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Forum: "Unterrichtsstunde "Zustimmung zum Nationalsozialismus" Brauche noch gute Quellen"
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| Unterrichtsstunde "Zustimmung zum Nationalsozialismus" Brauche noch gute Quellen | | von: flow_1988
erstellt: 19.05.2014 19:22:06 |
Ein Hallo an die 4teachers-Community,
am 04.06. werde ich im Rahmen eines fachdidaktischen Tagespraktikums im Team unterrichten. Es ist eine neunte Klasse, Fach Geschichte, Gymnasium. Unsere Idee zum Thema „Zustimmung zum Nationalsozialismus“ wäre als Einstieg ein Bild Hitlers im offenen Wagen und eine ihm zujubelnde Menge zu zeigen. Dieses soll kurz beschrieben und besprochen werden. Anschließend soll eine kontrastierende Bildquelle oder ein kontrastierendes Zitat aufgelegt werden, welches eine ablehnende Haltung gegenüber Hitler ausdrückt. Von den SuS soll daraus die Frage entwickelt werden, wie groß die Zustimmung zu Hitler während des Nationalsozialismus wirklich war und welche Gründe für eine zustimmende und ablehnende Haltung vorhanden waren.
Wir haben bereits die erste Bildquelle herausgesucht, aber leider finden wir keine dazu kontrastierende Bildquelle, bzw. ein passendes, kurzes Zitat. Fällt euch da vielleicht etwas ein?
Anschließend werden wir in der ersten Erarbeitungsphase zwei Historikertexte bearbeiten lassen, welche zwei differente Meinungen abbilden. In der einen wird ausgesagt, es sei unmöglich die Zustimmung zu Hitler wirklich objektiv herauszuarbeiten, unter Anderem aufgrund der fehlenden Öffentlichkeit, der andere Darstellungstext wird das Gegenteil behaupten. Hierdurch sollen die SuS vermittelt bekommen, dass es auch in der Wissenschaft eine sehr schwierig zu beantwortende Frage ist, wie stark die Zustimmung zu Hitlers Politik wirklich gewesen ist.
Daraufhin sollen die SuS Antworten darauf finden, aus welchen Quellen man letztlich einige Einblicke in die Zustimmung und Ablehnung zur NS-Diktatur ziehen kann. (Tagebucheinträge, Aussagen im privaten Rahmen, Deutschandberichte der Exil-SPD, „Nachrichten aus dem Reich“, etc. pp.).
Wenn die SuS hierauf gekommen sind, sollen sie in mehreren Gruppen verschiedene Quellen erarbeiten. Beispielsweise eine Quelle eines Arbeiters, welcher dem Regime ablehnend gegenüber steht, ein anderer, welcher dieses stützt. Dasselbe mit beispielsweise Industriellen, Geistlichen, älteren und jüngeren Menschen. Um hier durch verschiedene soziale Milieus und Altersgruppen multiperspektivisch zu arbeiten und so die verschiedenen Gründe für eine zustimmende bzw. ablehnende Haltung zu finden. Hier haben wir das Problem, dass wir noch nicht viele geeignete Quellen gefunden haben, insbesondere was die Zustimmung anbelangt. Hat vielleicht jemand für uns einige Tipps, wo wir noch passende Quellen hierzu finden können? Wir haben bereits einige Schulbücher und auch „Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellungen“ durchgearbeitet, einiges gefunden, aber noch nicht ausreichend viele Materialien.
Für den Abschluss der 60 minütigen Stünde werden wir ein Zitat auflegen, welches aus der heutigen Zeit stammt und den Nationalsozialismus verharmlost und damit implizit (zumindest in Teilen) zustimmt. Dieses Zitat soll dann im Hinblick auf Kontinuitäten und Veränderungen in der Zustimmung aus früherer und heutiger Sicht erarbeitet und letztlich eine Antwort hierauf von den SuS verfasst werden, auf der Grundlage des in den Stunden zuvor und in dieser Stunde erarbeiteten Wissens.
Unser Problem ist ist, dass wir für den Einstieg bis dato keine geeignete zweite Bildquelle bzw. ein kontrastierendes Zitat gefunden haben, welches kurz und prägnant die Problemstellung verdeutlichen soll. Weiß da vielleicht jemand etwas Gutes?
Ein zweites und noch gravierenderes Problem ist, dass wir zwar schon die ein oder andere Quelle finden konnten, aber noch nicht quantitativ und qualitativ genügend Material gefunden haben. Wenn jemand hier noch Quellen hätte, oder auch weiß, wo noch gute Quellen zu finden sind, wären wir euch unendliche dankbar!
Beste Grüße, Flow |
| Differenzierte Zustimmung/Ablehnung zu Hitler/Nationalsozialismus | | von: halb27
erstellt: 20.05.2014 19:08:01 geändert: 20.05.2014 19:47:48 |
Hallo flow,
Also Quellen kann ich leider nicht benennen, aber mir ist bei Deinen Ausführungen aufgefallen, dass Du Zustimmung/Ablehnung zu Hitler mit Zustimmung/Ablehnung zum Nationalsozialismus einigermaßen gleichsetzt.
