nach unerlässlich, dass das Kind immer eine Windel trägt, und nicht nach Urin oder Kot riecht. In jedem Fall werde ich den Eltern in einem Gespräch mitteilen, dass das Kind immer eine Windel tragen muss. Oder greife ich damit in die Persönlichkeitsrecht ein, muss das jeder selbst entschieden dürfen? Aber wo sind dann die Rechte der anderen, die mit dem Geruch leben müssen? Meine Frage ist nun außerdem: wofür bin ich im Schulalltag noch zuständig? Muss ich Windeln wechseln, mit dem Kind auf Toilette gehen, kontrollieren das es sich regelmäßig sauber macht? Wie soll das neben dem Unterricht gehen? Außerdem ist hier auch meine persönliche Grenze erreicht: die Vorstellung, dass es in meinem Klassenraum nach Urin und Kot riecht, ist schlimm für mich. Hier geht es nicht darum, dass sich ein Kind mal in die Hose gemacht hat und dabei Hilfe benötigt oder es dann im Raum riecht. Hier geht es um ein Kind, das offenbar immer nach Ausscheidungen riecht und ich kann mir nicht vorstellen, in einem solchen Raum zu arbeiten und möchte das auch für meine anderen Schülerinnen und Schüler nicht. Ich denke auch daran, dass wir bald auf Klassenfahrt fahren. Ich sehe es nicht als meine Aufgabe an, jeden Tag ein voll gemachtes Bett zu wechseln und möchte das auch nicht. Meine Frage ist: welche Aufgaben gehören zu unserem Beruf dazu, und wo kann ich mich schlichtweg weigern und sagen, das mache ich nicht. Was bedeutet das für die Klassenfahrt? Zur Info: das Kind war bereits mehrere Jahre an unserer Schule und wechselt jetzt in meine Stufe. Es ist nicht in psychologischer Behandlung, angeblich ist es dafür noch zu jung. Aber selbst eine Behandlung würde jetzt akut nicht helfen.
Wie seht ihr das ? Viele Grüße! |
| Bei uns | | von: janne60
erstellt: 06.08.2019 10:31:57 |
gibt es eine Stelle, die sich schulpsychologischer Dienst nennt. Dort würde ich mir umgehend Rat holen, wie du erstmal kurzfristig mit der Situation umgehen kannst. Ich glaube nicht, dass du dir das Verhalten des Kindes in vollem Umfang bieten lassen musst. Natürlich kann man den Eltern nur raten, sich an Ärzte und Spezialisten zu wenden, tun müssen sie es selber. Man kann sich aber gewiss davon abgrenzen, sämtliche Folgen der elterlichen Versäumnisse auffangen zu müssen. Ich würde z.B. die Eltern in die Pflicht nehmen: Wenn das Kind sich eingenässt oder-gekotet hat, würde ich anrufen und die Eltern um das Säubern und Umkleiden kümmern lassen (bzw. es abholen lassen). Und zwar jedes Mal. Parallel dazu würde ich den schulärztlichen Dienst bitten, das Kind zur Untersuchung einzuladen. Dies sind so ziemlich die einzigen Register, die du als Schule ziehen kannst, aber die würde ich bis zum Anschlag ziehen! |
| Genau hinschauen! | | von: ysnp
erstellt: 06.08.2019 10:37:17 geändert: 06.08.2019 10:39:23 |
Ich hatte auch schon Viertklässler als Bettnässer in der Klasse. Das Problem zeigte sich aber nur im Schullandheim, wo wir es dezent lösen konnten. Doch der geschilderte Fall liegt anders. In meinen Augen hat man da bisher zu viele Augen zugedrückt. Wenn ein Kind so große Probleme hat, gehört genau hingeschaut. Interessant, dass die Eltern sich da in Stück weit verweigern. Wer weiß, da kann ein ganz anderes Problem dahinterstecken. Irgendwie läuten bei mir da einige Alarmglocken. Es könnte rein physischer Natur sein, aber auch in Richtung sexueller Missbrauch. Hat das Kind noch andere Beeinträchtigungen? Wurde das Kind einem Arzt vorgestellt und was hat man da empfohlen? Wie ist denn die Lehrkraft vorher damit umgegangen? Wenn ein solches Kind in meiner Klasse wäre, würde ich da alle mir möglichen Hebel in Bewegung setzen um hier Klarheit zu bekommen und evtl. Maßnahmen einzuleiten. Nachtrag da zeitgleich: Ich würde im Schulalltag so handeln, wie Janne vorschlägt. |
