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Forum: "Treibt uns die berufliche Professionalität in ein Doppelleben?"
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| Treibt uns die berufliche Professionalität in ein Doppelleben? | | von: crusher
erstellt: 21.07.2008 00:25:04 |
Also ich bin mir nicht sicher, ob der Beitrag hier richtig platziert ist, aber ich muss jetzt mal was loswerden.
Ich habe seit ich im Lehrberuf tätig bin immer wieder beobachtet, dass Lehrer sich privat oft völlig anders verhalten, als auf der Dienststelle. Diese Erfahrung habe ich sogar als Schüler schon gemacht. In der Schule der strenge Mathelehrer und nachmittags der Mann, der mit uns Fußball gespielt hat. Mir ist natürlich klar, dass wir die richtige Mischung aus Nähe und Distanz brauchen. Das Schülerverhalten nicht gegen mich als Mensch, sondern den Lehrer zu sehen. Ein Drahtseilakt, der nicht immer leicht ist. Manchmal habe ich irgendwie die Befürchtung, dass uns die Professionalität auch zur Falle werden kann. Als würde die Rolle die wir irgendwie spielen zur Wirklichkeit und die Wirklichkeit wird zum Spiel. Die Trennung fällt mir nicht immer leicht und nach meiner bisherigen Erfahrung scheint es im Lehrerberuf wohl genauso zu sein, dass man besser nicht allzu viel Privates von sich preisgibt. Wie bleiben wir aber trotzdem noch authentisch ohne uns zu verstellen? Die Schüler merken das ja auch sofort. Ich habe nicht selten den Eindruck, dass sich Kollegen hinter dem Begriff Professionalität auch verstecken.
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| Freibad | | von: ishaa
erstellt: 21.07.2008 00:50:44 |
Nun ja, als Grundschullehrerin ist das vielleicht ein bisschen anders...
Unsere HS-Sprösslinge haben mit Nähe und Distanz da schon manchmal ihre Schwierigkeiten. Ich erinnere mich an Nachmittage, wo ich schon Schwierigkeiten hatte, einer Meute von fast 30 SchülerInnen meiner Schule (Nachbargemeinde) klarzumachen, dass ich nicht ins Schwimmbad gekommen bin, um mir pausenlos Wasserschlachten mit ihnen zu liefern.
Einmal hatte ich eine wirklich blöde Situation mit einer unserer "Härtefälle", die sich provozierend vor mir, Freundin und Sohn aufbaute und dummes Zeug von sich gab. Als ich mich später wunderte, dass es meinen Nachwuchs an diesem Tag weder nach Eis noch Fritten gelüstete, stellte sich heraus, dass er Angst hatte , dass "dieses Mädchen" sich am Kiosk aufhalten könne. Da hört der Spaß dann doch auf.
Also, so auf dem Lande, da sehe ich mich im Freibad (auch mit zunehmendem Alter und gleichermaßen zunehmenden Krampfadern ) und in Kneipen durch meinen Beruf doch etwas eingeengt. |
| Also ich | | von: frauschnabel
erstellt: 21.07.2008 09:55:21 geändert: 21.07.2008 10:00:00 |
führe schon so eine Art Doppelleben, finde das aber gar nicht schlimm, weil es nicht alle Teile meines Lebens betrifft! Ich gehe aus wann und wohin ich will und treffe gerne Schüler auch im Schwimmbad. Trage jedoch nicht alle Klamotten, die ich in der Freizeit trage auch im Dienst, Fluche zu Hause, dass sich die Balken biegen, mache das aber nicht vor den Schülern!
Aber gerade jetzt in den Ferien fällt mir das "Doppelleben" (ich würd es gar nicht unbedingt so bezeichnen wollen)besonders auf.
Ich bin von Natur aus eine freundliche Person, die nicht immer Recht haben muss, auch mal zurück steckt und vieles auch mal aussitzen kann, ich bin chaotisch und lasse gerne mal Fünfe gerade sein. Und habe mich letztens gefragt, wie ich es schaffe, dass die Schüler Respekt vor mir haben und sich benehmen, denn das tuen sie ja, Außnahmen bestätigen die Regel
Folgendes Ergebnis:
In meiner Klasse "sehe ich ganz anders aus", wie sonst sollte ich meine Hauptschüler, mit denen ich jetzt in die neunte Klasse gehen zurecht kommen und woran sollten die sich sonst orientieren, wenn nicht an meiner klaren Linie, mit festen Regeln und einer Lehrerin, die nett und höflich ist aber Grenzen steckt, denn die Eltern meiner Schüler tuen dies nicht.
Und die Schüler verstehen das auch recht gut, denn auf einem Ausflug oder auf Klassenfahrt ist man ja auch anders als im Klassenraum, denen scheint auch schon klar sein: "schnaps ist schnaps" und "dienst ist dienst" und daran halten wir uns alle.
Ich finde das eigentlich ganz gut, denn so ist mein Privatleben ein schöner Ausgleich zu meiner Arbeit und ich möchte Privat gar nicht so streng sein, wie ich es in der Schule bin!
lg frauschnabel |
| @crusher | | von: aloevera
erstellt: 21.07.2008 23:31:19 geändert: 21.07.2008 23:32:44 |
Schüler fragen mich, was ich von Drogen halte. Dann sage ich, dass ich es nicht gut finde und viele Menschen dadurch ins Verderben gestürzt werden. Wochen später treffe ich sie in meiner Stammkneipe und dann erwischen sie mich auch noch beim Rauchen
Das ist doch menschlich, so etwas passiert. Deine erste Aussage ist richtig, so ähnlich würde ich auch reagieren, ich würde aber auch dazu stehen, dass ich rauche und mir der Gefahren bewusst bin.
Das wäre aber für mich kein Doppelleben. Mit dem Begriff verbinde ich spontan etwas Negatives (so wie Unehrlichkeit, Seitensprung, etwas Kriminelles). Das ist aber eine rein persönliche Empfindung.
In anderen Berufsgruppen findest du die gleiche Problematik. Wie viele Ärzte rauchen und klären ihre Patienten über dessen Schädlichkeit auf? Führen sie ein Doppelleben?
Wenn der Arzt dir erklärt, dass du auf deine Leberwerte achten sollst, du ihn aber beim Biertrinken erwischt, führt er doch auch kein Doppelleben, sondern übt einerseits seinen Beruf aus und ist andererseits ein ganz normaler Mensch, oder ? |
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