Hey,

zuerst einmal das kurze vorgeplänkel: Ich gebe seit über 20 Jahren Nachhilfe in Mathematik und es verbessert sich auch jeder Schüler und hat wieder Spaß an Mathematik.

ABER:

ich habe vor ca. einem Jahr einen Schüler in Mathematik aufgenommen. Aufgrund von Corona wurde von Anfang an Online unterrichtet. Ich habe gemerkt, dass es viele Lücken gab und versucht diese zu schließen. 

Wir haben Aufgaben gerechnet (diese konnte er) und sobald die Mathearbeit kam gab es wie üblich ne 5 oder ne 6. Im Oktober wurde mir von seiner Seite aus gesagt, er kann das Thema und braucht keine Nachhilfe. Dann kam der Test Ende November mit einer 6 zurück und auf einmal war ich wieder aktuell... Wir haben gelernt und er konnte es. In der Klassenarbeit gab es wieder eine 6. Hatte zuerst auf Blockaden getippt, diese gibt es laut seiner Aussage nicht.

Ich bin gerade völlig überfragt. Seinen Kumpel in der gleichen Klasse habe ich auch und der hat nachdem ich so intensiv mit ihm gearbeitet hatte im gleichen Thema eine 2+ geschrieben.

Ich bin gerade irgendwie total ratlos. Egal was ich mache und versuche es wird nicht besser. Nun hab ich ihn gefragt, was ihm helfen würde. Weder von ihm noch von seiner Mutter kommt eine Antwort außer "Ich weiß nicht"

Wie soll ich reagieren? Kann ich überhaupt noch irgendetwas machen? 

Danke fürs zuhören. 

                                           Hallo,

als Pädagoge würde ich nun auf Prüfungsangst tippen, denn all das, worüber du berichtest, trifft auf die Kriterien der Prüfungsangst zu. Wenn er tatsächlich Prüfungsangst hat, kann er zwar rein theoretisch die Themen, aber in der Klausur fühlt er sich dann so unter Druck gesetzt, wodurch in seinem Gehirn eine Blockade entsteht und in diesem Augenblick dann unfähig ist, die Aufgaben zu lösen. Du solltest ihn mal wirklich auf Prüfungsangst ansprechen. Außerdem gibt es auch entsprechende Schüssler-Salze gegen Prüfungsangst, die dein Schüler vor der Klausur einnehmen könnte, wodurch die Angst unterdrückt wird und in Ruhe die Aufgaben lösen kann.

                                          Beste Grüße

Hey,

danke. Das mit der Prüfungsangst hatte ich auch schonmal vermutet und ihn drauf angesprochen. Das hat er vehement verneint, er sagt er fühle sich gut vorbereitet und die Aufgaben hätten ein anderes Level von der Schwierigkeit. Was ich leider absolut nicht nachvollziehen kann. 

Ich kann gerne nochmal versuchen mit ihm zu reden. Nur habe ich jetzt leider das Gefühl nach der letzten Note hat er dichtgemacht. Er glaubt das wird nix mehr. 

Komme mir gerade völlig hilflos vor. Er will und kann nicht. 

Das mit den Schüßler Salzen werde ich mal vorschlagen, danke für den Tip.

Viele Grüße 

Alice

hat das meinen Lernenden sehr geholfen:

Natürlich hatten sie gelernt, konnten nahezu alles und dann...  

Also haben wir gemeinsam die Situation durchgespielt:

Augen zu (nein, nicht durch!), sondern uns den (Prüfungsraum) ganz genau in Gedanken angesehen. Wo steht oder hängt etwas, wo sind die Fenster, scheint Sonne herein, wie ist die Schattenwirkung bei Sonneneinstrahlung, wie riecht es in dem Raum, wie fühlt sich der Tisch an, der Sessel, ist der Sessel passend in der Höhe, ... ) also jedes Detail des Raums. Dann wurde der Raum beschrieben und so die Bedenken diesbezüglich minimiert.

Und gemeinsam wurde vor der Arbeit der von den Lernenden selbst erarbeitete und oft wiederholte Satz gesprochen: "Ich habe mich gut vorbereitet, ich kann das daher!"

Vielleicht eine hilfreiche Anregung? Grade, weil nicht der (ohnehin beherrschte) Stoff im Vordergrund steht?

Auf jeden Fall wünsch ich dir und deinen Lernenden viel Erfolg!

dafyline

Habe Schülern öfters zu einem Stück Schokolade bzw einen Traubenzucker geraten.

Hat wirklich einigen geholfen.

