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Forum: "Was braucht man nicht fördern?"

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Was braucht man nicht fördern?neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: halb27 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 20.08.2017 10:35:37 geändert: 20.08.2017 11:07:41

Ich fördere seit einigen Jahren Kinder meiner heimatlichen Grundschule in Mathematik und Deutsch und fühle mich inzwischen methodisch/didaktisch ziemlich fit (und freue mich trotzdem noch jedes Mal, wenn ich Verbesserungsmöglichkeiten finde).

Was ich noch lernen muss, ist, wie ich mich möglichst gut organisiere. Und das betrifft vor allem eine für mich wichtige Frage: was muss man eigentlich fördern? Natürlich ist es grundsätzlich gut, möglichst früh jegliches ernsthaftes Defizit zu beseitigen, aber das ist ja ein frommer Wunsch.

Ich spreche gerne von Schwerpunktbildung (und habe das in letzter Zeit hier häufig bezüglich des regulären Unterrichts getan), aber für meine Förderung gilt das natürlich erst recht. Und ich bilde schon lange Schwerpunkte. In Mathematik helfe ich den Kindern beispielsweise nur in Ausnahmefällen bei Übungsformaten, die nicht die Kernfertigkeiten einüben (wie z.B. Zahlenmauern) oder die nach meiner Überzeugung in keiner Weise hilfreich sind (wie der Umgang mit dem Hunderterfeld). 
In Mathematik kann ich - bilde ich mir ein - die Frage nach den Fördernotwendigkeiten ziemlich gut beantworten, aber selbst da gibt es weiße Flecken. Was ist mit dem zählenden Rechnen beim Zehnerübergang? Wenn es um das Rechnen ohne Zehnerübergang geht, empfinde ich es als wesentlich, die Kinder im 1. Schuljahr zum nicht-zählenden Rechnen zu bringen. Bislang tue ich das auch für den Zehnerübergang. Da das bei sehr leistungsschwachen Kindern aber sehr aufwendig ist, frage ich mich, ob das wirklich sinnvoll ist. Umso mehr, als ich mich dunkel erinnere, dass ich in meiner Grundschulzeit selbigen lange Zeit auch zählend bewältigt habe (und trotzdem Diplom-Mathematiker geworden bin).
Ich erinnere mich auch der Worte meines Freundes, der mich mehrmals fragte, warum ich die Förderung eigentlich betreibe. Sein Sohn hat auch Probleme in der Grundschulzeit gehabt, die sich aber früher oder später erledigt hatten. Und genau das bewegt mich. Ich glaube, mein Freund hat sowohl recht als auch nicht recht. Und die Grenze zwischen diesen Positionen zu finden gilt es.

Die meisten weißen Flecken habe ich dabei in der Deutschförderung, nicht zuletzt, weil ich hauptsächlich Rechtschreibförderung betreibe ab der 3. Klasse. Da gibt es dann so gut wie keine Unklarheiten, was zu fördern ist. Im letzten 1. Schuljahr habe ich nun aber ein paar sehr schwache Kinder kennengelernt, und da habe ich dann angefangen, die Deutschförderung in den Eingangsklassen in den Fokus zu nehmen. Deshalb die Frage in diesem Forum.

Wenn Kinder im fortgeschrittenen Verlauf des 1. Schuljahrs nicht zwei Buchstaben lesend zusammenschleifen können, finde ich das förderungswürdig. Was ist aber, wenn sie das können, es ihnen aber äußerst schwerfällt, ganze Wörter zu lesen? Wo fängt da die Fördernotwendigkeit an? Genauer: wann fängt sie an? Denn grundsätzlich ist vermutlich die Hoffnung realistisch, dass sie das noch lernen. Nur: irgendwann ist das dann reichlich spät, leidet die allgemeine sprachliche Entwicklung darunter. Dasselbe mit der Lauterkennung. Ich weiß, dass z.B. die kurzen Vokale für die Kinder ein Problem sind. Sie werden im 1. Schuljahr keineswegs als die kurze Variante der langen Vokale wahrgenommen. Die kurzen Vokale haben einen 'Da kommt noch was '-Charakter (in derselben Silbe), und deshalb ist der folgende Konsonant gegenüber dem kurzen Vokal der dominante Laut. Der kurze Vokal wird deshalb manchmal ausgelassen, oder - häufiger - er wird nicht präzise wahrgenommen. Deshalb verwechseln nicht wenige Kinder beim Schreiben das 'kurze i' mit dem 'kurzen e' und das 'kurze u' mit dem 'kurzen o'. All das ist in der sprachlichen Entwicklung mehr oder weniger normal. Aber während die meisten Kinder diese Schwierigkeiten in akzeptabler Zeit meistern, tun sich einige Kinder sehr schwer damit.

