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Forum: "Brillianter Artikel"
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| polemisch heißt nicht falsch | | von: rhauda
erstellt: 25.05.2008 09:05:22 geändert: 25.05.2008 09:20:41 |
Das Grundproblem, dass der Autor hier anmerkt, hat noch nichts an Aktualität verloren:
All das Geklippere und Geklappere, das Gleichmachen, der Unterrichtszirkus mit Methodenentertainment hat noch an keiner Stelle bewiesen, dass es auf Dauer gutem anderen Unterricht überlegen ist, geschweige denn, dass es in der Lage ist, unser Bildungsproblem zu lösen. Eher das Gegenteil ist der Fall, wenn man sich einige der zitierten Studien anschaut.
Da lügen sich viele "Bildungsexperten", Seminarleiter und auch viele Lehrer einen in die Tasche.
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| ein Argument mal rausgegriffen ... | | von: vobiscum
erstellt: 25.05.2008 10:12:33 geändert: 25.05.2008 11:00:52 |
Der Autor schreibt: "Es ist paradox: Als Vermittler kognitiven Wissens soll der Lehrer sich zum Verschwinden bringen; als Lebensberater,
dessen pädagogischer Imperialismus keine Grenzen mehr kennt, kehrt er zurück und macht das ganze Leben der Kinder zum Gegenstand einer fürsorglichen Belagerung, die von diesen, so meine Erfahrung an vielen Gymnasien,
durchaus nicht gewünscht wird. Diese Ausweitung der Schule ins Leben, die von den Propagandisten des pädagogischen Sozialstaats munter gefordert wird und die die Eltern so herrlich entlastet, ist aber nicht nur deshalb Unfug, weil sie von den jetzigen und vorstellbaren Lehrern nicht geleistet werden kann." Finde ich toll, wenn SchülerInnen und Eltern die erforderliche Selbstkompetenz mitbringen, um dem "pädagogischen Sozialstaat" nicht ausgeliefert zu sein. Was ist aber mit all denen, bei denen diese Selbstkompetenz verzögert, verkümmert oder verschüttet ist ? Wer erkennt und stößt die erforderlichen Hilfen an, leitet Unterstützung ein ? Wie sollen eigene Ressourcen der Betroffenen (erneut) mobilisiert werden ?
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| Interessant zu lesen, aber ich bezweifle, daß immer | | von: lupenrein
erstellt: 25.05.2008 11:37:38 geändert: 25.05.2008 11:42:22 |
sorgfältig gearbeitet wurde.
Wenn ich lese, in einer Untersuchung sei festgestellt worden, daß zu Beginn des 7. Schuljahres sowohl Gesamtschüler als auch Realschüler ähnlich gut waren, der Unterschied am Ende des 10. Schuljahres aber bis zu 15 Punkte ausmachte - was immer das heißen mag - fällt mir ein, daß Eltern meist bis zum Ende des 6. Schuljahres helfen können.
Danach wird´s schlimmer.
Schüler in den Realschulen sind häufig Nachwuchs von Menschen, die selbst mindestens einen mittleren Bildungsabschluß hatten und die sehr wohl in der Lage sind, entweder selbst zu helfen oder Hilfe zu organisieren (und zu bezahlen).
Und das die Konstruktivisten sich mittlerweile nach Irrungen und Wirrungen größtenteils zum gemäßigten Flügel zählen, die Ergebnisse der Neurobiologen über das Lernen nutzen, aber gerade darum auch wissen, daß man nur dort etwas "andocken" kann (Konstruktion), wo etwas zum "Andocken ist (durch Instruktion z. B.), scheint nicht vorzukommen in dem Artikel.
Wer z. B. Gudjons neues Buch liest, erfährt, daß sich wohl eine gesunde Mischung von Instruktion und Konstruktion als erfolgversprechend gezeigt hat.
Und da hat auch der Frontalunterricht seinen Platz.
Entweder/Oder mag in der Logik meist stimmen.
Ich meine, in unserem Beruf hilft ein entschiedenes Sowohl/ Als Auch eher weiter als eine fundamentalistische Position für oder gegen etwas.
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| @rhauda | | von: ing_08
erstellt: 25.05.2008 12:43:05 geändert: 25.05.2008 12:44:44 |
All das Geklippere und Geklappere [...] hat noch an keiner Stelle bewiesen, dass es auf Dauer gutem anderen Unterricht überlegen ist
Sehe ich auch so.
Das Max-Planck-Institut berichtet seit Jahren unaufhörlich, daß lehrerzentrierter, diziplinierter Unterricht im allgemeinen der bessere Unterricht ist.
In der Studie von 1990 (veröffentlicht 1992), die das DDR-System leistungsmäßig überprüfte, empfand man den zügigen, fachlich anspruchsvollen Frontalunterricht mit gezielten Intermezzi nichtfrontaler Methoden beeindruckend. Effektiv, effizient, rationell.(*)
Die Finnen sahen das Anfang der 60er ähnlich, und übernahmen den didaktischen Ansatz der lehrerzentrierten Klassenführung (classroom management), den ursprünglich die DDR Ende der 50er erfunden hatte(**) und zu der Zeit erstmals implizit in das Diplomlehrerstudium einband.
Freier Unterricht/ schülerzentrierter Unterricht hat vor allem einen eklatanten Mangel, der das Konzept nachhaltig unterminiert:
Um eigenverantwortlich zu lernen, um sich Wissen selber anzueigenen und Kenntnisse systematisch aufzubauen, benötigt ein Kind gerade die Fähigkeiten, die der offene Unterricht paradoxerweise herbeiführen möchte.
Ein Schüler kann hohe Lehrplananforderungen in der verlangten Tragweite nur dann erreichen, wenn der Schüler bereits über ein hohes, vielseitiges UND anwendungsgerechtes Wissen verfügten, sowie ein ausgeglichenes Individualverhalten innerhalb der Gemeinschaft zeigt.
Beides ist offenkundig gerade bei jungen Schulkindern (Unterstufe) in aller Regel überhaupt nicht der Fall. Anders formuliert, es profitieren nur die ohnehin schon leistungsstarken Kinder, während der allergrößte Rest stagniert.
Das beobachte ich permanent in den Grundschulen;
vergleiche ich, was ich nach dem 4. Schuljahr lehrplanmäßig zu wissen, zu können und zu beherrschen hatte, kann kein offener Unterricht gegen guten, fordernden Frontalunterricht bestehen.
Im Grunde bemitleide hin und wieder unsere Kinder, die schon in den Grundschulen bewußt intellektuell wie sozial verwahrlost werden.
(*) Ostdeutsche Schülergruppen überlegen in Mathematik, Naturwissenschaften, Technik und deutscher Sprache; ausgeglichene Werte für das Fremdsprachenniveau, statt Englisch stand Russisch im Mittelpunkt; unterlegene Werte für geisteswissenschaftliche Fächer wie Geschichte usw., die ideologische Überfrachtung fiel stark negativ auf
(**) Es wurde keine Bezeichnung dafür gefunden, sondern die methodischen Ansätze Überblick, Gleichzeitigkeit, stetiger & zügiger Stoffortschritt, Motivation, strikte Regeln, Lob & Tadel, scharfe Leistungsbewertung, kollektives Lernen flossen als didaktische Aspekte in die Lehrerausbildung ein. |
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