| Grenzen abstecken und setzen | | von: palim
erstellt: 06.08.2019 13:04:57 |
Jannes Vorschläge sind super. Wir hatten im letzten Jahr in Klasse 4 auch ein solches Kind, es hatte allerdings eine I-Hilfe, die uns vieles abgenommen hat, auch: Aufforderung zum Umziehen, Anruf bei den Eltern. Wenn das Kind bereits bisher an eurer Schule war, sollte es doch über Elterngespräche Dokumente geben. Vielleicht ist es sinnvoll, innerhalb der Schule die Möglichkeiten und Grenzen zu klären, diese schriftlich festzuhalten und in einem Elterngespräch zu vermitteln. Palim |
| Danke | | von: blue-kathy
erstellt: 06.08.2019 14:00:35 |
für eure Beiträge. Auf die Idee, den Beratungsdienst für mich einzubeziehen, bin ich noch gar nciht gekommen, das werde ich tun. In der Klasse davor gab es das Problem auch schon, aber da haben die Kollegen mehr Zeit und haben viel abgefangen, was sicherlich auch nicht immer hilfreich ist, da sich die Eltern dann zurück lehnen können. Außerdem gab es eine Hilfskraft, die einiges abgenommen, hat, die wir jetzt aber auch nicht haben. Es beruhigt mich schon, dass niemand bisher der Meinung ist, das Windeln- und Kleidung wechseln meine Aufgabe ist. Dass das Kind therapeutische Hilfe benötigt (und die Eltern sicherlich auch) ist unbestritten. Ich habe auch noch keine Idee, wie man mit der restlichen Klasse verfahren soll, denn natürlich werden das alle riechen und ich finde, man kann nicht verlangen, dass wir diesen Geruch aushalten müssen. Das wird vor allem extrem, wenn es wieder so heiß wird und man die Fenster nicht öffnen kann (die können wir nur kippen, aus Sicherheitsgründen) . Ich freue mich über weitere Beiträge, alles hilft mir, mch zu positionieren. |
| ich schließe mich ysnp an | | von: fruusch
erstellt: 06.08.2019 14:41:13 |
denn bei mir klingelten auch sofort sämtliche Alarmglocken. Ein Kind, das seinen Unterkörper geistig ausblendet, könnte wirklich ernsthafte Probleme (Missbrauch, psychische Gewalt...) haben. Es ist aber definitiv nicht deine Aufgabe, diesen Problemen nachzugehen oder sie gar zu lösen, dafür gibt es Profis wie z.B. den schulpsychologischen Dienst oder das Jugendamt. Genausowenig kannst du verpflichtet werden, mit dem Kind zur Toilette zu gehen oder gar Windeln zu wechseln, wenn du nicht an einer Stelle arbeitest, wo das im Alltag öfter mal vorkommt und es einfach zum Beruf dazugehört (gewisse Förderschulen, Kitas, Altersheime...). Den Vorschlag, jedes Mal die Eltern mit einzubeziehen finde ich auch sehr gut, damit diese endlich mal aus dem Quark kommen, damit ihrem Kind geholfen werden kann. Denn darum sollte es vorrangig gehen: Dieses Kind braucht dringend Hilfe, die ihm aber mMn verwehrt wird. Was den "guten Start" des Kindes in deiner Klasse angeht, kannst du nur auf die Hilfsbereitschaft und das gute soziale Klima in deiner Klasse hoffen. Ständiger Kot- und Uringeruch ist für deine Schüler*innen eine echte Herausforderung, von hygienischen Problemen ganz zu schweigen. Diesen