|
Forum: "Integration von Lesemüttern? Wie?"
Bitte beachte die Netiquette! Doppeleinträge werden von der Redaktion gelöscht.
|
| Eine ehemalige Lesemutter meldet sich zu Wort | | von: ankajo
erstellt: 26.01.2008 19:29:28 geändert: 26.01.2008 19:33:08 |
Meine Kinder sind jetzt schon erwachsen, aber als sie noch in der Grundschule waren, habe ich als Lesemutter einmal in der Woche dort mit Kindern gelesen. Es war toll. Ich arbeite ja eigentlich in der Erwachsenenbildung. Bei uns war es so, dass wir auf einer Elternversammlung gefragt wurden, wer Lust dazu hätte. jede Mutter (Väter waren damals nicht dabei) hatte vier Kinder ganz unterschiedlicher Art. Es war nicht Förderunterricht für die Schwachen, sondern Vorlesestunde, ganz gleich, wie gut man lesen konnte. Alle Kinder haben viel dazugelernt 8also Förderung der SChwachen, Forderung der Starken) Wir hatten auch keinen Kriterienkatalog, sondern die Kinder sollten einfach nur lesen. Warum müssen denn die Eltern Kriterien an die Hand bekommen? Lesen kann doch auch einfach nur Spaß machen. Wir hatten dadurch auch keinen Einblick in irgendwelche schulischen Dinge. Wir kamen einmal in der Woche, wurden schon mit Freude erwartet, die Kinder hatten etwas vorbereitet oder lasen aus dem Lesebuch vor und sie waren stolz darüber, dass sie etwas zeigen konnten. Wo liegt das Problem? Eltern reden natürlich darüber, aber Lehrer reden auch über die Eltern. ich glaube allerdings, wenn man mit Kriterien und Beobachtungsbögen arbeitet, dann kann es Probleme geben. Hier ist doch aber mal die große Chance, auf einer ganz anderen Ebene zu arbeiten. Also, nur Mut, es ist toll!!!
Noch etwas: Die Kinder kamen einzeln, jedes für 10 Minuten, während der Zeit waren die anderen SChüler im Klassenraum mit der Klassenlehrerin und machten andere Sachen (malen, Basteln etc.). So war sicher, dass auch jedes Kind zu seinem Recht kam und unterschiedlich gefördert wurde. Jedes brachte sein Buch mit. |
| An meiner alten Schule | | von: clausine
erstellt: 26.01.2008 20:10:41 |
gibt es eine festgelegte Stunde in der Woche, in der Mütter / Väter mit Kleingruppen lesen. Diese Eltern treffen sich sogar unregelmäßig, um sich kleine Aktivitäten zu den ausgesuchten Büchern auszudenken. Beiden, den Eltern und den Kindern, macht diese Stunde (meist) Spaß, dass "getratscht" wird über die Leistungen der Kinder, habe ich nur am Rande mitbekommen.
Größer ist manchmal das Disziplin-Problem: es kommt immer mal wieder vor, dass die Eltern mit bestimmten Kindern nicht klar kommen oder auch, dass Eltern im Klassenraum stehen und sich miteinander unterhalten, während die Kinder durch den Klassenraum toben. Man muss also bei der Einrichtung der Lesestunden gut wählen, welche Eltern in Frage kommen und auch bei der Gruppenaufteilung der Kinder Konfrontationen vermeiden.
Clausine |
| Andrang :-) | | von: janneke
erstellt: 26.01.2008 20:41:26 |
Ich hatte in meinem letzten Durchgang ein so großes Interesse von Seiten der Mütter, dass ich dreimal pro Woche eine Stunde einrichten konnte, in der jeweils zwei bis vier Mütter gleichzeitig da waren und mit den Kindern einzeln gelesen haben. Ich habe mit den Müttern einen Vorbereitungsabend gemacht und ihnen ganz knapp Grundzüge des Lesenlernens näher gebracht und ihnen einiges Material zum Lesenüben vorgestellt. Außerdem hab ich mir von jeder eine Schweigepflichterklärung unterschreiben lassen - aufgrund schlechter Erfahrungen anderer Schulen.
Material hab ich dann immer mit fortschreitendem Lehrgang / nach Bedürfnissen der Schüler zur Verfügung gestellt.
Weil so viele Mütter da waren und das Angebot den Kindern so viel Spaß machte, kamen meistens auch die Guten mit dran. Viel wichtiger war mir aber, dass gerade meine Schwachen ein- bis dreimal pro Woche jemanden hatten, der mit ihnen lesen übte. DAs hatten die Würmer zuhause nämlich in der Regel nicht.
Ich hab nur positive Erfahrungen damit gemacht, in dem Jahrgang haben wir die Lesemütter bis in die dritte Klasse hinein beibehalten.
Ich weiß aber auch, dass der Schuss nach hinten losgehen kann. In der Nachbargemeinde meinte eine Lesemütter-Fraktion, dass sie an der Notengebung der Kinder in Deutsch beteiligt werden müsse, weil sie ja schließlich auch "wesentlichen Einblick in das Leistungsvermögen der Kinder" hatten. Das ging über Schulrat und Anwalt und führte dazu, dass die Schulleiterin bis auf Weiteres den Einsatz von Lesemüttern für ihre Schule untersagte. Aber das ist wohl ein trauriger Einzelfall.