Förderungswürdig sind diese Dinge allemal. In Anbetracht  begrenzter Ressourcen stellt sich mir aber die Frage anders: ist eine Förderung notwendig? Und wenn ja: ab wann? Oder kann man halbwegs solide darauf vertrauen, dass sich das früher oder später auswächst, ohne dass die Kinder bis dahin massiv in ihrer sprachlichen Entwicklung beeinträchtigt werden? Ich neige zur letztgenannten Ansicht, nicht zuletzt weil ich bei den Kindern im 3. und 4. Schuljahr solche Probleme kaum noch sehe. Aber ich habe da auch nur noch mit sehr wenigen Schülern zu tun. Und schon gar nicht weiß ich, ob solche Schwierigkeiten, auch wenn sie sich zwischenzeitlich aufgelöst haben, bis dahin nicht andere sprachliche Probleme begünstigt haben.

Dasselbe gilt natürlich auch für schwierige Laut-Buchstaben-Kombinationen, wobei die Antwort je nach Kombination unterschiedlich ausfallen kann.

Wer kann mir in dem einen oder anderen Punkt weiterhelfen?



Interessante Frage,neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: janne60 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 20.08.2017 11:34:07

die aber so einfach wohl nicht zu beantworten ist (das hast du dir ja auch sicher schon gedacht )

Zum Einen liegt die Schwierigkeit der Beantwortung darin, dass die Kinder unterschiedlich entwickelt und unterschiedlich begabt sind. Deshalb ist der Förderbedarf individuell anzusehen. Der eine braucht nur einen kleinen Denkanstoß, bis er durch eigene Transferleistung weiterkommt, der andere muss lange Zeit Grundlagentraining machen, bis sich das Thema einschleift.

Dann gibt es Themen, deren Verständnis mit der Gehirnentwicklung eines Kindes einhergehen. Du kennst vielleicht die Theorie der Invarianz der Menge von Piaget? Das bedeutet, dass Kinder auf einem bestimmten Entwicklungsstand noch gar nicht in der Lage sind, ein Thema inhaltlich zu begreifen. Dies zeigt sich übrigens auch im Bereich der Verkehrserziehung. Alles, was wir einem Kind bis zum ca. 8.-9. Lebensjahr an Verkehrsregeln antrainieren, wird rein reflexartig nachgeahmt, aber inhaltlich nicht verstanden (rechts und links schauen beispielsweise). Erst spät begreift das Kind, warum es schauen soll, und noch später hat es erst die Anlagen, die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs abzuschätzen.

Im Unterricht ist für mich so ein Reizthema stets die Uhr und Uhrzeit. Hier verfahre ich (nach vielen Jahren der Frustration, weil es einfach nicht gelingen wollte) inzwischen so, wie du schreibst: Abwarten und Teetrinken, immer mal aufgreifen, dann wieder ruhen lassen, und die allermeisten Kinder kapieren das Thema spätestens im 4. Schuljahr, warum also im 2. sich die Nerven damit blanklegen.

Das sind mal so meine ersten Gedanken dazu, richtige Tipps hab ich aber leider auch nicht so recht. Ganz nach der Devise: Ich habe keine Lösung, aber ich bewundere dein Problem 

 



ähnlich wie janneneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 20.08.2017 13:19:17

Janne hat es ja schon gut zusammengefasst: es kommt auf das Kind darauf an.

Mir ist außerdem wichtig: wenn ein Kind im 1. Schuljahr auffällt, ist mein erster Impuls ein Elterngespräch und die Frage, ob Seh- und Hörfähigkeit schon überprüft wurden oder sonst etwas zu beachten ist. In der Regel sind die Eltern hier ehrlich und sagen einem, ob das Kind z.B. bereits Logopädie hatte. Welche Hintergründe hat es oder könnte es haben, dass Kinder bestimmte Inhalte nicht erfassen können?

