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Forum: "Individuelle Förderpläne und Lehrpläne in der Praxis: Was ist realistisch in ihrer Umsetzung und in wie weit kann der Lehrplan noch erfüllt werden?"
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| . | | von: palim
erstellt: 03.01.2008 13:59:57 |
Wir sind seit 1 1/2 Jahren angehalten, für jeden Schüler eine Lernentwicklung zu dokumentieren und für besondere Schüler Förderpläne zu schreiben. Da diese Forderung aufsteigend von Klasse 1 durchgesetzt wird, sind die betreffenden Schüler jetzt in Klasse 2. Auch für die 5. Klasse wurden die Lernentwicklung und Förderpläne gefordert. Diese Schüler sind nun in Klasse 6, aber dazu kann ich nichts Genaueres beitragen.
Inzwischen ist es so, dass viele Lehrer auf insgesamt einem DinA4Blatt in winzige Spalten + o oder - eintragen und - so es Auffälligkeiten gibt, evtl. noch einen Förderplan absprechen.
Ob das dann viel bringt?
Meine Erfahrung ist, dass mir die Dokumentation der Lernentwicklung etwas bringt, weil ich sie sehr kleinschrittig vornehme. DAs ist seeeeeeehr viel Arbeit, aber für die Elternsprechtage, Zeugnisse und andere Sachen (Lernberichte wg. Therapien, Förderschulmeldungen etc.) sehr hilfreich.
Zu den Förderplänen habe ich ein gespaltenes Verhältnis.
Zum einen stört mich, dass für besondere Schüler Förderpläne geschrieben werden sollen. Die Lehrerinnen, die genau hinsehen, schreiben sich die Finger wund, die anderen lügen sich in die Tasche, dass es in ihrer Klasse keine Probleme gäbe!? Nein, das ist nicht bei allen so, kommt aber vor. Und ich finde, dass jeder Schüler Förderung erhalten sollte - eben dort, wo er gerade Förderung benötigt.
Zum anderen gibt es in Niedersachsen keine Förderstunden, das heißt, die Förderung muss IMMER innerhalb der Klasse erfolgen. Ich bemühe mich über offene Aufgabenstellungen und Arbeitsformen zu differenzieren, habe besonderes Material für Schüler, die erhöhten Übebedarf haben oder in bestimmten Fächern schon weiterführend arbeiten können. Auch das ist viel Aufwand.
Mein Tag hat leider auch nur 24 Stunden und bisher bin ich der Meinung: entweder ich arbeite an den Plänen, die im Ordner stehen, oder ich arbeite an den Aufgaben, die die Schüler erhalten und ihnen nutzen.
Das ist sicherlich nicht der optimale Weg und ich weiß von anderen Lehrerinnen aus anderen Bundeländern, dass ihre Aufgaben und ihre Arbeit noch ganz anders aussieht.
Förderkonferenzen gibt es, jahrgangsübergreifende oder klassenübergreifende Konzepte ...
Ein Förderband haben wir ausprobiert (unter Mithilfe von Müttern), das hat aber nicht geklappt und war unserer Meinung nach nicht effektiv.
Eine weitere Möglichkeit, die ich von jaszo kenne, ist es, Fördermappen anzulegen, an denen die Schüler in besonderen Unterrichtsphasen arbeiten. Dazu ist hier eine Lehrerin auch übergegangen. Diese Fördermappen können auch im Vertretungsunterricht eingesetzt werden. Dennoch muss man genau schauen, welche Kinder welche Materialien bekommen und nur durch das zusätzliche Bearbeiten von AB ist vielen nicht geholfen.
In Fortbildungen (vor einigen Jahren) - zu denen irgendwann auch der Schulrat eingeladen wurde - kamen genau diese Probleme zur Sprache:
Die Lehrerinnen sehen durchaus die Schwierigkeiten, aber keiner sagt einem, wie man Kinder im Klassenverband angemessen fördert, ohne eine weitere Lehrerstunde zu haben.
Meiner Meinung nach bringen diese Pläne nur so viel, soweit sich auch wirklich umgesetzt werden können.
