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Forum: ".......mobbing fängt schon viel früher an........."
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| definitionen | | von: feul
erstellt: 06.10.2014 15:09:36 geändert: 06.10.2014 15:16:21 |
1963 hat der Verhaltensforscher Konrad Lorenz den Begriff Mobbing geprägt, und zwar ausgehend vom Tierverhalten.
Der aus Deutschland ausgewanderte schwedischen Arzt und Psychologe Heinz Leymann hat den Begriff Mobbing ins Arbeitsleben übertragen. Seine Forschungen über direkte und indirekte Angriffe in der Arbeitswelt begannen gegen Ende der siebziger Jahre. Anfang der neunziger Jahre veröffentlichte Leymann seine erste Arbeit.
Eine Definition ist die von Leymann (1995):
"Unter Mobbing wird eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz verstanden, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während längerer Zeit, mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis, angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet."
Niedl definiert es folgendermaßen:
"Unter Mobbing am Arbeitsplatz werden Handlungen einer Gruppe oder eines Individuums verstanden, denen von einer Person, die diese Handlungen als gegen sie gerichtet wahrnimmt, ein feindseliger, demütigender oder einschüchternder Charakter zugeschrieben wird. Die Handlungen müssen häufig auftreten und über einen längeren Zeitraum andauern.
Die betroffene Person muss sich zudem aufgrund wahrgenommener sozialer, ökonomischer, physischer oder psychischer Charakteristika außerstande sehen, sich zu wehren oder dieser Situation zu entkommen."
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| Die heutige Idee... | | von: mordent
erstellt: 06.10.2014 17:01:49 |
... hinter Anti-Mobbing-Campagnen ist es, jegliche Form von Beleidigungen, Unverschämtheiten oder negativer Kritik zu vermeiden. Ob es nun ein negativer Kommentar zur neuen Haarfarbe, die Bezeichnung "Streber" oder eine ironische Bemerkung ist, die der andere nicht lustig finden könnte. Nichts dergleichen ist mehr erwünscht.
Bei uns findet in Klasse 7 eine Anti-Mobbing-Woche statt. Ich hatte das Vergnügen, meine 7er in zwei Einzelstunden dort zu beaufsichtigen. In der einen Stunde haben sie alle negativen Äußerungen gesammelt, die sie sich ausdenken konnten. Das Ende vom Lied waren ca. 60 Sätze und die Erkenntnis: "Wenn man einen dieser Sätze, äußern möchte, behält man ihn für sich und sagt nichts." In der zweiten Stunde (am nächsten Tag) ging es darum, sich verbal zu wehren, ohne Schimpfwörter, ohne "Verpiss' dich" und dergleichen. Stattdessen solle man "ich möchte nicht, dass du..." verwenden.
Es gab an den vier Tagen, glaube ich, 7 Arbeitsphasen und die achte war ein Online-Rückmeldebogen als Feedback.
Ja, uns kommen viele moderne Begriffe inflationär vor, weil sie häufiger sind als wir ahnen, wahrnehmen und glauben. |
| Manche Äußerung, | | von: dafyline
erstellt: 06.10.2014 23:17:12 geändert: 06.10.2014 23:34:45 |
die unter das von mordent zitierte Mobbing fällt, ist meiner Meinung nach schlichtweg schlechtes Verhalten, kein Benehmen oder wie man das auch immer nennen mag (wir Altgediente nennen es halt so) - den jungen Leuten von heute sind Begriffe wie gutes Benehmen oder adäquates Verhalten zu antiquiert (gibts einen entsprechenden Jugendsprachenausdruck?), inhaltsleer, ja sogar unbekannt, ihnen ist der Begriff Mobbing bekannt, also wird unerwünschtes Verhalten eines anderen als solches bezeichnet - so habe ich den Eindruck gewonnen.
Ergänzend zu:
... jegliche Form von Beleidigungen, Unverschämtheiten oder negativer Kritik zu vermeiden. Ob es nun ein negativer Kommentar zur neuen Haarfarbe, die Bezeichnung "Streber" oder eine ironische Bemerkung ist, die der andere nicht lustig finden könnte. Nichts dergleichen ist mehr erwünscht. ..
Hier sind eher verbale "Ausrutscher" angeführt.