Ähnlich wie Janne es zum Thema Zeit ausgeführt hat (mache ich ebenso inzwischen), finde ich auch, dass das Zusammenschleifen zu Silben ein Entwicklungsschritt, ist, denn man leider nicht herbeizaubern kann. Zumindest können manche Kinder das zunächst nicht erfassen und es dauert lange. Eines meiner i-Kinder (Lernen) konnte bisher nur mit Mühe lesen, nun aber zu Beginn des 4. Schuljahres auf einmal ebenso gut wie andere Kinder in meiner Klasse. Es hat sich gelohnt, abzuwarten und auf ganz niedrigem Niveau zu üben, nicht zu überfordern, sondern zu stärken, zu ermuntern - das Kind ist sehr fleißig und eines der motiviertesten, das ich je hatte, aber wirklich beeinträchtigt durch seine Schwächen.

Dazu: Meiner Meinung nach braucht es Grundkenntnisse, bevor man darauf aufbauend Weiteres übt. Da gibt es sicher Ausnahmen (vielleicht zählend rechnen, wie du es schreibst), aber häufig besteht Förderung aus schwierigeren Inhalten obwohl die leichteren Fähigkeiten nicht sitzen. Gerne beobachtet bei der Förderung der Nachhilfe-Institute, die sich rein nach dem Stoff der jeweiligen Klasse richten oder mit den arabischen Kindern Substantivierungen üben, obwohl die Kinder kaum lesen können. *seufz* Wer das 1x1 nicht beherrscht, wird beim Teilen scheitern und kann die schriftlichen Verfahren zum Multiplizieren und Dividieren nicht sicher erlernen.

Zum 1. Sj bleibt zu sagen, dass bisher immer galt, dass die Kinder 2 Jahre für den Lese- und Schreiblehrgang Zeit haben sollen. Dabei könnte man sagen, es könne sich ja alles zum Ende der 2. Klasse zum Guten wenden, dennoch ist es so, dass man normalerweise erwartet, dass zum Ende der 1. Klasse wenigstens das Zusammenbinden der Buchstaben zur Silbe beherrscht und die geläufigen Buchstaben erkannt werden sollten. (Ende 1 geht hier ein Wiederholen des SJ nur auf Antrag der Eltern). Das Üben mit Silben und Wörtern ist dann m.E. Training, manche Kinder brauchen davon sehr viel und werden gerne durch viel zu schwierige Texte ständig überfordert. Aber es gibt auch Kinder, die gar nicht gefordert oder gefördert werden und die hätten dann Hilfe oder Zuwendung bitter nötig, damit sie überhaupt begleitet lesen (2x in der Woche, wenn die Lesemutter kommt oder im Lesetandem).

Und wenn das Lesen noch nicht gelingt, ist die Förderung im Rechtschreiben m.E. kaum möglich, da die Kinder selbst ihre Wörter nicht erlesen können (gleiches gilt für ein nicht zu entzifferndes Schriftbild) Das wird bei o.g. i-Kind jetzt die nächste Baustelle, weil es nun sicherlich einfacher wird. Nur das Verwechseln von f und w begleitet uns weiter und ich habe noch immer keine tolle Lösung gefunden, es zu verdeutlichen.

Auch werden auffällige Rechtschreiber in manchen Klassen erst in Kl.3 entdeckt, weil es zuvor nur Aufgaben zum Abschreiben gab. Erst wenn frei geschrieben wird, sieht man deutlich, ob das Kind phonolgische Bewusstheit hat oder ob Schwierigkeiten vorhanden sind. Darum lasse ich schon in 1 und 2 freie Texte verfassen, um genau dies frühzeitig entdecken und frühzeitig fördern zu können. Für die Kinder ist es ein kommunikativer Aspekt der Schrift, der einige fasziniert, für mich auch, aber eben auch ein ausgezeichnetes Diagnoseinstrument ohne Testcharakter.

Meine Schwerpunktsetzung der Inhalte entsteht also orientiert an den bisherigen Fähigkeiten oder Schwierigkeiten des Kindes und setzt möglichst an den Grundlagen an, bevor anderes trainiert wird.



Nachklappneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 20.08.2017 13:26:31

Nachklapp:

Du hast ja die Curricula meines Bundeslandes gesehen.

 

Ich wünsche mir eigentlich, dass es so eine Art Fundamentum gibt, in dem deutlich steht, welche Fähigkeiten auf jeden Fall gefördert und gesichert sein sollen.

