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Forum: "Gymnasium - 2.Fremdsprache"
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| . | | von: elceng_th2
erstellt: 18.01.2009 04:43:57 geändert: 18.01.2009 05:02:38 |
Ich hatte zur 11. Klasse die gleiche Entscheidung zu treffen, welche 2. Fremdsprache ich für das Abitur anfangen wollte. Am liebsten hätte ja eine weitere Sprache der germanischen Sprachgruppe gemacht, Isländisch oder sowas, oder eine Sprache ganz weit weg vom Indogermanischen: Japanisch!
Das gab es natürlich alles nicht. Die Pest hieß Französisch, die Cholera Russisch. Ich wählte völlig lehrergetrieben und mit Blick auf das dämliche kyrillische Alphabet Französisch aus.
Wie man schnell merkt, nimmt sich der Lernaufwand nichts mit dem Russischen. Nach dem Abitur bekam ich nie Gelegenheit, die Kenntnisse anzuwenden, so daß alles verfiel. Aber wirklich alles. Ich kann heute nichtmal mehr "sein" beugen. Und das hebt mich an, wie die letzte Wasserstandsmeldung vom Nil. Ironischerweise könnte ich gegenwärtig Russisch sehr gut gebrauchen, da die Hälfte meiner US-Arbeitskollegen aus der Sowjetunion stammen. Und wenn's auf Englisch klemmt, da bringt es der Kasache gegenüber dem Ukrainer eben auf Russisch zum Ausdruck, während der Moldawier sich über den Akzent des Kirgisen amüsiert.
Russisch ist in bezug auf die Arbeitswelt sicherlich die bessere Wahl. Frankreich hat alle Kolonien verloren und besitzt nur irrelevante Überseeterritorien. In Rußland respektive der GUS schlummern aberwitzig viele Bodenschätze und mit dem Ende Putins werden sich die Spannungen wieder geben, so daß das Land zurück auf Kurs kommt. Französisch als die international anerkannte Sprache der Diplomatie ist ebenfalls lange vom Tisch. Gott sei Dank.
Im Vgl. zu Russisch ist Französisch aber leichter zugänglich, hat für den deutschen Muttersprachler jedoch ziemliche Macken zu bieten. Weniger was Flexion anbelangt, die ist naturgemäß im Deutschen unübertroffen, sondern eher in grammatischen Absonderlichkeiten, bspw. gewisse Adjektive HINTER das Substantiv zu schieben - lächerlich!, oder das Zahlensystem - beknackt hoch 10.
Das Hörverständnis ist für den Anfänger ebenfalls ein Problem. Während ich ohne Probleme verstehen kann, wenn der eine Ukrainer seinen Landsmann "Le-njid", also klarerweise Leonid, nennt, so pappt das Französische dermaßen aneinander, daß der Anfänger kaum eine Chance hat, mitzubekommen, wo Wörter beginnen, wo sie aufhören und wo eine Auslassung stattgefunden hat.
Im Film The Matrix Reloaded fiel sinngemäß der Spruch, daß selbst das französische Fluchen klänge, als wischte man sich den Arsch mit Seide ab. Das stimmt.
Darüber hinaus ist man ständig mit dem typischen Klangphänomen einer romanischen Sprache konfrontiert; die Leute plappern und plappern und plappern Silbe auf Silbe (Vgl. Italienisch oder Spanisch!), und dann heißt es "Das Wetter war nicht schön."
Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich Russisch wählen, allerdings nur mit dem passenden Lehrer, denn der Trottel damals war indiskutabel und sorgte im Russischkurs für indiskutable Notenpunkte.
Egal, ob das Kind schließlich Französisch oder Russisch machen wird, jedenfalls besser als der Quatsch namens Latein, der sich noch immer an Gymnasien tummeln darf.
Wenn schon eine romanische Sprache, dann wenigstens Spanisch oder Portugiesisch.
Zugegebenermaßen hat mich Französisch nie so begeistert, was der Hauptgrund für meine extrem steile Vergessenskurve war und oft nervt es mich, daß die Normannen nach 1066 (Hastings!) das Altsächsische (Altenglische) dermaßen zerrütten konnten...
Tschüß
P.S. Achso, nicht unerwähnt sollte bleiben, daß Französisch mit Sicherheit für die besseren Abiturnoten sorgen wird.
P.P.S. In den dritten Programmen läuft regelmäßig sowas ähnliches wie Telekolleg; "Wir lernen Russisch" heißt das glaube ich. Ein bißchen alt, aber gut gemacht!
