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Forum: "Förderung von Sprachbewusstheit bei Grundschülern"
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| Förderung von Sprachbewusstheit bei Grundschülern | | von: cyhyryiys
erstellt: 10.06.2007 13:14:24 |
Hallo liebe 4teachers - Mitglieder!
Ich möchte mich heute informieren, wie ihr Kinder durch unterrichtliche Begleitung zur "Sprachbewusstheit" führen würdet.
Sprachbewusstheit ist als der entschiedenwillentlicher, systematischer und abstrakt ausgerichteter
Prozess anzusehen, d.h. die Kinder sollen nicht intuitiv sondern reflektierend mit Sprache umgehen, so kann z.B. Sprachhandeln zum Gegenstand des Nachdenkens werden.
Ich möchte für dieses Thema eine theoretische Unterrichtskonzeption für mein Seminar verfassen. Da ich jedoch auch gerne einen Praxisbezug einbringen würde, richte ich mich an euch.
Meine Ideen in Stchworten:
1.
Sprachspiele wie Zungenbrecher oder Sprachwitze
--> Hier sind ja gewisse Eigenschaften enthalten wie Reime o.ä. die z.B. bei verschiedenen Worten gleich vorkommen, z.B. N-ase und V-ase
2.
Sprachvergleiche
z.B. Hochdeutsche Sprache mit Dialekt oder Fremdsprache
3. Verwendung unterschiedlicher Textsorten
Zum Beispiel: Erlebnistext und Sachtext, ihre Erkennungsmerkmale (Stellt sich die Frage, ob das noch überhaupt Sprachbewusstsein umfasst
4. Rollenspiele, in denen durch soziale Rollenzuschreibung die Sprache anders verwendet wird, z.B. Unterscheidung zwischen Du und Sie.
Auf Anregungen euererseits bin ich gespannt!
Gruß
Chris
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| Ein spannendes Thema, | | von: clausine
erstellt: 10.06.2007 13:57:58 |
zu dem ich auch noch gerne etwas erfahren möchte! Meine Schüler kommen überwiegend aus, sprachlich gesehen, sehr einfachen Familien oder haben Migrationshintergrund. Die Kinder und ihre Eltern können z.B. Dativ und Akkusativ nicht unterscheiden, haben einen geringen Wortschatz, was die Adjektive betrifft usw. Ich mache ganz gezielt Wortfeldarbeit, Wortfamilienarbeit, Beschreibungen von Personen,Bildern, Dingen, ganz "nüchterne" Grammatik-Stunden, in denen z.B.Sätze zu Verben mit Dativ /Akkusativ gebildet werden, nach Satzteilen fragen....gebe Rückmeldungen über Redebeiträge, frage gezielt nach "anderer Formulierung", lasse Schüler Texte überarbeiten nach vorher bestimmten Kriterien,.....lese mit den Schülern verschiedenste Texte (Gedichte, Zeitungsartikel, Sachtexte....)
Ich wäre sehr interessiert an einer Zusammenfassung deines Seminarmaterials....schön wäre es, wenn du es hier einstellen könntest.
Werde noch einmal nachdenken, was mir noch einfällt.
Liebe Grüße, Clausine |
| . | | von: palim
erstellt: 10.06.2007 16:25:01 |
Ich frage mich, ob Programme zur Unterstützung der phonologischen Bewusstheit hinzugerechnet werden können. Auch hier geht es um das Gliedern von Wörtern in Silben, um Reime, Wörter mit gleichen Anlauten etc.
Dies führt auch hin zu genauem Hören und Verschriftlichen von Wörtern. Es ist erstaunlich, wie viele Kinder auch dort Probleme haben, p und b, g und k, d und t, aber auch f,v und w nicht differenzieren können.
Als weiteres Beispiel fällt mir ein, dass Texte in andere Textsorten umgeformt werden können, z.B. Märchen in Zeitungsartikel.
Zu Dativ und Akkusativ habe ich im Referendariat Unterricht entwickelt, der sich auf Orts- und Richtungsangaben bezog. Ersteres wird im Dativ, zweites im Akkusativ beschrieben. Ort und Richtung sind für Kinder leichter zu unterscheiden, wodurch die Anwendung der Fälle einfacher wird.
Auch Wortfeldarbeit gehört wohl in den Bereich, der mit Darstellendem Spiel (Wortfeld laufen, sprechen) deutlich nachvollziehbar wird und in erzählenden Texten häufig genutzt wird. Dazu gibt es ja auch Einsetz-Übungen, bei denen sich die Schüler zwischen mehreren Möglichkeiten entscheiden und evtl. auch ihre Auswahl begründen können.
