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Forum: "Cybermobbing"
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| Cybermobbing | | von: mauersegler86
erstellt: 20.10.2013 21:55:40 |
Habe - frisch aus dem Referendariat - eine 7. Klasse übernommen, in der es echt viele soziale Probleme gibt.
Eine Schülerin (nennen wir sie Sonja) hat mir am Wochenende mehrere Ausschnitte geschickt in denen eine Mitschülerin (Celine) sie beleidigt.
Sie möchte zwar, dass ich etwas tue, hat aber Angst, dass es schlimmer wird, wenn die Mitschülerin erfährt, dass sie mir das geschickt hat.
Da das Mobbing hier ja nicht im Rahmen Schule stattfindet, bin ich ein bisschen unsicher, wie ich vorgehen soll.
- Ein Gespräch mit den beiden Schülerinnen?
- Ein Klassenrat, indem ich allgemein formuliere, dass ich mitgekriegt habe, dass der Ton in dem Klassenforum der Schüler in letzter Zeit manchmal verletzend war und dass das einige verletzt?
- ein Gespräch mit "Celine" mit der "Drohung", dass ihre Mutter das zu Gesicht bekommt, wenn so etwas nochmal vorkommt?
Hier die Ausschnitte aus den Gesprächen, in einem Forum, dass sich 7a nennt, in dem also vermutlich die meisten Schüler meiner Klasse sind:
Sonja: Nix, was soll sein, X, Celine, wenns dich nervt, geh doch wenn die schreiben wollen lass sie doch schreiben
Y: Jajaja
Celine: Uuhhhhh Sonja macht auf cccooool
Sonja: Mach ich ned ja!! Ich hab nur was gesagt aber auch egal…
Celine: Ohh mädchen chill lass deine depressionen wo anders raus
Sonja: Ich lasse meine Depressionen ned aus und wenn ich sie auslasse dann erst recht nicht an euch sondern an anderen die…
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Y: Ggd
Sonja: Naja was machst du so?
Celine: [zeigt ein Stinkefingerbild] JUCKT DOCH KEINEN MAAANNN
Sonja: HdF Mädel Kümmer dich um deinen Scheiß
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Sonja: Sie hat mich blockiert ich kann ned mit ihr in privat chatten
Z (sehr sozial!!): Ooooh Dann provoziert euch bitte net :‘-(
Celine: Hahahahahahaha Sonja, sag du mir des mal ins gesicht mal gucken ob du dann immernoch auf cool machst du riesiges Stück scheiße
ADHS Kind alter geh zum psychartet
Z: Ooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooohhhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh.
Och bittttttttte
Sonja: Celine dann kann ich dich ja gleich mitnehmen
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| ... | | von: beccikm
erstellt: 20.10.2013 22:53:48 geändert: 20.10.2013 22:56:26 |
Hallo, ich bin kein Experte auf dem Gebiet, schließe mich cujamaraaa aber an, dass beide Parteien hier ganz schön "rumzicken". Doch wenn es sich tatsächlich um Mobbing handelt, fällt mir spontan das hier ein:
Weshalb baust du nicht eine Stunde zum Thema "Mobbing" in deinen Unterricht ein? Du könntest das einleiten mit "Ich habe erst kürzlich von einer schlimmen Tat erfahren und will das mit euch thematisieren."
Die Schüler könntest du in Gruppen einteilen, z.B. "Gründe für Mobbing", "Folgen für das/die Opfer", "(strafrechtliche) Folgen für den/ die Täter", "Streitschlichtung/ Wege, Mobbing zu beenden", "Prävention"
Pack deine Beteiligten in die entsprechenden Gruppen, schaffe Bewusstsein dafür, was Mobbing anrichten kann (ich denke hier an den Suizid von Amanda Todd), und bringe "Unbeteiligte" dazu, auch ihr Verhalten zu reflektieren (Wegschauen gilt nicht!).
Ich hoffe, das dient dir zur Inspiration und hilft dir, möglichst "unauffällig", das Mobbing zu beenden. Viel Erfolg!
Amanda Todd: http://www.focus.de/digital/computer/nach-selbstmord-der-schuelerin-kanadierin-amanda-todd-wird-symbol-gegen-cybermobbing_aid_843177.html |
| Dieser Mitschnitt | | von: fruusch
erstellt: 21.10.2013 19:58:50 geändert: 21.10.2013 19:59:59 |
alleine zeigt nur, dass auf beiden Seiten ein sehr harscher und beleidigender Ton angeschlagen wird. Ob das Mobbing ist, kann man damit nicht belegen, dafür müssen noch ein paar andere Kriterien erfüllt sein:
- wiederholtes Vorkommen solcher Ereignisse über einen längeren Zeitraum
- ein Machtgefälle zwischen demjenigen, der mobbt, und demjenigen, der gemobbt wird
Schüler sprechen gerne und schnell von Mobbing, wenn eigentlich nur mehr oder weniger harmlos gestritten wird. Echtes Mobbing dagegen wird gerne verharmlost.
Du solltest die Schülerin auf jeden Fall ernst nehmen und auf ihre Probleme eingehen. Da es sich um Klassenkameradinnen handelt, muss der Fall unbedingt in der Schule gelöst werden, da die beiden hier immer wieder aufeinander treffen. Der Chat ist in diesem Sinn nicht "privat"!
Die Interventionsmethode ist schwierig zu wählen. Hier dazu ein paar Ratschläge:
1. Lass die Eltern erst einmal komplett draußen. Damit machst du meist alles nur noch viel schlimmer. Warum? Es gibt häufig diese Reaktionen:
- Die Täter- und die Opfer-Eltern stellen sich schützend vor ihr Kind. Dann hast du nicht nur mobbende Kinder, sondern im schlimmsten Fall auch noch mobbende Eltern am Hals (kennst du den Film "Der Gott des Gemetzels"?). Zur Not verbünden sich sogar beide Elternpaare gegen dich.
- Stellen sich die Täter-Eltern auf die Seite des Opfers, wird das Mobbing meist nur noch verstärkt, denn immerhin ist das Opfer als "Petze" jetzt ja schuld daran, dass die Täterin daheim Probleme bekommt.
2. Versuche nicht, die Schülerin, die du für die Täterin hältst, durch Ermahnungen oder Drohungen von ihrem Verhalten abzubringen. Das hat meist den gegenteiligen Effekt, das Mobbing wird dadurch stärker, aber heimlicher ausgetragen. Auch hier steht das Opfer wieder als "Petze" da.
3. Wenn du das Thema mit der Klasse ansprichst, vermeide Namensnennung der mutmaßlichen Täter und Schuldzuweisungen. Das könnte wieder die bereits beschriebenen Effekte haben. Sag statt dessen: "Sonja fühlt sich nicht mehr wohl bei euch ind er Klasse. Was könnt ihr machen, dass sich das wieder ändert?" Den Kindern wird erstaunlich viel dazu einfallen. Dann liegt es "nur" noch daran, das in die Tat umzusetzen, das wird noch schwer genug.
Punkt 3 entspricht der Vorgehensweise beim "No Blame Approach". Dieser beinhaltet natürlich noch viel mehr als ich hier darstellen kann. Wir sind gerade dabei, dieses Konzept bei uns an der Schule einzuführen, das beinhaltet einige Schulungen.
Ein Buch zum Thema, das ich dir wärmstens empfehlen kann ist "Das Anti-Mobbing-Buch" von Mustafa Jannan, erschienen im Beltz-Verlag.
Ich wünsche dir viel Erfolg!
HTH,
hbeilmann
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