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Forum: "GEW-Aktion zur Fahne und Nationalhymne"
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| ich habe den Verdacht | | von: bernstein
erstellt: 24.06.2006 13:45:18 geändert: 24.06.2006 14:58:43 |
dass die GEW versucht hat, das beginnende Sommerloch mit dieser Maßnahme zu stopfen.......
Es gibt weiß Gott Wichtigeres, über das man sich den Kopf zerbrechen sollte.
Als Musiklehrerin nehme ich immer gern die Nationalhymne durch, singe auch bewusst Strophe 1 und 2 mit den Schülern (ist ja nicht verboten!) und bespreche eingehend den politischen und gesellschaftlichen Anachronismus dieser beiden Strophen. Außerdem nehme ich die Hymne zum Anlass, das Leben Hoffmann von Fallerslebens (Heute könnte sich der Gute auch Hoffmann von 38442 Wolfsburg nennen ) und die politische Situation Deutschlands zwischen Wiener Kongress und Paulskirche zu besprechen.
Ich erlebe immer wieder, dass sich diese Hymne unter den Kindern großer Beliebtheit erfreut, die sie wirklich bestrebt sind, schön und ausdrucksvoll zu singen.
Noch eins: unser Gymnasium hat fünf Austauschprogramme, im Rahmen derer fast immer auch bei der Begrüßung der ausländischen Gäste (Norwegen, Polen, Italien, Frankreich, USA) auch die Nationalhymnen beider Länder erklingen, gespielt von den Musik-AGs der Schule. Es ist faszinierend zu beobachten, wie respektvoll die Gäste sich dabei verhalten - im Gegensatz zu unseren Schülern: sie stehen ganz ruhig dabei auf und singen mit.
Und meine persönliche Meinung zu unserer Hymne: ich finde den Text der offiziellen dritten Strophe keineswegs unpassend. Ich hätte es allerdings damals bei der Wiedervereinigung gut gefunden, wenn ein Teil der alten DDR-Hymne entweder mit Text oder mit Melodie Eingang in die Hymne gefunden hätte. Das wäre eine sehr schöne und sehr wirkungsvolle Geste den Menschen in den neuen Bundesländern gegenüber gewesen.
Musikalisch finde ich die Melodie von good old Papa Haydn einfach zeitlos schön: Sie hat einen wunderbar großen Spannungsbogen durch die Modulation und die große melodische Steigerung in der mittleren Zeile und berührt von daher stark emotional, ohne m. E. kitschig zu wirkden.
Musikalisch fand ich auch die alte DDR-Hymne nicht übel. |
| Und gerade deshalb ... | | von: oblong
erstellt: 24.06.2006 16:01:53 |
... gefällt mir diese Hymne von J.R.Becher so gut, binimaja!
Eine Hymne kann auch die Verdunklungszeit durch ein diktatorisches System und eine Phase der Fehldeutung überstehen, wenn sie die Sehnsucht der Menschen nach Freiheit, Frieden, Selbstbestimmung und Gemeinschaft anspricht - und dies macht sowohl die Hymne Hoffmanns als auch diejenige Bechers.
Kaum etwas war so entlarvend wie das Verbot, die Worte der Hymne in der DDR zu singen, und die Kleingeisterei mancher Deutscher in der GEgenWart lässt sich auch an diesen unangebrachten Unterdrückungstiraden gegen Einigkeit und Recht und Freiheit ablesen.
Wer sich die Texte in den Nationalhymnen ansieht (bitte, bitte keine Links dazu!), der wird viel Blutrünstiges (Frankreich) oder Komisches entdecken: Wer weiß schon, dass die Holländer in ihrer Hymne stolz auf ihre deutsche Abkunft (zumindest bei ihrem ehemaligen Landesherrn) bekunden?
Eine Hymne zu streichen, das Singen zu verbieten oder zum Boykott aufzurufen: Das schaffen wohl nur die Deutschen, die sich damit wieder einmal zur Lachnummer Europas machen, weil sie das Lachen über sich selbst verlernt haben.
Mehr Gelassenheit bitte!
Liebe Grüße vor dem Länderspiel!
oblong |
| ein Blick über den eigenen Tellerrand | | von: bernstein
erstellt: 24.06.2006 17:52:47 geändert: 24.06.2006 17:53:39 |
und damit auf die Hymne anderer Länder, lieber oblong, führt das Ansinnen der GEW, wie du richtig sagst, ad abstrusum.
Im Ländervergleich liegt die deutsche Nationalhymne, was die Sinnhaftigkeit und Aussage des Textes betrifft, ziemlich im grünen Bereich.
Anderswo fließt das Blut der Gegner in die Furchen der Äcker (Frankreich), anderswo wird das Landesoberhaupt verherrlicht (Großbritannien), wird der Führer der siegreichen Schlachten gegen die Feinde angebetet (Türkei), werden Schlachtenszenarien mit Worten beschrieben (USA), dagegen kommt "Einigkeit und Recht und Freiheit" doch recht gemäßigt rüber, unterboten nur durch solche Hymnen, in denen die Schönheit des Landes besungen wird wie z. B. in der norwegischen Hymne. |
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