"Vor kurzem wurde in Stuttgart eine neue Oberstufen-Reform von Kulutsministerin Susanne Eisenmann (CDU) vorgestellt. Seit Februar 2017 hatte das Ministerium die Reform ausgearbeitet. Reform bedeutet in diesem Fall, dass das System der Oberstufe ab dem Schuljahr 2019/2020 nicht mehr so sein wird, wie wir es zuvor kannten. Für nicht Oberstufenschüler sollte hier gesagt sein: In der Oberstufe hat man nicht in Klassen Unterricht, sondern in Kursen. Deutsch und Mathematik sind als Abitur-Fächer Pflicht, ansonsten kann jeder seine Fächer selbst bestimmen.
Bis jetzt mussten die Schüler der KSI und KSII wählen, welche fünf Fächer sie nicht mehr zwei, sondern vier Stunden pro Woche haben wollen, waren bei dieser Wahl jedoch teils stark eingeschränkt, so z. B. durch Vorschriften, die mindestens eine Fremdsprache als Abiturfach zur Pflicht machten. Auf der Bundeskonferenz aller Kultusminister (KMK) wurde nun beschlossen, dass in allen Bundesländern zwei bis vier Fächer mit mehr Stunden pro Woche unterrichtet werden sollen. Das Ziel ist es, dadurch die Abiturnoten bundesweit vergleichbarer zu machen. Alle Schüler, die im Schuljahr 2017/2018 maximal in der neunten Klasse sind, haben, wenn sie die Kursstufe erreichen, nicht fünf Neigungskurse á vier Stunden, sondern drei Leistungskurse á fünf Stunden.
Doch wie sinnvoll ist das? Es gab doch bereits in vorherigen Jahren Leistungskurse! Warum überhaupt das System ändern? Und dann auch noch so oft! Sowohl die Lehrer, als auch die Schüler müssen sich doch dauernd umstellen. Sind wir alle nur noch Versuchskaninchen, die der ständigen Verbesserungswut ihrer eigenen politischen Fehlentscheidungen standhalten müssen?
Die Abi-Noten waren bisher bundesweit nur schlecht vergleichbar, weil leider alle Bundesländer sehr unterschiedliche Systeme für die Oberstufe hatten oder noch immer haben. Dies soll nun durch den Beschluss der KMK geändert werden. Außerdem muss man aktuell, selbst wenn man Politik und Geschichte studieren will, die gleiche Mathe-Prüfung im Abitur schreiben, wie jemand, der eben Mathe und andere Naturwissenschaften wie z. B. Physik studieren will.
Doch auch das wird sich ändern. Obwohl es eigentlich allgemeinbildendes Gymnasium und allgemeine Hochschulreife (=Abitur) heißt, bietet das ab 2019/2020 geltende System mehr Raum für Spezialisierung. Als Leistungskurs kann man Physik, Chemie und Bio genauso nehmen, wie Deutsch, Englisch und Geschichte. Allerdings bietet es mehr Möglichkeiten für MINT- (Mathe, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) Spezialisten, als für sozialwissenschaftlich Interessierte, denn Geschichte, Politik und Deutsch kann man in dieser Kombination nicht als Leistungskurse wählen.
Am Ende ist die Reform also gut für Leute, die:
a) kein Deutsch und kein Mathe mögen, da man diese nicht mehr zwingend als Leistungsfächer wählen muss,
b) in Rechtschreibung nicht gut sind, da man das Deutsch-Abi mündlich machen kann
c) naturwissenschaftlich interessiert sind, und vor allem
d) noch nicht in der 10. Klasse sind.
Was haltet ihr von der Oberstufen-Reform 2017?" (HERMES Ausgabe Nr. 1)