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Forum: "Guckt ihr noch ins Lexikon?"
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| Guckt ihr noch ins Lexikon? | | von: klexel
erstellt: 12.06.2013 22:40:01 geändert: 12.06.2013 22:41:24 |
Kennt ihr auch noch das Gefühl, einen Band eines mehrbändigen Lexikons herzunehmen, um etwas nachzuschlagen, sich dabei verleiten zu lassen, vor- und zurückzublättern und zu stöbern und dabei spannende Dinge zu entdecken?
Ich habe das geliebt, und ein 12bändiges Lexikon steht bei mir auch heute noch im Regal - leider immer weniger beachtet, weil das Internet doch irgendwie heutzutage viel schneller greifbar ist..
Nun wird nach der weltberühmten Enzyclopaedia Britannica auch der Brockhaus in Buchform eingestellt.
http://www.sueddeutsche.de/kultur/brockhaus-am-ende-wissen-das-nie-am-rechten-ort-ist-1.1695116
Irgendwie schade.
Welchen Bezug hattet ihr früher oder habt ihr heute zu einem Lexikon?
Zum Schluss noch mein Lieblingsgedicht von Eugen Roth:
Das Hilfsbuch
Ein Mensch, nicht wissend von „Mormone“
Schaut deshalb nach im Lexikone
Und hätt es dort auch rasch gefunden –
jedoch er weiß, nach drei, vier Stunden
Von den Mormonen keine Silbe –
Dafür fast alles von der Milbe,
von Mississippi, Mohr und Maus:
Im ganzen „M“ kennt er sich aus.
Auch was ihn sonst gekümmert nie,
Physik zum Beispiel und Chemie,
Liest er jetzt nach, es fesselt ihn:
Was ist das: Monochloramin?
„Such unter Hydrazin“, steht da.
Schon greift der Mensch zum Bande „H“
Und schlägt so eine neue Brücke
Zu ungeahntem Wissensglücke.
Jäh fällt ihm ein bei den Hormonen
Er sucht ja eigentlich: Mormonen!
Er blättert müd und überwacht:
Mann, Morpheus, Mohn und Mitternacht.
Hätt weiter noch geschmökert gern,
Kam bloß noch bis zum Morgenstern
Und da verneigte er sich tief
Noch vor dem Dichter – und – entschlief. |
| vielleicht | | von: janne60
erstellt: 12.06.2013 22:57:08 |
kennt ihr das Buch oder den Film "Das Labyrinth der Wörter". Darin wird genau das beschrieben, was klexel sagt: Das Klebenbleiben an Wörtern, das Hinübergleiten zu anderen, das Blättern und Weiterlesen........herrlich.
Ich habe etliche Nachschlagewerke im Regal und nutze sie nach wie vor, da ich den PC ja nun nicht IMMER anhabe und das mit einem Buch dann einfach schneller geht (wenn ich allerdings am PC sitze, suche ich meine Informationen im Netz).
Mit meinem Sohn wetteifere ich hin und wieder, wenn eine Frage aufkommt, die wir gern lösen möchten, wer von uns beiden schneller die Antwort findet. Während ich dann ans Regal haste und ein passendes Buch bemühe, zückt er mit lässiger Geste sein Smartphone und googelt
Er gewinnt natürlich, aber ich sitze dann gemütlich mit meinem Buch und blättere, lese mich fest, springe zu einem anderen Thema, lese weiter...........
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| Der Blick | | von: caldeirao
erstellt: 12.06.2013 23:03:30 geändert: 12.06.2013 23:08:13 |
ins Lexikon wird immer seltener. Internet löst dieses Bedürfnis zunehmend ab.
Aber es wird ja auch nach einer Story gefragt.
Es war Mitte der 90-er Jahre, dass eine Tante vom Bertelsmannklub vor unserer Tür stand und eine Lexikaserie für 7.000 DM verkaufen wollte. Zum damaligen Zeitpunkt hätten wir diese Summe nie im Leben aufbringen können. Es war damals ein guter gebrauchter Kleinwagen, den wir uns hätten in Schrank stellen können. Als ich der Tante sagte, dass wir noch überlegen müssten und naiv, wie ich war, noch den Vergleich brachte, ob sie von jetzt auf gleich einem Schrank für 3000 DM kaufen würde ohne zu überlegen, .. na ich glaube, den Rest könnt ihr Euch denken. Jedenfalls kamen wir mit einem blauen Auge davon. Übrigens war dieser Besuch eine Auszeichnung für ... (leider weiß ich das nicht mehr genau). Heute sind wir heil froh, dass diese Bücher nicht bei uns zu Hause rumstehen und alle 4 Wochen oder mehr auf das Staubtuch warten. Außerdem fahre ich lieber mit dem Auto durch die Gegend.