Ich hätte die Lesemütter nicht missen wollen. Der Kontakt war immer sehr herzlich und hat dem allgemeinen Klima sehr gut getan. |
| Erfahrungen | | von: angel19
erstellt: 26.01.2008 20:47:07 |
Erstmal danke, unverzagte, dass du mich auf dieses Forum hingewiesen hast! Ist ja merkwürdig, das zwei 4t-ler am gleichen Tag auf die gleiche Idee kommen ...
Meine eigenen Erfahrungen mit Lesemüttern sind bisher eigentlich gut; das Getratsche über die einzelnen Kinder hat es zwar gegeben (hätte es meines Erachtens auch, ohne dass die "Tratscher" beim Lesenlernen geholfen haben...), aber der überwiegende Effekt für die Mütter/Väter war nach ihren Aussagen, dass sie uns Lehrer und unsere Anstrengungen in der Schule nach außen nur noch vehement verteidigt haben.
Die Kinder hatten insofern etwas davon, als sie auch einmal von Personen "unterrichtet" wurden, die sie nur aus dem Freizeitbereich oder dem Kindergarten her kannten.
Ich habe den Müttern übrigens auch Lernspiele (Puzzles, Dominos, Wort/Bild-Zuordnungsspiele...) an die Hand gegeben, die Kinder haben also nicht nur etwas vorgelesen. Es gab ein "Lesemütter-Heft", in das die Beteiligten mit Datum eintragen konnten, was ihnen Bemerkenswertes an den Kindern aufgefallen ist. Außerdem hatte dieses Heft auch eine Art Protokoll-Charakter, da fast alle auch vermerkt haben, was sie mit den Kindern probiert haben.
angel |
| Hm, jetzt bin ich aber verunsichert | | von: drhaseassi
erstellt: 26.01.2008 23:07:54 |
ich kann nämlich wohl alle Beiträge verstehen, habe soweit aber leider noch ncht gedacht. Ich bin ja noch eher neuling und habe das erste mal meine erste eigene Klasse. Ich möchte möglichst alles richtig machen und möglichst alle schüler fördern und fordern. Bei uns an der Schule gibt es eine förderung für die starken leser, so dass ich dachte, dass ich die zeit nutzen könne, um auch die anderen zu ihrem recht kommen zu lassen. ich hoffe, die entscheidung war richtig. an lesespiele etc. habe ich auch bereits gedacht, so dass die kinder abwechslungsreich und hoffentlich motiviert arbeiten werden.
Ich bin gespannt, wie die Zusammenarbeit mit den Eltern wird, noch bin ich eher positiv eingestellt, da die Eltern alle "vom Land" kommen und damit noch sehr umgänglich und "normal" sind und sich meines Erachtens alle wünschen, dass es den Kindern in der Schule spass macht und sie gerne und effektiv lernen. Ich hoffe, ich kann dem gerecht werden und versuche mein bestes...
dennoch falls es noch weitere Ideen für die Integration von Lesemüttern gibt bin ich jederzeit dankbar.
DrHaseAssi |
| . | | von: palim
erstellt: 26.01.2008 23:35:44 |
Auch bei mir ist die Elternschaft sehr rege. In der 1. Klasse hatte ich 4, jetzt habe ich 8 Lesemütter - wobei es andere als im letzten JAhr sind.
Die Mütter wechseln sich 14tägig ab und klären untereinander, wenn mal jemand verhindert ist. Sie kommen 2 mal in der Woche (jetzt zu zweit).
In der Regel suche ich vorher den Lesestoff aus und erkläre den Kindern, welche Auswahl sie haben. Manchmal gibt es Lesetexte als Kopien und auf der Rückseite sind dann Fragen zum Text. Bewertungen, Kriterien etc. gibt es nicht.
In der Klasse ist eine Liste der Namen und ein kleiner Magnet wird immer weiter gerückt. Mit Hilfe dieser Liste regelt sich in der Stunde ganz von allein, wer an der Reihe ist, zur Lesemutter zu gehen. Die Kinder sehen, wann sie dran sind und geben sich sonst auch gegenseitig Bescheid. Außerdem ist sie unsere Erinnerungshilfe für die nächste Lesemutter-Stunde.
Die Stunden bei den Lesemüttern sind sehr beliebt, die Kinder gehen gerne dort lesen. Niemand muss sich einen Lesetext 20 mal anhören (nicht einmal die Lesemütter, da verschiedene Texte zur Auswahl stehen). Für diese Lesestunden überlege ich vorher genau, was im Unterricht geschieht, damit die Kinder nach und nach zum Lesen gehen und zurück kehren können: also keine Gruppen- und Partnerarbeiten oder fortlaufende Gespräche o.a. in dieser Zeit; Tages- und Wochenplan, Übungsphasen sind dagegen prima.
Ein weiterer Effekt: ich habe in diesem Schuljahr auch Mütter dabei, deren Kinder selbst nicht so gute LEser sind. Zumindest in einem Fall hat die Lesemutter-Tätigkeit die Augen geöffnet, dass häusliches Üben sinnvoll und hilfreich ist.
Eine weitere Möglichkeit ist, dass man für die Kinder Lesemappen anfertigt, in denen dann individuell passende Leseaufgaben sind.
Viel Erfolg mit deinen Müttern und Vätern!
Palim |
Beitrag (nur Mitglieder) |
|
|