Geruch von der Persönlichkeit des Mitschülers zu trennen ist für 4. Klässler zwar möglich, ich glaube aber kaum, dass das bei allen dauerhaft klappen wird. Früher oder später werden gewisse Schüler*innen Stimmung gegen ihn machen, das kann bis hin zu ernsthaftem Mobbing gehen. Wie lief das denn bisher? Apropos Hygiene - wenn die zum Problem wird, also auch Schulmöbel oder Mitschüler verunreinigt werden, dann müssen schnellstmöglich Maßnahmen getroffen werden, die das unterbinden, ansonsten steigt euch das Gesundheitsamt aufs Dach. Wie das genau aussehen kann, weiß ich nicht. Ob man eine Windelpflicht durchsetzen kann ist auch fraglich, da gehts ja auch um Persönlichkeitsrechte. Für eine Rechtsberatung diesbezüglich ist das hier aber der falsche Ort, da musst du dir einen Anwalt suchen. Lehrerverbände oder Gewerkschaften bieten so etwas ihren Mitgliedern an. Sehr wichtig ist aber auch die bereits angesprochene Absprache innerhalb der Schule. Alle Kolleg*innen und auch die SL müssen da an einem Strang ziehen und diese Maßnahmen konsequent durchsetzen, ansonsten kämpfst du auf verlorenem Posten. |
| Ich wundere mich... | | von: comk
erstellt: 25.08.2019 18:05:11 |
... darüber, wie selbstverständlich scheinbar an deiner Schule mit einer recht herben Kindeswohlgefährdung umgegangen wird! Mein Rat: - Anzeige beim Jugendamt wegen Kindeswohlgefährdung. Das Kind hat offensichtlich ein Problem (egal ob physisch oder psychisch) und die Eltern verweigern die notwendige Hilfe. - Schulpsychologie einschalten. Bei uns in Berlin können wir die Berater anfordern, die dann unseren Unterricht / Umgang mit den Kindern beobachten und Feedback zu geben. Dazu bedarf es in diesem Fall kein Einverständnis der Eltern. - Unterstützung bei Toilettengängen etc. fallen in das Aufgabengebiet eines Schulhelfers / einer Schulhelferin. Dies muss allerdings beantragt werden. Gibt es sowas bei euch? - Die Idee mit dem Anrufen finde ich gut - das würde ich an deiner Stelle konsequent durchziehen. Ein Kind in dem Alter, das nicht selbstständig zur Toilette gehen kann hat ein Problem und braucht Unterstützung! Da stimmt definitiv etwas nicht! Alles gute dir bei dieser schweren Aufgabe! |
| Ich gehe... | | von: mordent
erstellt: 29.08.2019 00:25:02 geändert: 29.08.2019 10:53:42 |
... von einer Entwicklungsstörung aus... Aber das muss ein Kinderarzt diagnostizieren. Mein (fast) Dreijähriger ist gerade ganz ähnlich... Macht in die Hose, verneint, dass er in die Hose gemacht hätte und will sich auch nicht ausziehen, geschweige denn danach wieder anziehen. Ich sehe hier für das Schulkind tatsächlich keine schnelle Lösung. Ich bin nun leider Biologe und habe mit Gerüchen und Fäkalien überhaupt keine Berührungsängste. Deshalb würde ich nur wahrnehmen, dass das Kind in die Hose gemacht hat, wenn ich an ihm röche wie an meinem Stiefsohn. Über die Verteilung des Geruchs im Klassenraum erst über Mitschüler oder sehr verspätet - bzw. wenn das Kind an die Tafel käme oder ich an seinem Platz vorbeikäme. Gegenüber den Mitschülern (und deren Eltern) hätte ich da überhaupt keinen Skrupel, absolute Rücksichtnahme und Toleranz einzufordern. Jeder Ansatz von Mobbing würde mit Vorankündigung aufs Härteste geahndet, was §90 SchG (in BaWü) da hergäbe. Vom betroffenen Schüler und dessen Eltern erwarte ich aber auch (per Konferenzbeschluss auch von der Schulleitung