... fand ich das ganze Bewertungssystem im Ref unfair. Es ist/war, als würde man einen Medizinstudenten gleich am ersten Tag eine Herztransplantation alleine machen lassen... Der Chefarzt und sein Team sagen noch:"Wir sind dann mal einen Kaffee trinken..." und kommen nach 6 Stunden wieder zurück, Patient tot, Student wird zusammengefaltet.
Unfair war, dass man mir sofort die perfekte Umsetzung der Seminarinhalte abverlangte, erwartet wurde, dass man drei in der Fachdidaktik vorgestellte Methoden sofort auf jedes beliebige Thema anwenden kann, und wer nicht, wird mit lari-fari-Floskeln im Unklaren gelassen, welche Prognose die Fachleiter einem stellen.
Unfair war auch, dass angenommen wurde, dass man nicht besser wird... Nicht bis zur Lehrprobe, nicht in den Jahren/Jahrzehnten nach dem Ref.
Unfair war zuletzt auch, dass auf meine Behinderung keine Rücksicht genommen wurde. "Sie müssen an ihrem Tafelbild arbeiten..." Ja, klar arbeite ich dran, und die Digitalisierung ermöglicht mir, dass ich Tafelbilder als Präsentation erstelle, nicht mehr mit Kreide oder Stift an der Tafel. Da kann ich fast jederzeit alles optimieren... Manuell zu weit unten oder rechts angefangen oder zu groß geschrieben/gezeichnet, und dir geht halt irgendwann die Tafel aus...
Wenn ich Praktikanten/Referendare begleite (nicht als Mentor oder Fachleiter!), hören sie von mir immer:"... das wollen die Prüfer/Fachleiter leider schon jetzt bzw. in der Lehrprobe sehen, aber nehmen Sie sich die meiste Zeit nach dem Ref, um ein stehendes Konzept zu schaffen, dass sie dann sukzessive weiterentwickeln."
Ich würde mir fürs Referendariat für zukünftige Generationen wünschen, dass mehr gewürdigt wird, dass sich ein Referendar in bestimmten Methoden versucht, dass er sich nicht dann erst traut, auch zu scheitern, wenn er "fertig" ist. Fast viel wchtiger als eine Methodenschlacht beim UB oder in der Lehrprobe finde ich, ob ein/e Referendar/in mit Schülern kann (mit den kleinen UND den großen), ob er/sie eine ausreichende Fachkompetenz hat und der Unterricht grundsätzlich erkennen lässt, ob sich jemad grundsätzlich Gedanken um die didaktische Strukturierung des Lehrstoffes gemacht hat. Ob jetzt ein oder zwei Methodenwechsel, der Sprechanteil der Schüler über 40%, die Ergebnissicherung in der Zeit abgeschlossen ist... Viele (weiterführende) Schulen fahren Doppelstundenmodelle... Hat man sich daran gewöhnt, die Ergebnisse in den letzten zehn Minuten der zweiten Stunde zu sichern, empfinde ich es als Kraftakt, es für einen Besuch schon am Ende der ersten Stunde zu schaffen.
Naja, alles wünschen ist aber sicher zwecklos... Bei uns fliegt offensichtlich jetzt zu Weihnachten wieder mal ein Referendar völlig ungerechtfertigt - meiner Meinung nach - aus dem Ref (nach Verlängerung), weil er von allen schlecht bewertet wird. Klar, sind da auch Probleme bei der Vermittlung... Aber statt ihm zu sagen:"Sie können da nicht hinschreiben: 2,5 = 1. Das verstehen die Schüler nicht", kann man das auch fachlich verpacken, z. B.:"Wenn Sie zur Umrechnung eines Ergebnisses eine Größe von 2,5 als Maß für eine neu definierte Einheit nutzen wollen, dann schreiben Sie einen Satz dazwischen, z. B.: 2,5 kg Stoff entsprechen einer Verpackungseinheit."