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Forum: "Elterngespräche wegen Schulzweig-Empfehlungen"
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| Elterngespräche wegen Schulzweig-Empfehlungen | | von: bika
erstellt: 06.04.2004 13:34:34 geändert: 06.04.2004 13:34:53 |
Hallo liebe 4t's!
Ich bin kurzfristig für eine erkrankte Kollegin eingesprungen und habe ihre Klasse übernommen. Da nach diesem, dem 6. Schuljahr, die Kinder in die verschiedenen Schulzweige gehen werden, finden momentan Einstufungskonferenzen und Beratungsgespräche mit den Eltern statt. Nach den Osterferien ist wieder ein Termin für ein Beratungsgespräch - und diesmal bin ich die Klassenlehrerin und habe die Aufgabe, den Eltern die Entscheidung der Klassenkonferenz darzulegen .
Bei den meisten Eltern ist das auch kein Problem, da ihre Einschätzungen mit denen der Schule übereinstimmen. Aber es gibt auch ein paar Eltern, die unbedingt wollen, dass ihr Kind auf den Realschulzweig geht, obwohl es dort kein Bein auf den Boden bekommen würde . Wie erkläre ich das den Eltern unmissverständlich, aber ohne jemanden zu kränken? Natürlich sind die Noten ein wichtiger Indikator, aber bei manchen Schülern ist die Entscheidung wirklich sehr knapp und hängt eben nicht von den Noten allein ab. Ich glaube, ich bin einfach zu freundlich und verständnisvoll (falls es so etwas gibt?) - wie macht ihr das und findet den richtigen Weg? Oder habt ihr damit vielleicht auch manchmal Probleme?
Das ist für mich das erste Mal, dass ich eine eigene Klasse habe und demnach habe ich nicht sooo viele Erfahrungen mit Elterngesprächen .
Bin sehr gespannt auf eure Erfahrungen, vlg bika |
| Mach dir nicht zu sehr einen Kopf | | von: bernstein
erstellt: 06.04.2004 15:57:19 |
liebe bika, um die Eltern und deren Gefühle, die du möglicherweise verletzen könntest. Wie du ein Kind leistungsmäßig einschätzt, hat nichts mit persönlicher Wertschätzung zu tun. Du hast als Anhaltspunkte für deine Beurteilung die erbrachten Leistungen und das Arbeits- und Sozialverhalten der Schüler. Damit kannst du dir auch eine innere Distanz in diesen elterngesprächen verschaffen.
Ich habe mehrere 5./6. Klassen gehabt, musste Laufbahnempfehlungen ausformulieren, Elterngespräche führen und habe immer wieder erfahren müssen, dass sich leider eine sehr große Zahl von Eltern auf diese Empfehlungen "setzen" und dennoch ihr Kind an die Schule ihrer Wahl anmelden, was ihr gutes Recht ist. Nur, ich sehe ja im Laufe der Zeit das Elend dieser Kinder. Von 10 Jahrgängen, die ich so mitverfolgt habe, hat ein Mädchen mit einer Ehrenrunde in Klasse 13 trotz Realschulempfehlung das Abitur geschafft. Im glatten Durchmarsch keiner. Die meisten verlassen im Laufe von Klasse 7 und 8 die ursprünglich gewählte Schule und habe eine mehr oder weniger lange Zeit von starkem Druck und ständigen Misserfolgen hinter sich. Dieses Szenario versuche ich den Eltern in Gesprächen vor Augen zu führen und ihnen gleichzeitig ein anderes auszumalen, nämlich eine Schulsituaton, in der ihr Kind sich wohlfühlt, weil es nicht überfordert wird, in der es durch gute Leistungen dazu angespornt wird, noch mehr zu leisten.
Ich verweise auch stets auf die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems, die es uns ermöglicht, jeden Schulabschluss zu jeder Zeit nachzumachen.