Ich glaube, dass sich das Lexikon überholt hat, auch wenn man wehmütig zurückblickt. In einem Buch mag ich noch lieber lesen, als auf irgendwelchen elektronischen Geräten, aber ich befürchte, dass das auch nur eine Frage der Zeit ist
Ob man uns als alt und verkalkt wegen diesr Liebe zum Papier sieht?
schnell duck weg, bevor es haue gibt |
| Sicher ist der Brockhaus | | von: caldeirao
erstellt: 13.06.2013 19:46:05 |
besser recherchiert, wissenschaftlich fundiert und mit einer Akribie zusammengestellt, die ihres Gleichen sucht.
Die Vorteile des Internets sind meines Erachtens, wie hier schon geschrieben ist, es ist schneller, es ist aktueller- was "Modetrends" und wissenschaftliche Entwicklung betrifft, wenn ich die eine Erklärung nicht verstanden habe, kann ich mir eine 2. oder 3. Seite anschauen, es mit Bildern und Filmen unterstützen usw. Außerdem ist es viel billiger und nimmt auch nicht so viel Platz weg.
PS: Ich verwende meist weiche Formulierungen, weil es meine Meinung ist, Ich erhebe nicht den Anspruch, dass das das wahre Wort ist. Ich möchte sie aber frei nennen können ohne das mir das Wort im Munde umgedreht wird oder man dies ins lächerlich zieht. Ich möchte, das man damit respektvoll umgeht und sie von mir aus mit Argumenten widerlegt. |
| das letzte Mal | | von: fruusch
erstellt: 14.09.2014 11:33:29 |
dass ich in einem Lexikon geblättert habe, ist wohl so ca. 20 Jahre her. Damals habe ich meine Facharbeit in der Oberstufe geschrieben und in einem uralten Brockhaus (von ~1890!) meines Großvaters geschmökert.
Heutzutage haben diese Nachschlagewerke meiner Meinung nach zu Recht keine Bedeutung mehr. Warum? Das ist leicht zu erklären.
Zum einen nimmt das Wissen der Menschheit so schnell zu, dass man nicht mehr hinterherkommt, Lexika aktuell zu halten - ganz besonders, wenn man auch noch einen Qualitätsanspruch hat. Außerdem kann man ja auch nicht immer nur Neues dazu nehmen, man muss auch entscheiden, was man statt dessen rauswirft. Ansonsten würde ein Brockhaus nicht nur ein Regal, sondern bald ganze Räume und Häuser füllen.
Zum anderen sind gerade qualitativ hochwertige Werke seeehr träge. Wenn ich nachschlagen will, wer 2014 den Nobelpreis in Chemie erhalten hat und wofür, will ich nicht bis 2016 warten.
Der gigantisch hohe Preis ist ein weiteres Argument gegen ein Lexikon. Warum sollte ich tausende von Euro ausgeben für teilweise veraltete Informationen, die ich anderswo viel schneller und komfortabler, und vor allem gratis bekommen kann?
Darüber hinaus ist die klassische Recherche im Lexikon sehr aufwändig. Für Querverweise brauche ich meist einen anderen Band, wenn nicht gar ein ganz anderes Werk, das ich höchstwahrscheinlich gar nicht besitze. Im Internet dagegen genügt ein Klick, um von einem Querverweis zum nächsten zu springen.
Die Aktualität von Lexika habe ich ja schon angesprochen. Aber da kommt gleich ein weiteres Problem auf mich zu. Will ich auf dem Laufenden bleiben, muss ich regelmäßig die neueste Ausgabe kaufen (und noch ein Kleinwagen im Regal). Was mache ich dann mit der alten Ausgabe? Archivieren? Ich habe keine Lust, eine zusätzliche 3-Zimmer-Wohnung zu mieten, nur damit ich alte Lexika darin stapeln kann. Weiterverkaufen? Wer will schon ein veraltetes Lexikon haben? Der Wiederverkaufswert wäre (anders als bei den meisten Büchern) also sehr gering. Dass sich in der Neuausgabe nur ca. 1% des Inhalts überhaupt verändert hat (die Lebensdaten von Julius Caesar und die Ordnungszahl von Sauerstoff verändern sich halt nicht mehr wesentlich), macht die Sache natürlich nicht besser.
Die oft geschmähte mangelnde Qualität von Wiki & Co. ist außerdem bei weitem nicht so schlecht, wie oft behauptet wird. Es gibt sogar Untersuchungen, die belegen, dass wikipedia es gut mit dem Brockhaus oder der Encyclopedia aufnehmen kann, was die Qualität der Informationen angeht. Natürlich gibt es Gegenbeispiele, aber mit ein bisschen Übung und gesundem Menschenverstand kann man sehr schnell valide von fragwürdigen Informationen unterscheiden. Dazu gehört u.A. auch, sich nicht nur auf eine Quelle zu verlassen, wozu man beim Lexikon (das übrigens gelegentlich auch ganz schönen Bockmist verbreitet) schon fast gezwungen ist, weil die Beschaffung weiterführender Quellen sehr umständlich ist (Bibliothek, Fernleihe,...).
Ich liebe Bücher über alles und lese gern und viel. Ich wehre mich vehement gegen E-Books und genieße es, ein klassisch gebundenes Buch mit festem Einband in der Hand zu halten, anstatt eines auseinander fallenden Taschenbuchs. Aber Lexika? Nein danke. |
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