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Forum: "lernenlehren und lernenlernen"
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| lernenlehren und lernenlernen | | von: tony
erstellt: 18.10.2003 13:28:28 |
ich bin jetzt nach längerem auslandsaufenthalt wieder zu haus und bin entsetzt, was hier so alles abgeht. Ich frage mich, was noch alles passieren muss, wie sehr sich die situation noch verschlechtern muss, bis sich etwas ändert,
- bis eltern ihre kinder in die schule schicken, nicht um sie aus den füssen zu haben, sondern damit die kinder ihre chancen wahrnehmen können,
- dass schüler mal wieder etwas lernen wollen um leistung zu erbringen und nicht nur um gute noten möglichst easy zu ergattern,
- wann lehrer mal wieder sich auf das wesentliche besinnen, die ganzen aufgehalsten zusatzaufgaben abschütteln, den kopierer und den ohp mal kalt lassen und mit den schülern reden und sie etwas lernen lassen, das lernenswert ist und dessen sinn für das persönliche leben und für das leben in der gemeinschaft. offenkundig ist.
- wann endlich der erfolg der gemeinsamen bemühungen von eltern, schülern und lehrern duch interne und externe überprüfung evaluiert wird, so dass durch ein rating die güte einer schule nach außen hin gezeigt werden kann und nicht nur durch hörensagen oder eine gute öffentlichkeitsarbeit entstellt wird,
- wann sich schulen nicht mehr leisten können schüler nach haus zu schicken, weil sie sonst auch kollegen nach haus schicken müssen.
ob sich in diesem forum wohl jemand findet, der die oben genannten thesen unterstützt?
euer tony
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| fassungslos | | von: pythagoras
erstellt: 18.10.2003 23:46:16 geändert: 19.10.2003 00:01:48 |
habe ich deinen flammenden appell an die lehrerschaft gelesen, einstellungen und arbeitsverhalten zu ändern und zu überprüfen.
erstaunlicherweise befindet sich mittendrin der ruf nach evaluierung von innen und außen.
du bist offensichtlich überzeugt, dass diese form der leistungsüberprüfung etwas über die qualität einer schule und ihrer lehrer aussagt.
ich habe 3 jahre mit meiner klasse an einer studie zum thema evaluierung teilgenommen.mein unterricht wurde überprüft, schülerInnen dazu befragt, schulnoten der grundschule erhoben, wohnverhältnisse ermittelt, die einkommensverhältnisse der eltern festgestellt und intelligenztests durchgeführt.
und siehe da, je nach lage der schule findet man unterschiedliche voraussetzungen vor, die einen bedeutenden einfluss auf die schulischen leistungen der kinder haben.
ergebnisse von evaluierungen sagen also nicht so viel über die qualität der schule und der lehrerarbeit aus, sondern über die soziale gruppe, die in diesem gebiet lebt oder sich eine bestimmte schule leisten kann.
kreativität und soziale kompetenz werden nicht getestet, sondern reines fachwissen.ist es also das, was du willst, tony? pauken ohne ende, damit festgestellt werden kann, welche schule ihre schülerInnen am besten dressiert? |
| könntest du dir vorstellen, pythagoras, | | von: tony
erstellt: 19.10.2003 09:55:04 |
dass inhalt und form dieser evaluierung schlicht falsch sind?
ich glaube, dass die autoren des qualitätsmanagements in der schule keine ahnung haben, wovon sie sprechen, geschweige denn eine ahnung von dem, was und wozu sie evaluieren wollen.
schließlich lernen schüler am meisten bei klassenarbeiten, die guten schüler das richtige, die schlechten das falsche.
bei dieser evaluation haben lehrer offensichtlich das falsche gelernt, nicht weil sie schlechte lehrer sind, sondern weil die evaluation falsch angelegt ist.
in unserem hierarchisch angeordneten schulsystem wird auf diese weise durch die evaluation von oben die reformbewegung von unten (offener unterricht, projektarbeit etc) abgeschnürt, während andere länder beides miteinander verbinden.
ich kann mich des eindrucks nicht erwehren, dass hier die schulaufsicht endlich einmal wieder druck auf die lehrer ausüben kann. die alte schulratmentalität kommt durch.
es ist sooo traurig dass man könnte.
tony |
| leider | | von: pythagoras
erstellt: 19.10.2003 20:43:46 geändert: 19.10.2003 20:55:39 |
hat die schulaufsicht in dieser studie nicht versagt, dieser schluss ist absolut nicht zulässig.
wie schon gesagt, haben alle untersuchungen der begleitfaktoren ergeben, dass das soziale umfeld einen statistisch gesehen relevanten einfluss auf die schulischen leistungen der kinder habt.
