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Forum: "Tausende Schulleiter fehlen"
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| Tausende Schulleiter fehlen | | von: bakunix
erstellt: 10.04.2008 18:12:40 |
Am 9.4.08 las ich einen Zeitungsartikel mit der Überschrift "Tausende Schulleiter fehlen". Im Text geht es so weiter: "Im bevölkerungsreichsten Bundesland (NRW) sind den Bezirksregierungen zufolge an 250 Grundschulen und 40 Hauptschulen die Rektorenstellen unbesetzt. Bundesweit sind mehrere tausend Stellen offen. Das NRW-Schulministerium nennt fehlende Kandidaten als Ursache. Es seien zu wenige Pädagogen bereit, den Leitungsjob zu übernehmen. Schulministerin Barbara Sommer (CDU) sieht jedoch keine Krise: "Die Tatsache, dass eine Schulleiterstelle nicht besetzt ist, heißt nicht, dass eine Schule nicht geleitet wird."
Im Verlauf des Artikels wird deutlich, dass es die Grundschulen seien, die von dem Problem betroffen seien. Gymnasien und Gesamtschulen hätten keine Probleme, Schulleitungen zu finden.
Beigefügt ist ein Interview mit Uwe Kanning. Er leitet die Beratungsstelle für Organisationen an der psychologischen Fakultät der Universität Münster.
Kanning sagt, Schulleiter müssten jahrelang unterstützt und aufgebaut – und gerecht entlohnt werden. Denn der bürokratische Job sei gerade für Pädagogen eine Belastung, die eigentlich mit Kindern arbeiten wollen. Ein zusätzliches Problem im Kollegium sei, dass Lehrer es als Autoritätsperson nicht gewohnt seien, Anweisungen zu befolgen.
Ist an dieser Darstellung etwas dran?
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| Im Gegensatz | | von: ishaa
erstellt: 10.04.2008 19:07:19 geändert: 10.04.2008 19:09:02 |
zu Gymnasien und Gesamtschulen sind Grund- und Hauptschulen eher kleine Schulen. D.h. für die SchulleiterInnen, dass sie eine hohe Unterrichtsverpflichtung neben ihrem Leitungsjob haben. Desgleichen ist an diesen Schulformen die Bezahlung am miesesten. Und für das bisschen mehr, dass die Schulleiter bekommen, ist es einfach viel zu viel Belastung. Weiter kommt hinzu, dass kleine Schulen keine Sekretärin haben, die jeden Tag da ist, auch der Hausmeister muss oft mit vielen anderen Einrichtungen geteilt werden. Und SchulleiterIn kann dann dem Hausmeister hinterhertelefonieren, Sekretariatsaufgaben übernehmen UND wahnsinnig viel eigenen Unterricht erteilen. KonrektorInnen bekommt man auch erst ab einer bestimmten Schülerzahl.
Was auch zur Belastung beiträgt, ist sicherlich, dass genau die beiden genannten Schulformen auch diejenigen sind (die Förderschulen natürlich auch), an denen sich Kinder mit vielfältigen Problemen finden und an denen man mehr mit Jugendamt und aufgebrachten uneinsichtigen Eltern, Heimen, Pflegeeltern und Therapieeinrichtungen zu tun hat als an anderen Schulformen. Und das bleibt oft alles bei der Schulleitung hängen, vor allem wenn es noch nicht einmal eine Sekretärin oder KonrektorIn als "Puffer" gibt. Jeder Schulbuchvertreter landet direkt beim Chef/bei der Chefin...
Insgesamt eine wahnsinnige Belastung, die für engagierte Menschen äußerst gesundheitsgefährdend ist. Als ich vor 11 Jahren an meine derzeitige HS kam, wurde kurz darauf der Chef wegen eines extremen Tinnitus und Herzrhytmusstörungen vom Amtsarzt "zwangspensioniert", mit 55. Der jetztige Chef hatte im Herbst einen schweren Herzinfarkt, ob er noch mal wieder kommt, wissen wir nicht genau. Was bei uns auf dem Land zur Zeit als Belastungsfaktor hinzukommt, sind Schulauflösungern und Zusammenlegungen.
Wenn ich dann so was lese, dass das ein schwieriger Job sei, weil Lehrer sich nichts sagen lassen, geht mit echt das Hütchen hoch!!!
ishaa |
| Genau ... | | von: liko
erstellt: 10.04.2008 21:06:43 |
... diesen Satz,
"Die Tatsache, dass eine Schulleiterstelle nicht besetzt ist, heißt nicht, dass eine Schule nicht geleitet wird.",
halte ich schlicht und ergreifend für eine bodenlose Frechheit!
Es ist unglaublich, wie viele Kollegen, die solche Arbeit ohne entsprechende Bezahlung bewältigen, schamlos ausgenutzt werden. Allein die Tatsache, dass ein Konrektor erst nachdem er bereits ein Jahr "im Amt" ist, auch tatsächlich so bezahlt wird, geht mir einfach nicht in den Kopf! Ich weiß nicht, ob das flächendeckend so gehandhabt wird, aber ich habe allein zwei Fälle in meinem direkten Umfeld und dies ist nach deren Aussage absolut "üblich"...
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| Die Misere der Misere | | von: bakunix
erstellt: 10.04.2008 21:14:05 geändert: 10.04.2008 21:19:21 |
Wenn ich Euere Beiträge lese, vermutet man schon eine bundesweite Misere auf dem Lehrerarbeitsmarkt. Nicht nur dass Lehrer/innen zu tausenden mit Zeitverträgen abgespeist werden, sondern dass auch beim Führungspersonal gespart wird. Die Arbeitsbedingungen scheinen ziemlich mies zu sein. Ich weiß aus RLP, dass eine Stellenbesetzung zum Schulleiter zunächst zur Folge hat, dass man ein Jahr „fer umme“, wie man hier sagt, also beim bisherigen Gehalt, arbeiten muss. Dazu kommt, dass die Schulträger die Schulen oft miserabel ausstatten, und dass es bundesweit nicht mal eine Stellenbeschreibung für den Beruf der Schulsekretärin gibt. All das sind Puzzlestücke eines Systems, die zeigen, dass in den letzten Jahren der Bildungsbereich als Steinbruch für Haushaltseinsparungen bzw. für Umschichtungen in andere Ressorts genutzt worden ist. Das Schlimme daran ist, dass die Gesundheit der Kollegen und Kolleginnen aufs Spiel gesetzt wird. Und das, obwohl man als Beamter ewige Treue für seinen Dienstherrn zu schwören hatte. Wo bleibt da die Gegenleistung? |
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