Vor genau zwei Jahren passierte das schreckliche Massaker in Erfurt. Noch heute bin ich fix und fertig, wenn ich daran denke. Schlimmer noch, seitdem hat sich in der deutschen Schullandschaft nichts geändert, es ist zum Teil sogar noch härter geworden. Ich begreife immer noch nicht, warum man sich immer noch nicht mehr Gedanken um die Gefühlswelt von Schülern, also Kindern und Jugendlichen, macht. Es wäre alles viel einfacher, wenn wir die jungen Menschen einfach ernst nehmen würden. Das können wir aber nicht, solange uns unsere Sichtweise, wie mensch zu sein hat, was er zu lernen hat, die wahre Sicht auf das Wesen jeden einzelnen Kindes verstellt.
Ich habe Angst, dass es eines Tages noch schlimmer kommt. Was denkt Ihr, was fühlt Ihr, wenn Ihr an Erfurt denkt?

Ich denke mit Grauen an diesen Tag - ich hatte genau an diesem Tag meine mündliche Prüfung im erziehungswissenschaftlichen Bereich und hatte u.a. das Thema "Gewalt und Aggressionen". In der Prüfung sind wir auf Littleton gekommen und ich wurde gefragt, ob die dortigen Geschehnisse typisch amerikanisch seien oder ob sich sowas auch auf Deutschland übertragen lässt. Ich habe damals eine Prognose gegeben, dass das über kurz oder lang auch bei uns geschehen wird - direkt nach der Prüfung kam die Nachricht... Wir waren alle ziemlich geschockt. Nun musste man kein Hellseher sein, um das vorherzusagen, aber die zeitliche Abfolge war schon merkwürdig...

Glücklicherweise hat sich wenigstens das Schulrecht (Abschlüsse) geändert - aber wie willst Du was auffangen, was nicht nur in der Schule verbockt wird?

Bei Klassengrößen um die 30 kann man sich einfach nicht um jeden Schüler Gedanken machen. Das ist einfach nicht zu schaffen - ich für meinen Teil versuche es, hänge aber dafür auch mehr Stunden an und in der Schule, als ich sollte.

Ich bin aber auch der Meinung, dass Erfurt nicht die alleinige Schuld der Lehrer war - was ist denn mit Eltern, Freunden, Umwelt?
_{(An dieser Stelle könnte ich jetzt eine pädagogische Diskussion lostreten...genau mein Fachgebiet)}

die Erfahrung nicht das Mindeste lehrt. - so ein zynisches und zugleich zutreffendes Sprichwort meines verstorbenen Schwiegervaters.
In Thüringen ist es, wie ich von einer jungen Kollegin weiß, nur noch rigider und strenger geworden, Versagensängste werden z.B. durch Prüfungen am Ende von Klasse 10 weiter geschürt, die viel stärkeres Gewicht haben als die Prüfungen Klasse 10 in anderen Bundesländern.
Reaktion auf PISA und Erfurt bei "uns" in Niedersachsen: auch Anziehen der Leistungsanforderungen ohne Verbesserung der Lern- und Lehrbedingungen, die Bildungspolitiker machen sich zu willenlosen Handlangern der Wirtschaft, wichtige Fächer für die emotionale Sozialisation werden mehr und mehr zurück gebaut.

Ich weiß, der folgende Vergleich hinkt, aber ich meine trotzdem, dass er die Situation gut beschreibt:
Die Sau wird nicht dadurch fetter, dass man sie ständig wiegt. Man muss sie auch anständig füttern.

Ich fürchte, es wird weitere Erfurts geben, und man wird wieder und wieder die falschen Schlüsse draus ziehen.
(Siehe der erste Satz meines Beitrags)

www.schrei-nach-veraenderung.de
http://www.fh-erfurt.de/schule/schule2004.htm

...dass Du wahrscheinlich sehr recht hast...

Saßen wir gerade in einer Fortbildung, als die Nachricht bekannt wurde. Ein Kollege sagte:
" Zählt durch wenn es uns erwischt hätte, wäre jetzt keiner mehr am leben."
Ich hatte schon zwei Nächt in denen ich schlecht geschlafen habe. Eigentlich läuft die Entscheidung darauf hinaus: willst du diesen Beruf weiter machen oder ist dir das Risiko zu groß. Wenn du weiter machst verdrängst du das Problem. An meiner Schule wird so etwas nicht passieren. Dann denkst du nur noch an Gedenktagen an diese Ereignis.
Aber hat sich etwas an deiner Schule oder in deinem Verhalten verändert, damit so etwas nicht wieder passiert!