Was nutzt es, wenn auf dem Papier steht, was zu tun sei, die Lehrerinnen aber nicht so viel leisten können, wie nötig wäre.
Palim |
| Frau Sommer | | von: ishaa
erstellt: 24.04.2008 01:15:22 |
(NRW) sagt dann immer so was Ähnliches wie, wir würden halt nicht effektiv genug arbeiten.
Wir müssen individuelle Förderpläne ab nächstem Schuljahr ab Klasse 5 schreiben.
Individuelle Förderung an der HS mit über 30 Kindern in einem viel zu engen Klassenraum ist ungeheuer effektiv. Wenn man mit Fördermappen arbeitet, haben die natürlich alle immer dabei und wissen auch immer genau, was sie tun müssen. Und wenn ich einem was erkläre, sind die anderen so lange andächtig still.
Da ist es mir doch ein Leichtes, auch LRS, Legasthenie, Dyskalkulie, Ad(H)S, auditive und visuelle Wahrnehmungsstörungen und was es sonst noch so an kleinen Problemchen gibt, mal eben nebenher mit zu therapieren. Nicht zu vergessen den sozial-emotionalen Bereich. Wenn wir ein Kind zur Förderschule empfehlen, verlangt man von uns die Vorlage entsprechender Förderpläne aus diesem Bereich. Wobei natürlich auch zu berücksichtigen ist, dass Schüler mit Defiziten in diesem Bereich zum Teil kognitiv in einigen Fächern durchaus auf Gymnasialniveau arbeiten könnten, auch dafür habe ich natürlich das entsprechende Fördermaterial.
Und wisst ihr, was das Bekloppteste an der ganzen Angelegenheit ist? Viele von uns versuchen diesen Spagat ja tatsächlich schon seit Jahren!! Und jetzt sollen wir uns hinhocken und das alles auch noch in überprüfbare schriftliche Formen gießen...
Ich frage mich manchmal, wann man endlich im Gesundheitssystem auf diese praktischen Sparmaßnahmen kommt. Physiotherapie oder Psychotherapie in Gruppen mit 30 Patienten, wenn jeder ein anderes Wehwehchen hat, wird halt binnendifferenziert. Die Diagnose macht der Arzt auch mal eben nebenher und die Dokumenation des ganzen selbstredend auch. Sprechstundenhilfen etc. wären eigentlich auch überflüssig. Was könnten wir sparen!
Was ich bisher beobachte ist allerdings, dass keiner sich traut zu sagen, das geht nicht. Vielmehr versuchen alle Schulen irgendwas auszutüfteln, was "schnell" geht und den Vorschriften Genüge tut.
ishaa |
| hamburg | | von: unverzagte
erstellt: 24.04.2008 17:01:59 |
hat ein sehr komplexes sprachförderungsystem ins leben gerufen, das mächtig eindruck schindet, aber im endeffekt mehr glänzt, als gold ist:
z.b.werden unsere grundschülerInnen hinsichtlich ihrer rechtschreib- und lesekenntnisse ausführlichst getestet, um sie dann hinsichtlich ihrer förderansprüche zuordnen zu können.
da gibts ab einem best. fehlerquotienten anspruch auf integrative förderung, die während der teilungsstunden, sowie additive förderung, welche im anschluss an den unterricht - also dank der verlässlichen halbtagsschule nach 13:00 praktiziert werden soll.
hört sich prima an, sieht in der praxis aber so aus: teilungsstunden finden ausgesprochen selten statt, da die jeweilige teilungskraft in der regel erkrankte kollegInnen vertritt.
die zweimal pro woche stattfindende 45 minütige zusätzliche förderung für die ganz schwachen findet zu einem zeitpunkt statt, wo die kleinen nach fünf stunden schule kaum noch aufnahmefähig sind...
matheförderung fällt da übrigens völlig raus.
dafür wird dann aber viel getestet: die kinder machen nicht nur jährlich die proben, sondern schreiben im 3. schuljahr auch eine vergleichsarbeit,bei der es hier im letzten jahr eine totalpanne gab...
...wie ein kollege von mir treffend zur fördermisere bemerkte:
" vom wiegen allein wird die sau nicht fett!"
unverzagte grüßt. |
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