Wie ist dann das zu verstehen, wenn ständig (naja, nur in der Früh, der großen Pause, zu MIttag bei Unterrichtsende, am Nachmittag bei Unterrichtsende und NIE am Samstag oder Sonntag, denn da haben die Schüler ja frei) vor dem Haus am Gehsteigrand sitzend geraucht wird, die Überreste davon ("Ist ja kein Aschenbecher da!") auf der Straße, in Gärten oder dem Blumencontainer landen und jemand, vor dessen Auto sie sitzen auf die Bitte, sie möchten doch bitte die Straße nicht als Sitzplatz verwenden, weil man mit dem Auto wegfahren möchte, zu hören bekommt "Warum sollen wir weggehen, fahr doch anders.." (Aja, jediglich hubschraubermäßiges Senkrechtstarten wäre möglich gewesen, wobei sicher einige der Taschen, die auch schon unter dem Auto lagen, in Mitleidenschaft gezogen worden wären..)
Wie bezeichnet man dieses Verhalten?
Ich würde es als extrem schlechtes Benehmen bezeichnen, nach der obigen Diktion wäre das - oftmalige Wiederholung und gezielt gegen Personen gerichtet - schlichtweg Mobbing?
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| Ja, es ist Mobbing... | | von: mordent
erstellt: 07.10.2014 13:18:20 |
... denn es schränkt einen anderen körperlich oder psychisch, meist aber in beider Hinsicht, ein.
Die körperliche Einschränkung ist hier erweitert zu verstehen, denn der Mann möchte seinen Körper durch die Kraft des Autos bewegen, und es ist eine psychische Belastung für ihn, dass sein Begehren derart aggressiv und erniedrigend beurteilt wurde.
Wir regen uns teils gar nicht darüber auf, weil wir selbst solchen Umgang gewohnt waren, einige vielleicht gar von zu Hause (kenne ich von Nachbarskindern meiner Kindheit so) oder in der Clique.
Wir haben eine Realschule und das Gymnasium in einem Haus. Mit einer Hauptschule noch dabei, wäre es noch häufiger, aber ich gehe jetzt schon bei einem normalen Gang durch die Flure (z. B. auf dem Weg vom Lehrerzimmer zum Kopierraum) in ca. 5 Konversationen hinein und sage, dass ich sowas wie "Du bist so ein Penner", "das ist ja typisch für dich" oder "Ich f***e deine Mutter" nicht will. Auch dann nicht, wenn der andere sich gar nichts draus macht und beim letzten Kommentar noch scherzhaft sagt: "Hast du die 200 Euro bar?" |
| wenn wir | | von: fruusch
erstellt: 07.10.2014 19:35:57 geändert: 07.10.2014 19:38:29 |
den Begriff "Mobbing" auf jegliches unerwünschtes Verhalten anwenden, dann ist die Gefahr groß, dass die Aussagekraft des Begriffs stark verwässert wird. Irgendwann heißt es dann: "Ist doch nicht so schlimm, ist doch bloß Mobbing!" Und jemand, der wirklich als Unterlegener permanent fertig gemacht wird, bekommt kein Gehör mehr und wird allein gelassen.
Nur ein kleines Beispiel in einem anderen Kontext: Wenn wir langfristig jede kleine Warze gleich als "Krebsgeschwür" bezeichnen würden (schließlich wächst da ja auch etwas, was da nicht wachsen sollte), dann bekäme die Diagnose Krebs einen derart harmlosen Anstrich, dass wirklich an einem bösartigen Tumor Erkrankte bzw. auch ihre Ärzte die Gefahr nicht mehr erkennen könnten. Lebensrettende Therapien blieben dann aus oder würden zu spät anfangen.
Insofern wehre ich mich dagegen, den Begriff "Mobbing" so stark auszuweiten. Das heißt nicht, das ich Sprüche, wie sie mordent genannt hat, in der Schule tolerieren würde - das ist unsere Aufgabe als Pädagogen, so etwas zu unterbinden und den Schülern zu zeigen, wie man es besser macht. Aber Mobbing werde ich es nicht nennen. Das mag zwar gut gemeint sein, führt aber völlig in die falsche Richtung. Jede ernst zu nehmende Interventionsmethode gegen Mobbing achtet übrigens auch deutlich auf die Unterschiede zwischen einem (vorerst harmlosen) Streit auf dem Schulhof und echtem Mobbing! Das ist auch wichtig, denn mit Anti-Mobbing-Methoden kann ich keinen Streit schlichten und mit Streitschlichtung kann ich kein Mobbing beenden! |
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