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Forum: "Rechtschreibung: Schärfung"

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Rechtschreibung: Schärfungneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: ricca Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 01.05.2016 23:29:30

Huhu...
Vielleicht könnt ihr mir helfen.

Gibt es eine Vorgehensweise, wie ich jemandem, der Probleme hat
lange und kurze Vokale zu hören, dies vermitteln kann?

Danke für Input!


Am besten vermeidet man in solchen Fällen,neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: halb27 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 02.05.2016 00:12:18 geändert: 02.05.2016 13:54:45

von kurzen und langen Vokalen zu sprechen.
Auch sachlich ist die Vorstellung von langen und kurzen
Vokalen fragwürdig. Ist das 'o' in 'Wort' kurz oder lang?
Hebt man tatsächlich auf die Sprechlänge ab, müsste man es
als langen Vokal bezeichnen. Es ist aber klar der offene o-
Laut, den wir 'kurzes o' nennen. Tatsächlich handelt es
sich beim kurzen und langen 'o' um unterschiedliche Laute,
die auch in der Lautschrift unterschiedlich dargestellt
werden. Man braucht nur 'wo' und 'Wort' zu vergleichen, um
das zu erkennen.
Ähnliches gilt für das kurze und lange i. Beim langen i
wird der Mund in die Breite gezogen ('tief'), beim kurzen i
('spitz') nicht, und die Tonhöhe ist auch höher.

Behandlung ie:
Am besten über Silbieren:
Zie ge: endet die Silbe mit einem i-Laut: ie.
Das lässt sich bestens automatisieren.

Behandlung Konsonantenverdopplung:
Ebenfalls über Silbieren: Him mel.
Motivieren über vorgegebene verschriftete Wörter, unter die
das Kind die Silbenbögen malt. Die Kinder machen das
intuitiv richtig. Danach das Kind entsprechende
vorgesprochene Wörter silbieren lassen mit klarer Pause
zwischen den Silben, so dass man bei beiden Silben den
Konsonant deutlich hört.
Muss eingeübt werden, weil das sprechtechnisch nicht
zwingend ist. Klappt mit Übung aber gut. Wörter mit 'tt'
zunächst vermeiden. Nach meiner Erfahrung stellen diese
Wörter am ehesten ein Problem dar für die gewünschte Art
des Silbierens.

Sehr gut bewährt beim Automatisieren hat sich das
Sprechschreiben der FRESCH-Methode in dieser Form:
a) der Schüler spricht die 1. Silbe
b) danach (!) schreibt er die 1. Silbe
c) der Schüler spricht die 2. Silbe
d) danach schreibt er die 2. Silbe
Das ist generell eine gute Methode, ein bewusst-
konzentriertes Schreiben zu fördern.

Dehnungs-h:
Es gibt hier keine sinnvoll nutzbare Rechtschreibstrategie.
Jegliche einigermaßen korrekte Strategie ist viel zu
kompliziert, um in der Praxis wirksam sein zu können. Die
Wirkung auf leistungsstarke Schüler ist Null. Die Wirkung
auf leistungsschwache Schüler ist die, dass sie danach nach
dem Zufallsprinzip viel zu viele stumme 'h's schreiben.
Besser als Lernwörter behandeln, in Salami-Taktik, weil
sonst auch Übergeneralisierung droht. Man vermittelt z.B.
jeweils nur eine einzige Signalgruppe wie 'ahr / ähr'.

Einsilber:
Man stellt einen Bezug zu einer zweisilbigen Wortvariante
her. Bei einsilbigen Verbformen ('er kommt') durch die
entsprechende wir-Form ('wir kommen'). Das lässt sich gut
automatisieren, weil die entsprechende Wortstruktur
(Wortstamm+'t') sich gut als Rechtschreibtrigger im
Schreibfluss eignet.
Das funktioniert analog bei Nomen (zweisilbigen Plural
bilden) und Adjektiven (Steigerung bilden), jedoch ist die
Wirkung als Rechtschreibtrigger im Schreibfluss fragwürdig.
Immerhin kann das Prinzip beim Lernen als Lernwörter wie
eine Eselsbrücke hilfreich sein.




Das Problemneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: ricca Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 02.05.2016 09:51:07 geändert: 02.05.2016 13:01:11

...ist, dass sogar die Lehrwerke von langen und kurzen Vokalen sprechen.

Bei dem Schüler liegt das Problem beim tz...
Es handelt sich um eine Familie mit Migrationshintergrund und er hört die
Unterschiede nicht.


auf jeden Fallneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: ricca Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 02.05.2016 12:57:44

Schon mal danke für deine ausführliche Antwort!


Auch wenn ...neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: halb27 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 02.05.2016 13:14:37 geändert: 02.05.2016 14:04:49

ich recht negativ über das Konzept der langen und kurzen
Vokale geschrieben habe, möchte ich es keineswegs
verteufeln.
Es hat für viele Schüler durchaus Vorteile.

