Hat jemand von Euch Erfahrungen mit einem Trainingsraum in der Grundschule? (kann auch Sek 1 sein) Wenn ja- wären meine Fragen:

Hat er euch geholfen, Disziplinprobleme zu reduzieren und das Unterrichtsklima zu verbessern?

Wie ist der Trainingsraum eingerichtet?

Wie sichert ihr den Trainingsraum personell ab?

Wer bzw. ab wann muss man in den Trainingsraum?

Welche Aufgaben bekommt das Kind?

Welche weiteren Konsequenzen erfolgen für das Kind, wenn es in den Trainingsraum muss?

An was muss man noch denken?

Bitte schickt mir keine Links von theoretischen Abhandlungen. Ich werde selbst noch recherchieren. Mir geht es in dem Forum um ein Brainstorming, Ideen und praktische Erfahrungen.

Hintergrund meiner Frage ist, ich muss demnächst eine Fortbildung in einer Schule moderieren, die Konzept für einen Trainingsraum schreiben möchte.

Hat er euch geholfen, Disziplinprobleme zu reduzieren und das Unterrichtsklima zu verbessern?

Für die Fachlehrer ist es eine wertvolle Hilfe. Als Klassenlehrer nimmt man diesen als letztes Mittel. Da braucht man es nur selten.

Wie ist der Trainingsraum eingerichtet?

Der Trainingsraum ist ein Aufenthalt in einem fremden Klassenzimmer. Wir erstellen im Schuljahr eine Liste nach Stundenplan, wo der Vormittag abgedeckt ist und die Aufenthalte gleichmäßig auf die KollegInnen verteilt sind. Die Stunden sind gerecht aufgeteilt. Dabei wird unterschieden zwischen Klasse 1/2 und Klasse 3/4.

Wie sichert ihr den Trainingsraum personell ab?

Indem wir Unterricht haben und ein Trainingsraumkind zusätzlich mit im Klassenzimmer sitzt und Aufgaben bearbeitet.

Wer bzw. ab wann muss man in den Trainingsraum?

Nach der deutlich ausgesprochenen Warnung: Du kannst dich entscheiden, entweder du hältst Regel xy ein (oder: du hältst dich an die Klassenregeln) oder du nimmst eine Auszeit und denkst im Trainingsraum über dein Verhalten nach.

Welche Aufgaben bekommt das Kind?

Ein 2seitiger vorgefertigter Nachdenkzettel über sein Verhalten. Auf dem Nachdenkzettel steht ebenso, dass sich das Kind bei Kind xy infomiert über das, was es versäumt hat und den Unterrichtsstoff nachholen wird. Auf dem Nachdenkzettel kreuzt das Kind nach Fertigstellung an, dass es jetzt wieder bereit ist, am Unterricht seiner Klasse mitzumachen und die Regeln einzuhalten. Danach geht es in Begleitung wieder zurück mit dem Zettel, den der aufnehmende Lehrer unterschrieben hat und zeigt ihn beim Lehrer in der Klasse bzw. gibt ihn dort ab. (Das Problem des direkten Kopierens haben wir noch nicht zufriedenstellend gelöst, das muss an dem Tag noch erfolgen, weil das Kind ja diesen mitnehmen muss und die Eltern in Kenntnis gesetzt werden.)

Welche weiteren Konsequenzen erfolgen für das Kind, wenn es in den Trainingsraum muss?

Nachdenkzettel ausfüllen, schriftliche Info an die Eltern, mit dem Kind wird danach gesprochen. Sozialarbeiterin erhält Kopie. Bei dreimaligen  Trainingsraumaufenthalt Gespräch mit Sozialarbeiterin, Eltern und Schulleitung und Teilnahme an einer sozialen Trainingsgruppe, die die Sozialarbeiterin leitet.

An was muss man noch denken?

Abstimmung mit dem Elternbeirat. Info an die Eltern. Wir informieren die Eltern der Erstklässler ungefähr nach einem halben Jahr. Dann wird das auch bei den Erstklässlern eingesetzt.

