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Forum: "Ehrenamtliche Flüchtlinshilfe - verzwickte Situation"
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
erstellt: 17.02.2016 11:22:43 |
Hallo zusammen,
ich hoffe, dass ich hier mit meinem Thema jetzt nicht
total off topic bin, aber ich hätte bezüglich einer
konkreten Situation, die mich sehr beschäftigt, gerne
Euren Rat bzw. würde sie gern mit Euch diskutieren:
In der Containeranlage, in der ich ehrenamtlich
Deutsch unterrichte, wohnt auch ein junges kurdisches
Paar aus Syrien ohne Papiere - er Anfang 20, hat in
Syrien Elektrotechnik studiert und parallel
Deutschkurse besucht, weshalb er bereits
ausgezeichnet Deutsch sprach, als er nach Deutschland
kam. Sie soll angeblich gerade 18 geworden sein
(sieht aber fast noch jünger aus) und ihn vor 5
Monaten (also offenbar unmittelbar vor ihrer Flucht
geheiratet haben), spricht leider weder Englisch,
noch Deutsch, nur Arabisch und Kurdisch. Als es nun
um die Anmeldung zu den Sprach- und
Alphabetisierungskursen ging, meinte er, seine Frau
hätte das nicht nötig, er würde ihr Deutsch
beibringen. Wir haben versucht, ihn mit allen Mitteln
zu überzeugen, dass seine Frau ja trotzdem den
(geschlechtlich gemischten) STAFF-Kurs (wir sind in
Schleswig-Holstein) besuchen sollte, er könne sie ja
unterstützen, doch er weigert sich strikt, sie gehen
zu lassen. Mittlerweile sind über 2 Monate um und er
selbst hat ihr noch kein Wort Deutsch beigebracht.
Theoretisch könnten wir sie noch in der DAZ-
Übergangsklasse einer Berufsbildenden Schule
unterbringen (nach seinen Angaben hat sie in Syrien
nur bis zur 7. Klasse eine Schule besucht), doch das
kommt für ihn nicht infrage. Seine Frau solle
irgendwann mit Nähen hier ihr Geld verdienen
(Gegenargumente, dass das nicht so einfach sei, lässt
er nicht gelten).
Natürlich ist mir klar, dass man niemanden zum
Sprachkurs oder Schulbesuch zwingen kann, aber mich
beschäftigt diese ganze Sache unheimlich, da er
sämtliche Entscheidungen für sie trifft und sie
erheblich in ihrer Freiheit und ihren Chancen
beschneidet. Ich hatte auch schon die Idee, mich über
eine andere Kurdin, die ehr gut Englisch spricht, mit
ihr zu unterhalten, aber er lässt sie wirklich keine
Sekunde allein und schaltet sich sofort dazwischen
(aufgrund einiger Begebenheiten beschleicht mich
sogar das Gefühl, dass er mitunter absichtlich falsch
dolmetscht).
Frage: Wie würdet ihr mit der Situation umgehen?
Einfach abhaken und sich sagen, dass das eben ihr
Schicksal ist? Fällt mir sehr schwer...
LG von Elli |
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
erstellt: 17.02.2016 14:29:19 geändert: 17.02.2016 14:31:44 |
Ich würde da gar nichts dem Schicksal überlassen.
Da er gut Deutsch spricht, versteht er dich ja. Er braucht klare Ansagen, wenn nötig durch einen Mann.
Dabei würde ich ihm nichts anbieten, sondern festlegen, dass seine Frau da hin zu gehen hat. Punkt!
Ich hatte das in unserem Aufnahmelager in den Sommerferien ähnlich. Da habe ich mich vier Wochen engagiert.
Den meisten Männern muss von Anfang an klar gemacht werden, dass ihre Frauen mit Betreten der EU plötzlich emanzipiert sind. Da habe ich nicht diskutiert. Ich bin oftmals entweder mit Sicherheitspersonal oder mit einer zweiten Person (egal ob männlich oder weiblich) dann hingegangen, und wir haben die beiden schlichtweg getrennt: Entweder ich habe den Mann in Schach gehalten (10 Jahre Kampfsporterfahrung mussten da ab und an hinzugezogen werden) oder bin mit der Frau da hin, wo sie hinsollte, und andere haben den Mann in Schach gehalten.