In Deutsch fällt mir das leichter als in Mathe.

Konkret: Was hilft es, wenn das Kind Wahrscheinlichkeitsaussagen zu Socken in Schubladen treffen kann, aber das 1x1 noch immer nicht beherrscht?

Bei den ganzen zusätzlichen Inhalten kann ich auf vieles verzichten, wenn die Kinder, die es nötig haben, dann mehr Zeit zum Üben des Wesentlichen bekommen.

Mit den anderen, die vieles erheblich schneller erlernen, könnte man dann aus einem Angebot wählen, dass sie gefordert werden oder sie in Fähigkeiten schult, die nicht so gut ausgeprägt sind. Wer herausragend rechnet und von sich aus eine sichere Rechtschreibung hat, braucht ggf. Förderung in Kreativität oder Fingerfertigkeit ... oder anderem ... und darf auch gerne mal über den Tellerrand schauen, Knobeln etc.

 



Und genau, was palim schreibt,neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: janne60 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 20.08.2017 15:32:33

ist ja das Kümmernis der weiterführenden Schulen (zu Recht!). Was soll ich an der Grundschule mit Themen wie Daten, Kombinatorik und Wahrscheinlichkeit (es gibt noch weitere, die ich als völlig verfrüht betrachte), die mich davon abhalten, ein solides Fundament zu bilden aus dem Beherrschen der Grundrechenarten und aus dem Anwenden zielführender Rechtschreibstrategien.

Ich nehme mir jedoch heraus, das eine oder andere Thema über Bord zu schmeißen, wenn ich das Gefühl habe, die Zeit für Grundlagentraining sei nötiger. Und im Gegensatz zu früher habe ich darüber auch kein schlechtes Gewissen mehr.

Meine Beobachtungen im Deutschunterricht bringen mich auch immer mehr zu der Vermutung, dass die Kinder heutzutage im Grundschulalter nicht mehr in der Lage sind, Aufsätze zu verfassen. Wenn ich noch erinnere, was vor 20 Jahren abgeliefert wurde (vor allem im Bereich Phantasiegeschichten) und was heute noch machbar ist.......... Am liebsten würden wir uns völlig auf gelenktes Schreiben bzw. klar strukturierte Themen beschränken (Vorgangsbeschreibung, Personenbeschreibung, Rezepte, Anleitungen usw.) Ob dies allerdings zu den Fertigkeiten gehört, die sich irgendwann noch entwickeln, vermag ich nicht zu beurteilen, das müssen die Kollegen der höheren Klassen wissen. Ich sehe hier nur eine drastische Veränderung des Niveaus nach unten, bei dem ich auch bei allen Förderversuchen keine Sonne sehe. Hier liegt der Hund vermutlich woanders begraben, nämlich an den Fähigkeiten und Fertigkeiten, die im Elternhaus nicht mehr angelegt werden (sprechen, erzählen, lesen, vorlesen, reimen, singen und was eben alles so dazugehört). Und hier bin ich dann auch mit meinem Förderlatein am Ende, denn DAS fängt Schule nicht auf (meine Meinung!).



Aufsatzneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 20.08.2017 16:10:53

Zur Aufsatzerziehung:

Ich denke, auch hier sieht man die Unterschiede deutlich. Vielleicht hat man früher ein Thema gestellt und bekam von vielen ansprechende Ergebnisse, sodass man noch ein wenig an Form oder Ausdruck geübt hat.

Ich empfinde es so, dass man auch beim Aufsatz Grundlegendes anleiten, trainieren und üben muss, die SuS Begleitung benötigen, bis etwas Gutes dabei herauskommt.

Da ich selbst gern erzähle und schreibe, mag ich auch Aufsatzunterricht, aber auch hier fordert es Zeit heraus. Andererseits finde ich es gerade gut, dass die Kinder sich für ihre Entwürfe Gedanken machen müssen und man diese dann auch mal 1 Woche bei Seite legen kann, um im Anschluss darüber zu reflektieren oder etwas zu verändern. Da brauchen auch viele Kinder hilfe, Handlungsstränge nach und nach wiederzugeben und die schnellen Schnitte und Sprünge der Kindersendungen zeigen sich auch in den Texten der SuS.