Ich bin kein Lehrer, sondern fördere an meiner heimatlichen
Grundschule alle Kinder in allen Klassen in Mathematik
(Schwerpunkt: Klassen 1-2) und Rechtschreibung
(Schwerpunkt: Klassen 3-4). Das Tolle an meiner speziellen
Situation ist, dass ich die Kinder und ihre Probleme in den
unterschiedlichsten Klassen erlebe. Inzwischen sehe ich die
Zusammensetzung einer Klasse so: das Gros der Kinder in
jeder Klasse sind Selbstlerner, jedenfalls an einer Schule
wie meiner mit einem schulisch eher unproblematischen
Einzugsgebiet. Selbstlerner meint, dass die Kinder beim
Lernen nur wenig Unterstützung benötigen. Die Anforderungen
an die Qualität der didaktischen Konzepte sind zum Glück
für diese Kinder ziemlich unbedeutend. Die Persönlichkeit
der LehrerIn hat den größeren Einfluss auf den Lernerfolg
der Kinder. In jeder Klasse gibt es aber auch Kinder - ich
nenne sie Lernkinder - die sich beim Lernen sehr anstrengen
müssen. Da habe ich leider feststellen müssen, dass viele
gebräuchlichen didaktischen Konzepte für diese Kinder
suboptimal bis ausgesprochen schlecht sind. Das betrifft
nicht nur neue in Mode geratene Konzepte (wie die völlig
überzogene Erwartungshaltung an die Reflexionsfähigkeit von
Erst- und Zweitklässlern), sondern auch alt-"bewährte"
Vorgehensweisen. Ich habe lange gebraucht, mich selbst
davon zu lösen, und bin seitdem erstaunt, mit welcher
Selbstverständlichkeit praktiziert wird, was offensichtlich
bei vielen Kindern nicht funktioniert.

Insofern bedaure ich es sehr, dass LehrerInnnen in
Ausbildung und Praxis (und das bezieht sich hauptsächlich
auf Lehrbücher und Unterrichtsmaterialien) nicht primär mit
robusten didaktischen Konzepten konfrontiert werden, die
auch für Lernkinder wirksam sind.

Wenn ich Lehrer wäre, würde ich die Thematik 'kurze und
lange Vokale' durchaus behandeln, weil sie für viele Kinder
(in vielen Klassen wahrscheinlich die meisten Kinder)
hilfreich ist.
Ich würde mich aber auf keinen Fall darauf beschränken. Ich
würde bereits im ersten Schuljahr, sobald Silben behandelt
sind und die Silbensegmentierung einigermaßen beherrscht
wird, mich als praktische Anwendung auf die ie-Schreibung
von Zweisilbern stürzen wie beschrieben und diese
automatisieren, so dass sie von allen beherrscht wird.
Wenn das einigermaßen klappt, würde ich die
Konsonantenverdopplung einführen und automatisieren mit
Beispielwörten zu 'ie' und 'i'+Konsonantenverdopplung.
An 'meiner' Schule' werden im 2. Schuljahr
Lernwörterdiktate geschrieben. Da ist es von großem
Vorteil, wenn die ie-Schreibung und die
Konsonantenverdopplung von Zweisilbern bereits beherrscht
wird. Denn dann bräuchten die Kinder dies nicht bei jedem
Lernwort mitlernen, da sie es grundsätzlich beherrschten.
Sie können sich auf die wortspezifischen Besonderheiten
konzentrieren. Real habe ich in der 2. Hälfte einer 2.
Jahrgangsstufe erlebt, dass die Kinder bei einem
Wiederholungsdiktat zu bereits gelernten Wörtern massenhaft
'Spiegel' ohne 'ie' geschrieben haben. Das muss nicht sein!

Ich hab' leicht reden (stimmt nicht ganz: das waren auch
bei mir langwährende Prozesse):
Im Umgang mit Lehrbüchern: es ist relativ einfach, für
bestimmte Schüler unpassende Aufgaben einfach zu streichen.
Es ist schwer (aber möglich), für die Lernkinder passende
Konzepte zu erarbeiten und umzusetzen. Traurig, dass der
offizielle Schulbetrieb trotz allen Radaus ("Keiner bleibt
zurück") wenig dafür tut und mit praxisfernen Ansprüchen
(Inklusion unter den gegebenen Rahmenbedingungen) dem
entgegenarbeitet.

Jetzt erst habe ich deine Detail-Aussagen gesehen.
Bezüglich Schülern mit einem mündlich-sprachlichen
Hintergrund fern des Deutschen habe ich keinerlei
Erfahrung. Die Schüler an meiner Schule mit
Migrationshintergrund sprechen so gut oder schlecht deutsch
wie die die urdeutschen Schüler auch.

Wenn es nur um das 'tz' geht, würde ich das als Lernwörter
behandeln.
Für Lernwörter ist eine Klassifizierung nach Signalgruppen
hilfreich (so es nichts Besseres gibt). Man kann
beispielsweise zunächst die Signalgruppe 'atz' vermitteln,
d.h. Wörter, in denen 'atz' vorkommt. Danach kann man die
Signalgruppe 'etz' lernen lassen, usw.


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