Ähnliche Einsetz-Übungen gibt es zu Gedichten, die ergänzt oder verfremdet werden. Auch hier entscheiden die ausgewählten Wörter über den Klang, die Struktur, den Inhalt der Gedichte.
Palim |
| .. | | von: cyhyryiys
erstellt: 10.06.2007 19:05:53 |
Sicherlich dürften auch neue Medien oder Programme zur Unterstützung der phonologischen Bewusstheit dazu zählen. Diese Inhalte kommen auch im Seminar vor, z.B. werden auch bestimmte Lese- Rechtschreibtests angesprochen.
Der Tenor des Seminars scheint auch zu sein, Sprachbewusstheit weg vom rein grammatischen "Pauken" zu bringen und diese stärker handlungsorientiert anzupacken (-> Sprachvergleiche usw.), eben alles, mit dem das Kind die Facetten der Sprache lernt und seinen eigenen Sprachgebrauch bewusst reflektiert. Es geht also nicht um das Sprechen können an sich, sondern darum, Phänomene der Sprache erkennen und erklären zu können.
--> Sprachbewusstheit: Sprache kann gezielt und wilkürlich zum Gegenstand der Aufmerksamkeit werden.
Die Idee der Textsortenumwandlung finde ich sehr interessant, bin mir aber nicht sicher, ob dies bereits von Grundschülern geleistet werden kann. Im kleineren Rahmen dürfte das bereits in 3-4 Klasse machbar sein.
"Auch Wortfeldarbeit gehört wohl in den Bereich, der mit Darstellendem Spiel (Wortfeld laufen, sprechen) deutlich nachvollziehbar wird und in erzählenden Texten häufig genutzt wird. Dazu gibt es ja auch Einsetz-Übungen, bei denen sich die Schüler zwischen mehreren Möglichkeiten entscheiden und evtl. auch ihre Auswahl begründen können. "
Das klingt ebenfalls passend, würde auch zur Erweiterung des Sprachschatzes beitragen und den Kindern aufzeigen, dass viele Worte einen Kontext umrahmen können, diesen aber auch genauso gut verfremden können. Was für Einsetzübungen meinst du denn genau? So in etwa wie in Sprachbüchern, wo Lückentexte sind und diese mit bestimmten Worten gefüllt werden müssen.?
Gruß
Chris |
| Ich glaube, palim meint | | von: clausine
erstellt: 10.06.2007 19:27:53 |
z.B. den kreativen Umgang mit Gedichten, wo an bestimmten Stellen Wörter in Lücken eingesetzt werden sollen, man kann einen Schwerpunkt z.B. bei Adjektiven setzen.
Das Umschreiben von Texten kann man gut schon in Klasse 3 und 4 vornehmen, ich denke z.B. an Märchentexte, die mit "modernen" Wörtern verfremdet werden, oder Gedichte, die in einen Prosatext umgewandelt werden usw. Der Möglichkeiten gibt es da viele.
Dass der Grammatikunterricht nicht stur ablaufen muss, meinte ich auch nicht, man kann mit Pantomime arbeiten (bei der Wortfelderarbeitung) und mit Versteckspielen (Wo ist..../ Wem gehört..../ Wer ist der Besitzer von....?). Vielleicht habe ich mich vorhin falsch ausgedrückt: Ich trenne Grammatikunterricht gerne von "Sachinhalten", im Gegensatz zu vielen "alten" Sprachbüchern, die immer grammatische Themen mit z.B Buchbesprechungen oder sachbezogenen Themen ("Der Wald" und daran üben wir Wörter mit dem Auslaut d) verknüpfen.
Clausine |
| . | | von: palim
erstellt: 10.06.2007 21:20:30 |
Danke Clausine, das war genau in meinem Sinne
Bei mir sind die grammatischen Inhalte in den Themen und Projekten verteilt. Wortfeld laufen kann auch mal einige Trainingsstunden vertragen, die finden aber statt, wenn ein erzählender Text ansteht, indem oft "laufen" genutzt wird. Es ist schon nötig, den Schülern Handwerkszeug zu geben. Sie können ihre Texte nicht verbessern, wenn sie von den Synonymen keinen Schimmer haben. Dann können Einsetzübungen auch mal wie in Sprachbüchern aussehen, man kann aber vorab auch erst mal per Pantomime die Kinder in bestimmter Weise z.B. über einen Teppich in der Klasse stolzieren, schlurfen, hüpfen lassen. DAs macht viel Spaß und verdeutlicht die Unterschiede. Die Synonyme habe ich in laute und leise oder schnelle und langsame Begriffe sortieren lassen und später als Liste zur Aufsatzerstellung bzw. -verbesserung eingesetzt. Bleibt der Grammatikunterricht isoliert, ziehen die Kinder den Wortschatz nicht für ihre Texte heran, vielen fehlt das Bewusstsein dafür.