In den letzten beiden Klassen hatte ich wahre GeschichtenkünstlerInnen, in der jetzigen ist nur ein Kind, das wirklich erzählen kann und dazu Notwendiges mitbringt. Wie schade.



Vielen Dank, janne60 und palim.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: halb27 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 20.08.2017 18:45:32 geändert: 20.08.2017 19:57:48

Das kann ich gut nachvollziehen, Euern Kummer mit Wahrscheinlichkeitsrechnung und ähnlichem. Gut, dass Ihr Euch davon befreien könnt und die Grundlagen hochhaltet.

Und genau um die Grundlagen geht es mir ja bei der Förderung, insbesondere in den Eingangsklassen. Vom aktuellen Stoff der Klasse und vor allem den spezifischen Übungsaufgaben kann ich mich weitgehend freihalten. Ich möchte allerdings schon dazu beitragen, dass auch die leistungsschwachen Kinder möglichst den Anschluss nicht verlieren. Vorrang hat aber in jedem Fall, die Kinder da abzuholen, wo sie stehen, und in kleinen Schritten vorwärts zu bringen.

Zu meinen konkreten Problemen:

Ich entnehme Euren Beiträgen, dass es vorrangig wichtig ist, den leseschwachen Kindern beim Lesenlernen zu helfen. Probleme beim Schreiben mit Lauten und Buchstaben verdienen nicht dieselbe Priorität, und man kann da eher beobachtend zuwarten bzw. - soweit zeitlich möglich - isolierte Hilfen geben.

Das ist mir plausibel. Bereits das nur etwas fortgeschrittene Lesen erfordert das Erkennen von Sprachstrukturen, und Fortschritte dabei fördern die allgemeine Sprachentwicklung. Und mit Lauten und Buchstaben macht man auch beim Lesenlernen Erfahrungen. Daneben müssen an den verschiedensten Stellen im Unterricht und in zunehmenden Ausmaß Aufgabenstellungen gelesen werden.

Blöd ist, dass die Leseförderung sehr aufwendig ist, wenn sie Sinn machen soll. Ich habe mich gerade in Mathematik daran gewöhnt, die Kinder zu zweit immer nur für ca. 10 Minuten aus dem Unterricht zu nehmen, dafür aber ziemlich oft. Hat im letzten 1. Schuljahr bestens funktioniert und beim Einmaleins-Lernen im 2. ebenfalls. Geht bei der Leseförderung gar nicht. Ein Mädchen habe ich im letzten 1. Schuljahr beim Lesen (und in Mathematik) gefördert, zweimal die Woche eine volle Unterrichtsstunde, während des Religionsunterrichts (an dem sie nicht teilnahm) und nach dem Unterricht. Das klappte gut, aber das kann ich ja nur in Einzelfällen leisten, und auch nur unter guten Bedingungen. Die Lehrerin hat schon den Kunstunterricht für solche Zwecke vorgeschlagen, aber schön finde ich das nicht, die Kinder sollen sich ja auch künstlerisch betätigen. Kann aber eine Lösung sein, wenn auch keine optimale. Hängt aber von meinem Stundenplan ab, ob das überhaupt geht. Den ich mir aber selbst erstelle, so dass ich da grundsätzlich Möglichkeiten habe. Ich kann auch versuchen, mit zwei Kindern gleichzeitig das Lesen zu fördern. Da ich bin ich eher skeptisch, aber Probieren geht über Studieren.
Positiv ist, dass bei einer solchen recht intensiven Förderbeziehung das Verhältnis zum Kind das Lernen begünstigt, wie ich bei dem genannten Mädchen feststellen konnte. Jeden Tag, wo wir uns sahen, fragte sie 'Lesen wir heute wieder?'.

Muss ich halt sehen, wie ich das hinkriege.

Gibt es weitere Gedanken zu diesem Thema?



weitere Ideenneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 20.08.2017 20:09:24

In dem Fall hätte ich für die Kinder Lesemappen, die sie mitbringen. Dann kann man einen alten Text wiederholen und einen neuen Lesen.

Oder es gäbe für jedes Kind ein Lesebuch (Fibel oder so), aus dem das Kind liest. Klebezettel hinein, fertig. Dann kann das jeweilige Kind auch einen alten Text wiederholen und einen neuen beginnen.

