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Forum: "Noch sechs Monate bis zum Examen"
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| Ich frage mich, | | von: kfmaas
erstellt: 25.11.2003 18:28:14 |
was da schief läuft. Eigentllich ist es die schönste Zeit im Leben eines Lehrers - endlich ist man dort angekommen, wo man hinwollte - in der Schule. Man bekommt die ersten Kontakte zu den Schülern, dfie einem mit ihrer Offenheit und Lebendigkeit begegnet, man hat meist zum ersten Mal eine Beziehung zu einer oder 2 Klassen, man kann sich selbst ausprobieren und bekommt noch Hilfe und Rat durch das Seminar.
Was läuft also?
Na gut, die Zeit wird schon etwas knapper, man merkt, dass der Satz nicht stimmt: Morgens hat der Lehrer recht und mittags frei.
Aber was läuft eigentlich schief, so dass die meisten jungen Kollegen während der Ausbildung und nach der Prüfung mit Grausen an ihre Seminarzeit denken?
Sind es Überforderungen, persönliche Verwundungen, Mißerfolge oder Existenzängste?
Oder was ist es? Ist das System kontraproduktiv, denn es sollte ja hochmotivierte, selbstsichere, kreative, energiegeladene, zielgerichtete, durchsetzungsfähige etc Lehrer bilden?
Was läuft da ab?
Oder sind es nur normale Höhen und Tiefen?
Diesmal ganz ohne Smilies
kfmaas |
| Aus der Sicht einer Referendarin - vorsicht, lang! | | von: meike
erstellt: 25.11.2003 19:35:53 geändert: 25.11.2003 19:38:52 |
Nun ja, das muss ich Satz für Satz kommentieren, nichts für ungut
- endlich ist man dort angekommen, wo man hinwollte - in der Schule.
Nicht jeder will/wollte in diesen Beruf, ich kenne viele aus meinem Seminar, für die das einfach das kleinere Übel ist. Arbeitlos oder Lehramt - Pest oder Cholera.
Man bekommt die ersten Kontakte zu den Schülern, dfie einem mit ihrer Offenheit und Lebendigkeit begegnet,
oder die einen mit Etuis beschmeissen und einfach den Status des Referendars ausnutzen...(einer Freundin kürzlich passiert)
man kann sich selbst ausprobieren
ja, das stimmt!
und bekommt noch Hilfe und Rat durch das Seminar.
Nun ja, das leider nur eingeschränkt. Vielfach sind die Seminarleiter überfordert, haben keine oder nur kaum Zeit, sind selten zu erreichen, da sie immer in einem großen Einzugsgebiet unterwegs sind. Zusätzlich spielt da auch noch eine ganze Menge Sympathie/Antipathie mit - ich bin z.B. an einem Abendgymnasium (als einzige von 110 Referendaren im Seminar) und mit Ausnahme des Hauptseminarleiters haben alle (!) damit Probleme...
Was läuft also?
Sind es Überforderungen, persönliche Verwundungen, Mißerfolge oder Existenzängste?
Überforderungen mit Sicherheit, denn wie soll man auf den bdU vorbereitet werden, wenn man im Seminar lediglich über die Erkennung von Hochbegabung redet, aber nicht über Notendifferenzierung, Binnendifferenzierung etc ? Was nützt es mir, wenn ich jetzt im November im Seminar "lerne", wie man ein Klassenbuch zu führen habe, wenn ich dies in der Praxis bereits seit Februar mache?
Dazu kommt, dass viele Lehrer an den Schulen Referendaren gegenüber nicht besonders aufgeschlossen sind, da diese Betreuung Arbeit erfordert- Gutachten müssen geschrieben werden, die Stunden nachträglich besprochen werden etc...
Ist das System kontraproduktiv, denn es sollte ja hochmotivierte, selbstsichere, kreative, energiegeladene, zielgerichtete, durchsetzungsfähige etc Lehrer bilden?
Ja, es ist kontraproduktiv, indem es während des Studiums darauf setzt, dass das Referendariat die notwendige Praxis schafft, und während des Referendariats dann auf einmal alles wie im Studium ist. Ellenbogen raus und los... Unterstützung nur durch einige wenige Lehrer in der Schule, im Seminar überflüssige Sitzungen zu noch überflüssigeren Themen überstehen.