Wir unterscheiden bei den Nachdenkzetteln zwischen Klasse 1, Klasse 2 und Klasse 3 und 4.

Ein Kind nicht alleine in den Trainingsraum schicken, sondern ein zuverlässiger Mitschüler begleitet das Kind. Notfalls der Lehrer. Zurück mit einem zuverlässigen Kind (Klassensprecher) begleiten lassen.

Es gibt durchaus schwierige Kinder, die "bocken". Dann die Schulleitung/ Sozialarbeiter einschalten. Den Trainingsraum bei strikter Durchführung bei massiven Unterrichtsstörungen anwenden.

Die meisten Kinder versuchen den Trainingsraum zu vermeiden, weil sie wissen, dass dann sofort die Eltern informiert werden.

Eine Kopie der bearbeiteten Aufgaben machen, weil manche schwierige Kinder versuchen, Zettel zu verschwinden lassen. 

Darauf achten, dass die Aufgaben ordentlich gemacht werden (muss der Lehrer, zu dem die Kinder gehen.) Alles wird von den Beteiligten unterschrieben, Kind, Lehrer, der abgibt und der aufnimmt.

Jeder Lehrer hat Kopien der Aufgaben im Klassenzimmer und evtl. Hilfskärtchen.

Das ist ja super ausführlich. Das hilft mir super gut weiter.

Also noch mal vielen Dank

Ich habe noch Fragen an ysnp:

Der "Trainingsraum" ist also kein leerer Raum, sondern ein ausgewählter Klassenraum, in dem regulär Unterricht stattfindet. Es gibt einen Trainings-Raum-Plan, wer in welcher Stunde an der Reihe ist und wohin das Kind gebracht werden kann?

Wie geht ihr damit um, wenn mehrere auffällige Kinder sich im "Trainingsraum" treffen?

Wie geht ihr mit den Randstunden um (Klasse 3/4), wenn womöglich nur 1 oder keine andere Klasse da ist? (Vermutlich habt ihr das Problem nicht, da eure Schule größer ist und ihr Ganztagesklassen habt.)

Wie geht ihr mit stark aggressiven Kindern um, die man nicht beruhigen kann und die nicht von sich aus in den Raum gehen?

Palim

Der "Trainingsraum" ist also kein leerer Raum, sondern ein ausgewählter Klassenraum, in dem regulär Unterricht stattfindet. Es gibt einen Trainings-Raum-Plan, wer in welcher Stunde an der Reihe ist und wohin das Kind gebracht werden kann?

Genau, so ist es.

Wie geht ihr damit um, wenn mehrere auffällige Kinder sich im "Trainingsraum" treffen?

Wir machen das schon jahrelang, ich kann mich nicht erinnern, dass das bisher vorgekommen ist. Bei mir ist höchstens einer aufgetaucht. Ansonsten würde ich den auch noch behalten, wenn ich günstigen Platz hätte oder ihn schnell zur Parallelkollegin tun. Die auffälligen Kinder sind oft in einer fremden Klasse gar nicht mehr auffällig. Irgendwie ist es ja doch peinlich, wenn man in eine andere Klasse muss für einen Trainingsraumaufenthalt.

Wie geht ihr mit den Randstunden um (Klasse 3/4), wenn womöglich nur 1 oder keine andere Klasse da ist? (Vermutlich habt ihr das Problem nicht, da eure Schule größer ist und ihr Ganztagesklassen habt.)

Das Problem haben wir nicht. Notfalls springt auch das Rektorat ein, das ganz gut besetzt ist. 

Wie geht ihr mit stark aggressiven Kindern um, die man nicht beruhigen kann und die nicht von sich aus in den Raum gehen?

Die Lehrkraft versucht (wir haben eine Haustelefonanlage) die Sozialarbeiterin oder jemanden von der Schulleitung zu erreichen, die dann das Kind abholt. Normalerweise können wir uns schon durchsetzen. Bei Fremdklassen reicht fast immer das Drohen mit der Schulleitung oder der Klassenlehrerin. Sollte bei einem Schüler alles nichts nutzen, dann kann man das natürlich nicht mit Gewalt durchsetzen. Die Konsequenzen danach sind für den Schüler aber schlimmer. Denn jetzt gibt es erst recht Ordnungsmaßnahmen hinterher.