P.P.P.S. Im Internet findet sich ein dickes pdf-Machwerk, daß das Erlernen der französischen Sprache ganz von Anfang an ermöglicht. Das Konzept ist unkonventionell und viel interessanter als der typische Sprachunterricht: Die Grundlagen werden ausnahmslos über Themen wie Beziehung, Liebe, Sex einschließlich entsprechenden Wortschatzes vermittelt. Es liest sich nicht nur lustig, sondern ist genauso erfrischend. Nicht entfernt zu vergleichen mit dem Cornelson-Scheiß, Seite blabla, Lektion blablabla. |
| . | | von: elceng_th2
erstellt: 18.01.2009 17:37:17 geändert: 18.01.2009 17:42:35 |
Wo jedoch bleibt bei euch die Basis-Sprache Latein? Da diese Kenntnisse in vielen Studiengängen benötigt und mit 5 Lernjahren nachgewiesen werden müssen, verwundert es mich schon, dass Latein nicht wenigstens angeboten wird.
Wofür soll bitte Latein die Basissprache sein?
Ich darf erinnern, daß wir nicht mehr im 18. Jahrhundert leben (obwohl das Schulsystem nicht viel moderner als 18. Jahrhundert ist).
Das Gerede von wegen Latein sei hilfreich, um eine romanische Sprache zu lernen, ist höchstfragwürdig. In meinem Freundeskreis an der Uni finden sich mehrere Geisteswissenschaftler und die können den Latein-Mythos in keinster Weise bestätigen. Gute Grammatik lernt man immer noch in gutem Deutschunterricht. Andernfalls, wenn also Latein als die ach so tolle Grammatikschule für Kinder herangezogen wird, würde ich mir ernsthafte Gedanken über die Qualität und den fachlichen Anspruch des Faches Deutsche Sprache gönnen.
Und wo werden denn bitte Lateinkenntnisse "benötigt"?
Richtig, nirgends. Kein Studiengang in Deutschland hat republikweit irgendwelche Zugangsvoraussetzungen in bezug auf Latein.
Und wo "müssen" denn bitte Lateinkenntnisse "nachgewiesen" werden?
Richtig, nirgends. Nicht einmal im Studiengang Medizin - und das gilt für die Alten Bundesländer seit inzwischen über 30 Jahren !!! - ist Latein eine Voraussetzung. Das, was der Student tatsächlich braucht, kann er sich in kurzen Intensivkursen während des Grundlagenstudiums oftmals sogar als im Stundenplan verankerte Lehrveranstaltungen besser aneignen denn dafür viele Wochenstunden in der Schule in Latein zu verschwenden, die besser in Deutsch, Mathe, Physik und Chemie aufgehoben sind. Und nicht zu vergessen: Für das Medizinstudium wäre Altgriechisch viel, viel, viel wichtiger statt Latein.
Das Argument des Gebrauchtwerdens der lateinischen Sprache ist eine Sichtweise für das Reich der Mythen und Legenden.
Und wo bitte??? Interessiert mich sehr.
Das kann ich Dir nicht sagen. Ich hatte zu der Zeit eine belgische Freundin und wollte mein Französisch wieder auffrischen, besonders mit "in Beziehungen nützlichen Begriffen" und stolperte nach langer Suche auf das pdf. Ich hoffe, ich habe es gespeichert. Wenn Du möchtest, durchsuche ich meine Archive und versuche, das Ding zu finden.
Gefunden hatte ich es damals über die Suche der französischen Redewendung für *räusper* [euphemisiert] "Oralverkehr" (faire le pompier).
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| Zurück zum Thema | | von: bumblebee79
erstellt: 18.01.2009 19:46:32 |
Ich kann mich Timo nur anschließen. Die Hürde des kyrillischen Alphabets haben die Schüler nach wenigen Wochen genommen, dafür haben sie in der Regel ein bißchen Schonfrist, bis man zu den handfesten Grammatikthemen kommt. Ich habe in der Schule sowohl Russisch als auch Französisch gelernt und festgestellt, dass beide Sprachen ihre Schwierigkeiten haben, und keine leichter als die andere ist.
Vom Motivationsgrad ist es tatsächlich so, dass Schüler häufig das Gefühl haben, mit französisch eher etwas anfangen zu können, weil Frankreich uns oft nicht nur geographisch etwas näher ist. Das hängt aber auch mit davon ab, welche Sprachkontakte die Schule noch so anbietet. Gibt es zum Beispiel einen Schüleraustausch mit Russland, auf dem die Schüler ihr Wissen anwenden könnten?
Ansonsten kann ich als Russischlehrerin natürlich nur für Russisch plädieren. Die Sprache ist wunderschön, nicht so schwierig, wie alle immer denken, und wird sicher auch in Zukunft überall gebraucht werden.
Liebe Grüße, bumblebee
PS: Warum man mit französisch ein besseres Abi machen soll, bleibt mir irgendwie völlig unklar... |
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