Spätestens nach der Rückkehr der Frau, war die Sache für mich erledigt. Ich hatte dann auch keine schlaflosen Nächte.
Da manche Männer, wenn man sie rigoros von ihren Frauen trennt, am nächsten Tag gerne sehr früh stiften gehen, sprich: das Camp verlassen, damit sie nicht ein zweites Mal ihrer Autorität enthoben werden konnten, sind wir an jedem weiteren Tag einfach jeweils zwei Stunden früher Spalier gestand und haben die beiden abgefangen.
Sichtlich frustriert hat der Ehemann in der zweiten Woche irgendwann aufgegeben und seine Frau freiwillig gehen lassen.
Ich habe da aber keinen Tag abgewartet und mein Gewissen bemüht...
Wer nicht passt, wird passend gemacht!
Da wir zwar gegen die Tradition in deren Herkunftslndern angegangen sind, aber für ein Leben hier der Frau einfach die gleichen Rechte und Pflichten einräumten, hatten wir da kein schlechtes Gewissen.
Ein Ehemann wollte mich nach meiner Schicht auf dem Weg aus dem Camp dann noch verprügeln... Blöd nur, dass ich ihm zuvor kam... Und wie ich schon sagte: Einschlägige Erfahrung im Kampfsport ist unerlässlich zum Selbstschutz. |
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
erstellt: 17.02.2016 16:54:18 geändert: 17.02.2016 16:59:27 |
kann man auch noch auf die Gesetzgebung hoffen, die
(hoffentlich) festlegen wird , dass Flüchtlingen, die sich
weigern, an Deutschkursen teilzunehmen, die Gelder gekürzt
werden. (Vielleicht kann man ihm das ja jetzt schon gemogelt als
geltendes Gesetz verkaufen?)
Meine Beobachtung ist, dass vielen arbeitswilligen Flüchtlingen
nicht bewusst ist, dass es in Deutschland nur sehr wenige
(freie) Arbeitsplätze gibt, für die man keine Ausbildung,
Lehrzeit, Studium braucht. Einfach als Näherin arbeiten - wie
soll das gehen? Die meisten Betriebe haben ihre Näharbeiten
'outgesourced', und für ne eigene kleine Änderungsschneiderei
braucht es Deutschkenntnisse.
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 | Danke |  | von: schnelleelli

erstellt: 17.02.2016 20:57:46 |
Vielen lieben Dank für Eure Antworten. Ja, die Sache ist
wirklich verzwickt... der Sozialarbeiter, der die
Container betreut, hat auch schon mehr oder weniger
Klartext mit ihm geredet - leider ohne Erfolg. Dass das
Mädel ohne Deutschkenntnisse nicht arbeiten können wird,
scheint ihm sogar ganz gelegen zu kommen, so weiß er sie
ja weiterhin zu Hause unter Kontrolle.
Vor der Kampfsport-Hauruck-Methode schrecke ich ehrlich
gesagt zurück, weil ich nicht weiß, was ihr blühen wird,
wenn sie - sei es freiwillig, sei es durch Druck durch
uns - seine Obhut verlässt und damit gegen sein Verbot
verstößt. Oftmals wird das in solchen Kulturen dann
gewalttätig bestraft, da die Ehre oder was auch immer
letztlich beschmutzt ist, egal, ob die Frau etwas dafür
kann oder nicht
Ich werde mich noch mal über ihr genaues Alter
informieren und sehen, ob ich irgendwo juristischen Rat
bekomme.
Ansonsten ist mir heute noch der Gedanke gekommen, es
noch einmal auf die ganz andere Tour zu versuchen und ihn
zu bitten, mich und die andere Lehrerin im Deutschkurs zu
unterstützen, da er ja so toll Deutsch und außerdem für
Kurdisch und Arabisch dolmetschen kann. Da er seine Frau
nicht aus den Augen lassen will, müsste sie dann ja mit
zum Kurs kommen
Obwohl damit ja dann nicht Werte wie persönliche Freiheit
und Gleichberechtigung unterstrichen worden wären...
Mal schauen, puh...
LG,
Elli |
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