Für absolute Anfänger habe ich Leseblätter (finden sich hier bei den Tobi-Materialien: Erstlesen "Palims Tobimaterialien)), wobei die Silben-Übungen wichtig sind und die einfachen Wörter, die Spalten weiter unten sind die Differenzierung für die besseren Leser und können auch später zum Wiederholen eingesetzt werden.

Die Leseblätter aus dem Maliope-Alphabetisierungsmaterial könnten auch gehen - es gibt sie mit und ohne Bilder ("Alphabetisierung - Leseübung")

Bei guten Bedingungen könnte das Kind auch das Vorlesen des nächsten oder neuen Textes üben und dir wieder vorlesen, aber bei Leseschwachen klappt das in der Regel nicht so gut.

Für die jüngeren sind silbenmarkierte Bücher oder Texte gut, aber auch die Bücher, die schwierige Hauptwörter durch Bilder erstetzen. Da schafft man zwischendurch auch mal ein bisschen mehr Strecke, weil die schwierigen Wörter wegfallen.

Ansonsten: Interessen berücksichtigen. Das fußballbegeistere Mädchen bekommt ein Fußballbuch (da gibt es viele), andere eben anderes. An Büchern mangelt es in meinem Klassenraum nicht und in der Schulbücherei stehen noch mehr.

Wenn die Kinder noch weiter am Anfang stehen, kannst du mit Buchstabenkarten prüfen, ob die Kinder überhaupt in der Lage sind, Silben zu bilden. Beginne mit klingenden Lauten - M, L, S in Verbindung mit Vokalen zu Ma, Mo, Mi, La, Lo, Li usw.

Wenn das gelingt, kannst du auch 2 Silben bilden und die beiden Silben dann zu einem Wort zusammenschieben. Hmmm - das habe ich auch irgendwo als Elterninfo.

Palim



Es war einmal... der Grundschul-Chatneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: palim Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 20.08.2017 20:30:10

übrigens haben wir vor urlanger Zeit genau solche Themen gemeinsam im Grundschulchat ausgetauscht  

Das war damals eine gute Sache.

Zum Lesen gibt es sogar Protokolle:

https://www.4teachers.de/?action=showtopic&dir_id=5955&topic_id=7780

https://www.4teachers.de/?action=showtopic&dir_id=5955&topic_id=7060

 

auch zum Rechtschreiben,

https://www.4teachers.de/?action=showtopic&dir_id=5955&topic_id=7426

aber die Sachen sind mehr als 10 Jahre alt!



Dankeschön ...neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: halb27 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 20.08.2017 21:02:03 geändert: 20.08.2017 23:07:22

für die Anregungen. Da musst Du Dir ja viel Arbeit gemacht haben mit den Protokollierungen. Hut ab!

Eine Anregung scheint mir besonders wichtig, wenn ich mit zwei Kindern gleichzeitig arbeite: das eine Kind liest dem anderen vor, und das andere Kind rekapituliert den Inhalt.

Materialien sind eher nicht das Problem (wenn ich auch leider die Bilderbücher meiner Kinder wegen der alten Rechtschreibung nicht nutzen kann). Aber ich habe bereits sehr gute Erfahrungen mit den Lesematerialien des IntraAct-Plus-Konzepts sowie andere Lesetexte, die das silbenweise Lesen unterstützen.

Der wichtigste Punkt ist für mich die Entscheidung, worauf ich den Fokus setze. Denn für die aufwendige Leseförderung muss ich mich speziell organisieren, das kann ich nicht mehr oder weniger nebenbei tun ohne größere Absprachen mit der Lehrerin, die dann auch die Eltern enbinden muss, wenn die Förderung außerhalb des regulären Unterrichts stattfindet.
Und da ich nach wie vor das Hauptaugenmerk in den Eingangsklassen auf der Mathematik lassen will, weil ich da mit sehr gutem Aufwand/Nutzen-Verhältnis fördern kann und weil hier ohne Förderung die ersten lernbehindernden Frusteffekte vor allem bei Mädchen zu beobachten sind, muss ich dann irgendwo anders schlabbern - von isolierten Aktionen abgesehen.
Nach den bisherigen Erkenntnissen scheint Schlabbern bei der Förderung in den Eingangsklassen am ehesten bei der Rechtschreibung zu verkraften sein. Zumal die Rechtschreibung mein Förderschwerpunkt im 3. und 4. Schuljahr ist.



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