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Forum: "Kann-Kinder"
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| Kann-Kinder | | von: clausine
erstellt: 09.12.2007 11:16:40 |
Liebe KollegInnen,
ich habe eine dritte Klasse übernommen, 24 Kinder, recht lebhaft....alles normal.
Aber ich habe ein "Sorgenkind". Es ist ein Kind, das mit Bauchschmerzen als Kann-Kind (Geburtstag im September) eingeschult wurde. Die damalige Schulleiterin hätte das verhindern können, hat sich aber dann dem Drängen der Eltern gebeugt.
Nach Berichten der ersten KL hat das Kind in den ersten Wochen des ersten Schuljahres viel geweint und nuckelnd zusammengekauert auf seinem Platz gesessen. Später "gewöhnte" er sich an die Schule und machte seine Sachen, aber immer seeeehr langsam. Intelligenzmäßig steckte er seine Mitschüler in die Tasche, aber sein Arbeitstempo und seine Motivation zu arbeiten waren eher gering.
Jetzt, im dritten Schuljahr, sieht es so aus, dass er oft Aufgaben nicht innerhalb einer gewissen Zeit fertig bekommt, die Konzentration auch recht schnell nachlässt, so dass er viele Fehler macht. Was die Eltern dazu bewegt, dem Kind Druck zu machen. (Ich persönlich gehe eher konstruktiv mit "Fehlern" um.)Das Kind macht so gut wie gar nicht im Unterricht mit, lebt in seiner eigenen Fantasiewelt und taut nur bei Themen auf, die etwas mit Tieren zu tun haben. Auch völlig überfordert ist das Kind mit Freier Arbeit, er ist nicht in der Lage, sich etwas auszuwählen, auch wenn er sich dann mit seinem Lieblingsthema beschäftigen könnte...
Kurz und gut, ich fürchte, dass das Kind furchtbar leidet, es ist hoffnungslos überfordert und kann dadurch auch seine Intelligenz nicht wirklich zeigen. M.E. müsste das Kind in die zweite Klasse zurück, alles muss "runtergefahren" werden.
Welche Erfahrungen habt Ihr mit Kann-Kindern? (Es ist nicht mein erstes, ich stelle immer wieder fest, dass Eltern "durchziehen" müssen, so als ob sie sich selbst bestätigen müssten für ihre Entscheidung und dass die Kinder ihre fehlende Spielzeit immer weiter mit sich herumschleppen...)
Clausine
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| ich war auch ein sog. Kann Kann-Kind, | | von: andreasrau1
erstellt: 09.12.2007 22:35:13 |
nur der Begriff war mir neu *lach* Aber ich hatte ein Problem damit. Mein Problem war der Konrektor der Schule. Der war trotz meiner positiven Tests, der Haltung des Schulleiters, meiner Eltern und meiner Erzieher sowie der Gutachten von Psychologen und Ärzten gegen diese frühe Einschulung war.
Das Ende vom Lied war, dass mich eben dieser Konrektor, der ab der dritten Klasse mein Klassenlehrer war und allen beweisen wollte, wie unreif und kindlich ich war. Er gab mir aus Prinzip schlechte Noten und der Druck auf mich wurde extrem groß. Andere LehrerInnen an der Schule wollten oder konnten sich gegen ih nicht durchsetzen. Meine Eltern (meine Mutter war damals Analphabetin, mein Vater sehr krank) hatten kaum eine Chance.
Lange Rede kurzer Sinn - ich wiederholte das dritte Schuljahr, bekam eine tolle Lehrerin und hatte wieder Lust am Lernen.
Das Verhalten des Konrektors finde ich nach wie vor skandalös - ich hätte das Schuljahr meiner Fähigkeiten wegen nicht wiederholen müssen, aber ich wurde zufrieden. Das war es dann wert.
So, nun aber zum Kern der Sache.... Die meisten Kinder, die aufgrund ihres Geburtstages ein Jahr länger in den Kindergarten gehen "müssen" leiden dort auch. Und zwar unter größter Langweile. Sie werden sozial auffällig und nerven sich und andere. Ist das besser? Vor allem gibt es da ja nicht gerade wenige Kinder davon
Was würden denn da wohl sog. Vorschulen bringen, die etwas anspruchsvoller als der Kindergarten sind, aber eben auch die kognitive Seite dieser Kinder mehr fördern, als es der Regelkindergarten kann. Und wenn diese sog. Vorschule nun auch noch in der Schule und mit den Lehrern stattfinden, die das Kind dann später in der "richtigen" Schule hätte - wäre das doch eine greifbare Lösung.
Zumal die Kinder dann weder sozial "entwurzelt würden", aber gleichzeitig einen Statusgewinn hätten. Denn Schulkind sein, ist etwas besonderes.
Andreas |
| Danke für eure Beiträge, | | von: clausine
erstellt: 10.12.2007 22:14:19 geändert: 10.12.2007 22:16:18 |
besonders für eure eigenen Erfahrungsberichte als ehemalige Kann-Kinder.
Ich habe mit den Eltern meines Schülers schon oft gesprochen, sie machen sich große Sorgen, sicherlich besonders in Hinblick auf den Wunsch, dass das Kind mal eine "gute weiterführende Schule" besuchen soll.
Der Junge hat eine schnelle Auffassungsgabe, ist normal bis überdurchschnittlich intelligent. Von seinen kognitiven Fähigkeiten passt er also sehr wohl ins 3. Schuljahr, er könnte im 2. Schuljahr unterfordert sein.
Andererseits hat der Junge Probleme im sozialen-emotionalen Bereich, er bekommt nicht mit, was die anderen Kinder tun. Er lebt in seiner eigenen Welt, mit viel Fantasie. ADS kann ich allerdings ausschließen. Im Unterricht macht er so gut wie gar nicht mit, ist aber meist bei der Sache. Er versteht die Arbeitsanweisungen nicht immer, egal ob sie über den auditiven oder visuellen Kanal kommen, und arbeitet dann sehr langsam daran. Er ist also oft sehr unselbstständig, das könnte, so fürchte ich, auf Dauer zu Frust und Nachlassen der Motivation führen. Schade ist, dass der Junge auch in freien Phasen nicht sein Potential ausreizen kann, er weiß viel, bringt es aber nicht zutage....
Was wiegt nun mehr??? Ich fürchte, die Probleme, zumindest kommt mir das jetzt beim Aufschreiben so vor....(auch wenn ich mich wiederholt habe, war allein das Schreiben eine Hilfe....)
Clausine |
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