Bei ganz schwierigen Fällen wird so oder so eine ganze Maschinerie in Gang gesetzt. Eltern, Sozialarbeiter, andere Ordnungsmaßnahmen (Verweis, Schulausschluss, Jugendamt, Therapie usw.) Solche Kinder fallen ja permanent aus, da reicht der Trainingsraum nicht. Es gibt Kinder, die in solchen Fällen öfter von der Sozialarbeiterin herausgeholt werden oder gar einmal im Rektorat eine längere Auszeit bekommen. Doch dabei bleibt es nicht. Die Sozialarbeit versucht hier mit Schule und vor allem Eltern außerschulische Prozess in Gang zu bringen, die dem Kind helfen, sein Sozialverhalten zu bessern, wie z.B. Therapien, Erziehungsbeistand usw.

Mit Schülern in Ausnahmesituationen gehen Kollegen unterschiedlich um. Wenn ein Schüler ausrastet, muss man das situativ entscheiden, weil der Schüler ja auch in einem Ausnahmezustand ist und irrational reagiert. 

Man kann nicht davon ausgehen, dass alle Schüler in der Wut in der Lage sind, ihre Aufgaben ruhig zu erledigen. Da kommt halt dann das dicke Ende erst hinterher.

Eigentlich machen wir es ähnlich, haben aber nicht so ein schönes Konzept und weniger klare Absprachen.

Das Angebot, ein Kind bei anderen abzusetzen, besteht immer, und wir wissen untereinander recht genau, wo das gut geht und wo nicht.

Wir haben allerdings an einer sehr kleinen Schule so einige Kandidaten, die gerne diesen Service in Anspruch nehmen und das Problem der Randstunden bestünde auch.

Der große Unterschied: Der SL erteilt selbst 16 Stunden, die Sekretärin ist 2 bzw. jetzt 3 Tage da, aber nicht dafür einzusetzen,

eine Haustelefonanlage gibt es natürlich nicht,

eine Sozialarbeiterin selbstverständlich auch nicht.

Schulpsychologen sind in den letzten Jahren aufgestockt worden, aber wirklich hilfreich habe ich sie bisher nicht empfunden.

Hinweise auf außerschulische Möglichkeiten geben wir weit vorher, aber es gibt durchaus Eltern, die davon nichts hören möchten.

Benannte Kinder haben nicht immer einen Förderstatus ESE, sind aber zumeist aus schwierigen Verhältnissen oder aber Pflegekinder mit entsprechender Vorgeschichte.

Gut finde ich den Weg, das Trainingsraum-Konzept auch an GS umsetzen zu können, ohne einen leeren Raum mit Lehrerstunden zu bestücken.

Das ist ja auch eine Variante, die ist vor allem nicht so personalintensiv. Das ist ja mein größter Kritikpunkt am Trainingsraum. Entweder die LuL machen das als Freiwilligendienst oder es sind teure Lehrerstunden, anstatt von Förderstunden.

Gibt es weitere Erfahrungen oder Ideen zur Umsetzung.

Ich bin seit 5 Jahren Lehrer. Ich habe schon viele Klassen gehabt und ich muss sagen, dass der Trainingsraum in unruhigen Situationen mir immer eine große Hilfe war. Vor allem in den höheren Jahrgangsstufen. Beispiel: 8. Stunde Freitags,

10. Klasse, Italienisch. Zwei Jungs waren sehr unruhig, hatten die Hausaufgaben nicht gehabt und wollten dem Unterricht überhaupt nicht folgen. Sie haben dauernd gestört und irgendwann habe ich sie dann in den Trainingsraum geschickt. Danach war es dann viel ruhiger und ich konnte den Unterricht dann ungestört fortsetzen. Die Jungs haben sich dann eine Stunde später für ihr Verhalten entschuldigt. Es kam dann bei den Beiden auch nie wieder vor, dass ich sie in den Trainingsraum hätte schicken müssen.