Ich habe mich vor einigen Jahren ziemlich intensiv mit Deinem Thema auseinandergesetzt, wobei ich aufgrund meiner Erfahrungen mit älteren Menschen, die die Nazizeit erlebt hatten, davon ausgegangen bin, dass die meisten Zeitgenossen seinerzeit Hitler-freundlich gesinnt waren. Und ich wollte wissen, wieso das so war.
Eine der Erkenntnisse aus meinen Recherchen ist, dass die meisten Deutschen
a) Hitler verehrt haben (wegen der echten und vermeintlichen großen Erfolge von 1933 bis in die ersten Kriegsjahre hinein, die das Lebensgefühl, das nach der Weltwirtschaftskrise und dem Versagen der Weimarer Republik samt bürgerkriegsähnlichen Zuständen am Boden lag, wieder aufgerichtet haben)
b) die lokalen Nazi-Bonzen gehasst haben (weil deren Treiben der Bevölkerung transparent war)
c) der nationalsozialistischen Ideologie gegenüber differenzierte Einstellungen hatten. Die Nazis hatten beispielsweise direkt nach der Machtübernahme begonnen, jüdische Geschäfte zu boykottieren. Dies führte zu so starken Verstimmungen in der Bevölkerung, dass diese Aktivitäten beendet wurden. In späteren Jahren war die Macht der Nazis aber so gefestigt, dass eine offene Auflehnung gegen die dann wiederaufgelegten gegen Juden gewandten Aktivitäten praktisch nicht mehr möglich war.
Häufig habe ich von Zeitzeugen gehört, dass gesagt wurde: 'Wenn das der Führer wüsste!'. Diese Aussage bringt sehr schön zum Ausdruck, dass man mit bestimmten Nazi-Aktionen nicht einverstanden war, diese Aktivitäten aber untergeordneten Nazi-Verantwortlichen zuordnete und von denen man Hitler unterstellte, dass er sie nicht billigen würde.
'Die Deutschen' wollten auch definitiv nicht den zweiten Weltkrieg. Hingegen nahm man an, dass Hitler seine außenpolitischen Ziele friedlich erreichen würde, wie es bis zum Ausbruch des Krieges auch immer geschehen ist und wie Hitler es in der Öffentlichkeit auch behauptete. Das ist höchst bemerkenswert, denn ich habe 'Mein Kampf' gelesen, und danach wollte Hitler klar den Krieg im Osten. ('Mein Kampf' bekamen alle frisch Vermählten auf dem Standesamt; gelesen haben das Buch wohl nur wenige).
Interessant ist auch, dass die eben noch kriegsmüden Deutschen nach dem überaus erfolgreichen Frankreich-Feldzug und den Erfolgen im Osten schon fast wieder kriegsbegeistert waren, vor allem die Jüngeren, die den 1. Weltkrieg nicht miterlebt hatten.
Überraschend ist auch die tatsächliche Ausprägung von Rassismus unter den Deutschen der Nazi-Zeit. Wilhelm Kube, der Generalkommissar für Weißrussland, ist für mich das frappanteste Beispiel. Kube war u.a. für die Errichtung der jüdischen Ghettos in Weißrussland verantwortlich und wusste sicherlich, dass unter den Lebensbedingungen der Ghettos die Juden dem Tod näher waren als dem Leben. Man darf annehmen, dass sich seine diesbezüglichen Gewissensbisse in Grenzen hielten. Aber: Kube verhalf einem deutschen Juden zur Flucht!
Rassismus gegenüber Juden unseres Kulturkreises gab es unter den Deutschen eher wenig. Der Rassimus gegenüber den slawischen (Untermenschen!-)Völkern war wohl hingegen weit verbreitet, insbesondere gegenüber slawischen Juden.
Ein anderer differenzierender Aspekt ist, wie alt die Deutschen in der Nazizeit waren. Jugendliche haben hier eine prägende Zeit erlebt, was die Nazis ja auch reichlich ausnutzten. Seinerzeit Jugendliche dürften allen Aspekten des Nationalsozialismus gegenüber wesentlich aufgeschlossener gewesen sein als Erwachsene, vor allem, wenn letztere den Ersten Weltkrieg erlebt hatten.
Für heutige Jugendliche ist m.E. die Erkenntnis wichtig, dass wir alle und besonders Jugendliche jederzeit anfällig für vermeintlich Großartiges sind! Wären wir 1934 ein 14-jähriger Hitler-Junge (oder BDM-Mädchen) gewesen, wären wir alle mit hoher Wahrscheinlichkeit Hitler und dem Nationalsozialismus gegenüber positiv gesinnt gewesen. Dass dies heute so absurd erscheint, liegt nur daran, dass wir im Nachhinein natürlich mehr über die Nazizeit wissen als die Jugendlichen in 1934, und dass die damals gültigen Werte heute ziemlich lächerlich wirken.
Insofern hat Kohl recht gehabt, als er von der 'Gnade der späten Geburt' sprach. |
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