Hast du neulich die Ärztin bei Wer wird Millionär erlebt, die die Million gewonnen hatte? Was für kluge Eltern hatte diese Frau gehabt!!! sie war erst zur Hauptschule gegangen, weil es ihr empfohlen worden war (sehr verträumt, sehr unaufmerksam) und so nach und nach erwachte in ihr der Ehrgeiz: nachdem Hauptschulabschluss realschulabschluss, dann Ausbildung Krankenschwester, berufsbegleitend Abitur, dann Medizinstudium, alles neben dem Beruf. toll.
bin etwas ins Schwafeln geraten, aber ich hoffe, du kannst dir das rausholen, was für dich wichtig ist.
liebe Grüße
Ulla |
| ... | | von: fossy
erstellt: 06.04.2004 16:18:57 geändert: 06.04.2004 16:26:29 |
Ich kann die Entscheidung der Klassenkonferenz vor den Eltern begründen, aber trotzdem nicht ausschließen, dass sie falsch ist, denn ich maße mir nicht an vorherzusagen, dass das Lernen nach der 6. Klasse genauso erfolgt, wie bis zu diesem Zeitpunkt.
Auf jeden Fall lege ich dar, weshalb der vorgeschlagene Bildungsgang für das Kind aus Sicht der Klassenkonferenz geeignet ist und ein anderer Weg ungeeignet erscheint. Auch Informationen über indirekte Wege/variable Wege, die durch die Durchlässigkeit unseres Bildungssystems möglich sind, gebe ich.
Die Entscheidung treffen letztendlich die Eltern und die entsprechende Schule durchläuft/durchlebt/durchleidet dann ihr Kind.
Liebe bika, du möchtest Gutes für deine Schüler, die Eltern wollen Gutes für ihr Kind. Das heißt nicht, dass ihr das Gleiche wollt. |
| Mich hat es auch erwischt! | | von: palim
erstellt: 06.04.2004 20:09:15 |
Hallo Bika!
Mich hat es hier in Niedersachsen auch erwischt - dummerweise wird die OS abgeschafft und nun muss die Grundschule die Empfehlungen abgeben.
Vor diesem Jahr (also 4. Klasse) hatte ich ein sehr ungutes Gefühl, da es keine Richtlinien, Hinweise oder sonst was gab... die kamen erst im Laufe des Jahres dürftig vom Ministerium.
Ich habe mir selbst auch einen Kopf drum gemacht - im Verlauf des Jahres allerdings gemerkt, dass es gar nicht so wild ist. Wie du ja selbst sagst: bei den meisten Kindern ist es recht eindeutig. Für die Entscheidung der Eltern, ihr Kind nicht auf die empfohlene Schule zu schicken, übernehme ich keine Haftung - schließlich habe ich es ihnen ja erklärt, warum und wieso die Empfehlung ausgesprochen wird.
Hilfreich war für mich ein Buch aus dem Cornelsen Verlag, in dem es um die Laufbahnempfehlung ging:
Die beste Schule für mein Kind, Entscheidungshilfen für die Wahl der weiterführenden Schule von Kowalczyk/ Ottich, Cornelsen Verlag, 8,95 Euro, ISBN 3-589-21579-8
Das habe ich gelesen und es sind u.a. ganz gute Hinweise darin, worauf man noch achten sollte. Ich habe es den Eltern empfohlen (zum Ausleihen angeboten) und außerdem einen "Beurteilungsbogen" ausgegeben, den die Eltern zur Einschätzung ihres Kindes ausfüllen sollten.
Da standen dann Sätze wie:
Ist ihr Kind an neuen Dingen interessiert?
Welche Einstellung hat es zur Schule?
Löst es die Hausaufgaben selbstständig und ohne Druck?
Mit wie viel Aufwand hat ihr Kind die derzeitigen Noten erreicht?
etc.
Mehr als den Eltern deine Entscheidung zu begründen und zu erklären kannst du nicht tun. Damit tust du wohl auch dein Bestes.
Liebe Grüße
Palim |
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