vor diesem faktum verschließen viele gerne die augen, weil sie der falschen theorie anhängen, dass in unserer gesellschaft so etwas wie gleiche rechte und gleiche voraussetzungen für alle vorzufinden sind.
außerdem glaube ich nicht, dass es eine übereinstimmende meinung darüber gibt, was eine gute schule ist.
wissenschafter, die das gelernte perfekt wiedergeben können, sind wohl nicht gefragt.nur wer sein wissen kreativ einsetzen und verknüpfungen herstellen kann, ist geeignet,als forscher zu arbeiten.
ein ranking der "besten schulen" - was soll das?was leisten diese schulen?welcher maßstab soll angewendet werden?
statistische zahlen in eine reihenfolge zu bringen und zu glauben, man hätte richtlinien für unterrichtsqualität objektiv gefunden ist schlichtweg gefährlich. der glaube, dass zahlen die absolute wahrheit wiedergeben ist weit verbreitet, trifft aber nicht immer zu.
wenn du meinst, dass schlechte schüler das falsche lernen, muss ich einwenden, dass es ein fehler des lehrers ist, wenn aus seinem unterricht nicht klar hervorgeht, worauf es bei einem kapitel ankommt.
ein so komplexes geschehen wie unterricht in einer nach allen seiten hin offenen gesellschaft zu evaluieren kann kein wertbares ergebnis hervorbringen und den bemühungen der akteure gerecht werden. |
| @tony | | von: pythagoras
erstellt: 25.10.2003 23:07:31 geändert: 26.10.2003 16:01:45 |
ich würde dir gerne glauben, dass es irgendetwas im leben gibt, bei dem der soziale hintergrund keine rolle spielt.
natürlich können die unterschiedlichsten kriterien evaluiert werden, aber sei doch ehrlich, wen interessiert wirklich, wie sich die schüler fühlen? die wirtschaft, die universitäten verlangen gut ausgebildete menschen, die problemlos funktionieren und über ein umfangreiches fachwissen verfügen, darum wird in erster linie genau das überprüft.
wer schätzt wirklich einen mitarbeiter, der kritisch und eigenständig arbeitet und denkt?
angepasst und nur ein bisschen mündig sollte der gute staatsbürger sein.so wird ein schüler auch erzogen,das weiß man, das braucht man nicht zu evaluieren.
hinter allem, was überprüft und wie getestet wird, steht eine bestimmte ideologie.darum halte ich von oben übergestülpte testverfahren für gefährlich.
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| aber nicht doch, | | von: pythagoras
erstellt: 26.10.2003 01:38:24 |
mir ist es sicher nicht gleichgültig, wie es meinen schülerInnen geht und ich lege großen wert auf ein angenehmes arbeitsklima, weil kinder sorgfalt brauchen und lernen unter ungünstigen bedingungen nur schwer möglich ist.
ich habe den eindruck, dass von der "gesellschaft" erwartet wird, dass gut funktionierende, angepasste menschen die schule verlassen, die außerdem mit einem umfassenden wissen ausgestattet sind.
es stellt sich daher die frage, welche forderungen der gesellschaft erfüllt werden müssen und welchen pädagogischen verpflichtungen wir lehrerInnen nachkommen sollen.
selbstverständlich sollen wir die kinder auf ein leben außerhalb der schule vorbereiten, aber ich bin überzeugt davon, dass wir die schüler nicht nur auf die realität vorbereiten sollen, sondern auch utopien zulassen und kreativität pflegen sollen.
darum lehne ich eine von behörden erstellte überprüfung unserer arbeit ab, weil ich nicht möchte, dass je nach regierung und ideologie festgesetzt wird, was gute arbeit ist. |
| @hoerby | | von: pythagoras
erstellt: 28.10.2003 21:19:59 |
da triffst du einen wunden punkt, wühlst in offenen wunden und ........
ich bereite mich immer sehr gründlich vor, überlege, was ich wie und warum meinen schülerInnen servieren werde, plane übungsphasen und wiederholungen ein und dann passiert es mir, dass ich in der klasse stehe, meine schützlinge ansehe und mich frage: was um alles in der welt mache ich hier eigentlich? welchen nutzen haben die kinder von meinem tun?
allerdings denke ich, dass phasen, in denen ich meine arbeit einer so kritischen prüfung unterziehen muss, den zweck haben, nicht in eine selbstzufriedene routine und betriebsblindheit zu verfallen.von zeit zu zeit die eigene tätigkeit zu hinterfragen, ist durchaus gesund.
bin also auf dem weg der besserung.
liebe grüße
pythagoras
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