abgesichert), dass bis zu bestimmten Fristen Diagnosen gestellt und Möglichkeiten der Behandlung diskutiert wurden. Andernfalls würde die SL die Angelegenheit auch ans JA weitergeben und ggfs. auch die Nichtbeschulbarkeit des Schülers feststellen lassen, um ihm durch Aussetzen der Schulpflicht die nötige, vollzeitliche Behandlung zukommen zu lassen. Wenn ein entsprechendes Störungsleiden festgestellt würde, wäre möglicherweise eine Pflegestufe feststellbar, auf deren Basis der Schüler Anspruch auf eine pflegerische Schulbegleitung haben könnte. Diese würde ihn dann auf einer speziell eingerichteten Behindertentoilette mit Dusche umziehen, frisch wickeln und auch ggfs. waschen. Oder es gibt eine andere Lösung, soweit bautechnisch realisierbar, sonst eben in der Sportumkleide o. ä. Wenn die Eltern kein Problem damit hätten, würde ich das auch als Lehrperson machen, allerdings nicht während des laufenden Unterrichts, sondern nur in den Pausen. Der Klassenraum müsste also in bester Nachbarschaft dieser Behindertentoilette oder dem eingerichteten "Versorgungsbereich" sein, dass ich mit ihm schnell da hin kann, Windel/Hosen prüfen, ggfs. tauschen und schnell wieder zurück. Das Ganze natürlich nicht auf Freiwilligenbasis. Ich bin immer noch der Boss. Und wenn der Schüler möchte, kann er das gerne durch ein demokratisches Stimmungsbild der Klasse bekommen: Selbst die wenigsten Schüler/innen mit Windelgeschwistern fühlen sich bei Fäkalgerüchen wohl, also wird sicher stets eine Mehrheit dafür sein, dass er mit auf Toilette geht. Aber da gibt es ja im SchG juristische Grenzen, die übertreten wären, also ist die Versorgung durch die Lehrkraft ausgeschlossen. |
| Das ist ja unglaublich | | von: caldeirao
erstellt: 29.08.2019 10:23:48 geändert: 29.08.2019 10:29:07 |
und vorher wurde das ertragen???? Das kann ich gar nicht glauben. Da macht man sich mitschuldig. Ich kann diesen Geruch überhaupt nicht ertragen und müsste mich dann übergeben. Das ist unzumutbar und hat nichts mit Toleranz zu tun. Wenn gar nichts geht, wäre auch eine Idee mit dem eigenen Hausarzt zu sprechen, dass man den Geruch nicht ertragen kann und arbeitsunfähig ist. Dann gibt es bzgl. SL schon mal handlungsbedarf. Aus der Seele spricht mir hier comk. Ich würde auch alle Hebel bzgl. Kindeswohlgefährdung in Gang setzen. Des Weiteren möchte ich hier auch noch einmal das Thema sexueller Missbrauch hervor heben. Das ist ein typisches Symptom- ein Hilfeschrei (aber natürlich kein kausaler Zusammenhang). Wickeln, ausziehen, duschen darfst du das Kind gar nicht. Da kannst Du noch in Teufels Küche kommen bzgl. sexuellen Missbrauchs. Da können die Kinder dann Fantasien haben, bei denen sie nicht mehr auseinanderhalten, wer der Täter ist. Sie sind ja diesbezüglich traumatisiert und dass das der "geliebte" Mensch sein soll, verdängen sie aus Selbstschutz. Bzgl. der Eltern würde ich ohne Diskussion ganz klar sagen, dass das bei dir nicht passieren darf, dass Du im Falle der Fälle, das Kind nicht beaufsichtigen kannst und die Eltern es sofort abholen müssen. Wenn nicht muss die medizinische Hilfe her. Übrigens gibt es eine Rechtsstelle auch im Schulamt (oder wie das bei euch auch immer heißt) und einen Personalrat sowohl in der Schule als auch im Schulamt, die sich für deine Rechte und Arbeitsbedingungen einsetzen sollten. |
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