Die Unterrichtsbesuche sind auch immer schwerer zu ertragen, da drei Seminarleiter und drei verschiedene Meinungen schwer umzusetzen sind.
Außerdem werden wir mit Bürokratie förmlich zugeworfen - Antrag für dies, Antrag für das...
Ich für meinen Teil bin immer froh, wenn ich in meinen Klassen bin und einfach nur unterrichten kann.
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| Stress | | von: balule
erstellt: 25.11.2003 19:59:27 |
Ich hätte bestimmt mehrere Mitreferendare aus meiner RefZeit, die Thesans Meinung sofort unterschreiben würden...
Mein Ref war nicht ganz so schlimm. Was aber einzig und allein an den tollen Kollegen und der spitzen Schulleitung meiner Stammschule lag.
Die Lehrbeauftragten meines Seminars sind fast alle gescheiterte Lehrerexistenzen, die der Praxis schon so fern sind, dass ihre Tipps und Tricks oft nur lachhaft waren.
Die Seminarsitzungen, die uns wirklich weiter gebracht haben, konnten wir in den 1 1/2 Jahren (GHS BaWü)an einer Hand abzählen.
Und,man kann nicht "probieren" wenn man vorher alles klitzekleinklamüsern muss, zumindest ich nicht. Und zu guterletzt wird man 1 1/2 Jahre von Eltern, Kollegen und Schulleitung gelobt und gelobt um dann von Prüfern geprüft zu werden, die weder den Prüfling, noch die Klasse vorher je gesehen haben... (Fremdprüfer=extrem kontraproduktiv)
Wie sinnlos all das ist, sieht man am Ergebnis.
In meinem 'Jahrgang' sind 30% durchgefallen und zwar durch die Bank Leute, "von denen es nie einer gedacht hätte" (O-Ton Seminarleiter).
Zur darauffolgenden Stellenverteilung muss ich wohl nichts sagen.
Nun, ich finde das Studium ist eine wunderschöne Zeit, aber das Referendariat lässt einige gute Lehrer den Beruf wechseln...
A und O des Refs ist die zugeteilte Schule, wer Pech hat, verliert gänzlich den Spaß am Kreativsein... Ich hatte Glück
euer balule
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| @ kfmaas | | von: meike
erstellt: 25.11.2003 22:49:20 geändert: 25.11.2003 23:25:25 |
Na, wie sieht das Ganze denn aus Fachleitersicht aus?
Wörtlicher Kommentar von einer Fachleiterin: "Frau XY, das Thema ist scheiße!!!" Und das als ersten Satz nach der Stunde - und das Thema steht ja nur so im Lehrplan...
Nachtrag: Ich habe ein wahnsinniges Glück mit meiner Schule und den Lehrern dort, aber das wird mir bei den UPPs nicht wirklich helfen, wenn da drei Externe in der Prüfung sitzen, die weder mich noch die Lerngruppe kennen, von der Schulform mal ganz zu schweigen!
Teile des Referendariats finde ich wirklich lustig und spannend, aber wenn ich an die Unterrichtsbesuche denke, dann kriege ich Unterrichten macht wirklich Spaß und ich möchte den Umgang mit meinen Klassen nicht missen, denn dafür lohnt sich das alles... Aber wenn ich dann die Quereinsteiger sehe, dann... - aber das ist ein anderes Thema!
Manche Sitzungen sind wirklich sinnvoll, aber was soll denn eine einwöchige Intensivphase, in der ich lediglich dem Unterricht der Fachleitung zusehe, aber nicht in die Planung eingebunden werde? Hospitiert habe ich doch lange genug.
Warum muss ich mir Vorträge von Dezernatsleitern aus Arnsberg anhören, die noch nicht mal einen Overheadprojektor bedienen können und mir dann etwas von der Wichtigkeit von Medienkompetenz erzählen wollen?
Warum darf ich mir in zwei Wochen zwei Vorträge von Gewerkschaftsmitgliedern anhören, und das dann von 12 bis 20 Uhr?
Viele Referendare und auch ich sind der Meinung, dass vieles einfach Zeitverschwendung ist.
Wir haben noch nicht die Übung und können einfach nicht mal eben so eine Stunde aus der Hüfte schießen. Ich gehe z.T. schon mehr oder weniger unvorbereitet in den Unterricht, weil ich einfach nicht alles schaffe. Und das kann nicht Sinn der Sache sein.
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