Über die Einsetzübungen kann man Texten - sei es Erzählungen oder Gedichten sehr unterschiedliche Inhalte geben (nur Wörter der langsamen oder schnellen Liste einsetzen z.B.) Auch zu Adjektiven gibt es witzige Vorlagen, bei denen vorab jedes Kind ein Adjektiv nennt oder auf einen Zettel schreibt, der Text verlesen wird und in Lücken dann jeweils eines der Adjektive gesetzt wird - meist passen die natürlich nicht.
Neben solchen Einsetzübungen wird gerade bei Beschreibungen deutlich, wie wichtig viele Adjektive sind, damit die Beschreibung möglichst genau wird. Hier ist es m.E. für Kinder im GS-Alter noch besser nachzuvollziehen als bei Erzählungen, wo Adjektive zur Lebendigkeit und Spannung beitragen.
Insgesamt hat der integrative Grammatikunterricht das Ziel, dass das Wissen über Grammatik nicht isoliert bleibt, sondern beim Verwenden, Gestalten und Erfassen von Texten genutzt wird. Im Umkehrschluss bemüht mans ich auch, den Schülern mit Hilfe von passenden Texten das Problem bewusst zu machen. Als Beispiel: 2 Personen werden so spärlich beschrieben, dass sie über die Beschreibung gar nicht zu identifizieren sind.
Palim |
| Hallo | | von: cyhyryiys
erstellt: 11.06.2007 13:17:41 |
Erst mal vorab, vielen Dank für Euer Interesse an dieser Thematik. Ich finde dieses Thema selbst sehr spannend.
@clausine: Falls mein voriges Posting bei dir nach Kritik geklungen haben sollte, dies war nicht meine Intention!
[quote="clausine"]Das Umschreiben von Texten kann man gut schon in Klasse 3 und 4 vornehmen, ich denke z.B. an Märchentexte, die mit "modernen" Wörtern verfremdet werden, oder Gedichte, die in einen Prosatext umgewandelt werden usw. Der Möglichkeiten gibt es da viele.
Dies ist wieder was neues für mich, dem ich aufgeschlossen gegenüber stehe. Wie machst du das praktisch? Welche Wörter werden modernisiert?
Ich könnte mir da so eine Art Umschreibung auf heutige Zeit vorstellen, anstatt mit "Kutsche" fährt die Prinzessin in einem Automobil.
[quote="clausine"]Dass der Grammatikunterricht nicht stur ablaufen muss, meinte ich auch nicht, man kann mit Pantomime arbeiten (bei der Wortfelderarbeitung) und mit Versteckspielen (Wo ist..../ Wem gehört..../ Wer ist der Besitzer von....?). Vielleicht habe ich mich vorhin falsch ausgedrückt: Ich trenne Grammatikunterricht gerne von "Sachinhalten", im
Sehr schöne Idee ist auch die Pantomime. Ich könnte mir da vorstellen, dass hier ein Rätsel ausgearbeitet werden könnte. Dürfte sicherlich bei den Schülern die Motivation heben.
Palim:
Du sprichst vom Wortfeld laufen, was kann ich mir darunter vorstellen? Oder meintest du das Wortfeld "laufen"?
Im Seminar hatten wir es demletzt von Rollenspielen, die Vorschulkinder im Alter von ca. 4-5 Jahren spielen. Dort kommt ein erstes Sprachbewusstsein vor, indem Kinder Metakommunikation (explizit, implizit) über den Verlauf des Spiels betreiben. In diesem Kontext wurde gesagt, dass zum Sprachbewusstsein auch gehört, die Sprache vom Kontext loslösen zu können. Daran wurde erläutert das Sprachbewusstsein ein Entwicklungsprozess ist, richtiges Sprachbewusstsein jedoch erst durch Hilfe "wissender" Erwachsener vermittelbar ist. Ein erster Schritt zum Sprachbewusstheit sei es auch, wenn das Kind das Wort vom Gegenstand lösen kann: Bsp. Kind wird gefragt: "Wie schreibt man denn Ballet?" und das Kind antwortet: "Das macht man doch, das schreibt man nicht!" Hier fehlt die Wort - Gegenstandstrennung noch, das Kind verfügt noch nicht über Sprachbewusstheit, das das Wort nicht Abbild des Gegenstandes ist.
Würdet ihr sagen, dass Sprachbewusstheit stets im grammatikalischen Kontext verbunden ist? Könnte Sprachbewusstheit auch über Gespräche erzeugt werden, z.B. Rollenverhalten u.ä. Der Mensch spricht ja mit Vorgesetzten meist anders als mit engeren Freunden.
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