Und natürlich zu den Sätzen:Ich habe gelernt, daher kann ich es auch.

Hatte nur einen Schüler, der wollte unbedingt durchfallen, damit er Mechaniker lernen kann. Dem war natürlich nicht zu Helfen.

Hi.

In welcher Klassenstufe ist der Schüler?

Hast du den Eindruck, er kann die Aufgaben wirklich selbständig lösen?

Kann er dir laut sprechend sagen, was er tut?

Kann er z.B. in einer fehlerhaften Aufgabe den Fehler finden?

Wie sind die Aufgaben in den Klassenarbeiten gestellt? Sehen dort die Aufgaben anders aus?

Wenn es überall keine Auffälligkeiten gibt, würde ich den Eltern raten, dass sie sich an die Schulpsychologie wenden sollen. Man kann auch Tests hinsichtlich Schulangst/ Prüfungsangst machen (lassen) oder eben zur Dyskalkulie, wobei es da länderspezifische Anerkennung (und Grenzen) gibt.

LG,

Palim

hey,

also er ist jetzt in der 10. Klasse. Bei mir kann er die Aufgaben und Lösungswege erklären und auch rechnen.

Er kann Fehler in den Aufgaben finden. Die Aufgaben sehen in den Klassenarbeiten zu 90% gleich aus. 

Er bestreitet, dass er Prüfungsangst hat. In allen anderen Fächern hat er bessere Noten. Ich glaube seine Mutter will das nicht hören mit Dyskalkulie.

Das Visualisieren wird nicht möglich sein, er lässt mich gar nicht soweit über die Klassenarbeit sprechen. Er blockt ja gleich ab, will nicht drüber reden und dann mag ich nicht bohren.

Und jetzt reagiert seine Mutter auch nicht mehr auf Nachrichten von mir. Hatte mit ihr das Gespräch gesucht, um über die Situation zu sprechen.

Bin kurz davor einfach nur noch abzuwarten, ob da noch etwas kommt oder er nicht mehr will. 

Ich danke euch für jeden Vorschlag. Die Vorschläge würden sicher helfen, wenn er es will. Doch glaube ich fast, dass er nicht mehr will.

Gegen seinen Willen (und den der Mutter) kann man Niemandem helfen (Ich weiß: das ist eine Binsenweisheit), wenn der Leidensdruck nicht groß genug ist. Das mußt Du wohl oder übel akzeptieren. Für mich stellt sich nun aber die Frage, inwieweit dann Nachhilfe überhaupt noch sinnvoll ist. Eigentlich kannst Du nichts bewirken. Und das solltest Du auch zum Ausdruck bringen. Dies ist ein Gebot der Fairneß - auch Dir selbst gegenüber.

LG  

Hesse

schon einen Schüler in einer 9. Klasse, der absichtlich 6er geschrieben hat, weil er unbedingt vom Gymnasium weg und in die Realschule wechseln wollte. Da steckte auch ein Konflikt seiner Eltern (in Scheidung) mit dahinter, denen er damit Aufmerksamkeit abgetrotzt hat. Das Resultat war ein Zeugnis mit Notenschnitt 5,5 und der gewünschte Schulwechsel. Ob es ihm geholfen hat, weiß ich nicht.

Was genau mit deinem Schüler los ist, weiß er höchstwahrscheinlich nicht einmal selber oder er will es dir einfach nicht sagen. Für dich kommt das aufs Selbe raus - du kannst ihm mit deiner fachlichen Nachhilfe nicht mehr helfen.

... auf Anhieb die gleiche Vermutung gehabt, wie fruusch ... dass er in den anderen Fächern bessere Noten hat, passt allerdings nicht so ganz dazu  

Ansonsten bin ich bei Hesse, der Einsatz muss nicht von dir, sondern in erster Linie von den Eltern und dem Schüler selbst kommen! Du hast wirklich viel dafür getan!   ... und dieses Hin und Her, mal ohne, mal mit Nachhilfe, wie es ihnen grad in den Kram passt, würd ich, ehrlich gesagt, eh nicht mitmachen  

Ich kenn mich da zwar nicht so gut aus, aber wäre eine echte Dyskalkulie nicht wahrscheinlich schon wesentlich früher diagnostiziert worden?

Also ICH war etwa ab der 8. Klasse ziemlich schwach in Mathe, weil ich irgendwelche wichtigen Basics bis dahin nicht richtig gelernt hatte; diese hätte man vielleicht mit rechtzeitiger Nachhilfe noch gut aufarbeiten können, doch wenn zu viele Grundlagen fehlen, wirds einfach schwierig...