Hallo liebe Kolleg*innen,
ich hoffe, ihr habt die Zeit des Endspurts des unfassbar (politisch gesprochen:) dynamischen Alltags des Kalenderjahres 2020 gut gemeistert oder seid aber erfolgreich auf der Zielgeraden!
Als ausgebildete Lehrkraft für die Allerweltskombi Deutsch/ Geschichte an der bayerischen Realschule (also Sek. I) kam ich über Umwege - auch aus Mangel an zufriedenstellenden Angeboten - schließlich nach Berlin an die Grundschule, wo ich mich komplett umorienterte und 4 Jahre lang als Klassenlehrer unterrichtete. Nach einem Wechsel 2019 nach Leipzig bin ich nun 2 weitere Jahre Klassenlehrer einer jetzt 4. Klasse, die nach dem Schuljahr ihren Übertritt zu den weiterführenden Schulen begehen wird.
Ich habe mich erfolgreich in das Grundschullehrerdasein und die -abläufe eingearbeitet und nach großer Sorge und mit erst erheblichem inneren Widerstand doch einige sehr positive Aspekte an der Arbeit mit den Kleinen kennen und schätzen gelernt. Die Einzelheiten will ich hier nicht näher erläutern, das wäre ein eigenes Pro und Contra-Thema.
Ich bin nicht wirklich unzufrieden, aber es nagt doch mehr und mehr an mir, dass ich merke, wie ich die Arbeit mit den Jugendlichen in meinen Ausbildungsfächern (inzwischen unterrichte ich wie fast jeder Grunschullehrer nach einigen Fortbildungen auch noch andere Fächer) trotzdem stark vermisse.
Nun habe ich die Möglichkeit nach diesem Schuljahr an eine Oberschule im Leipziger Brennpunkt zu wechseln, wo auch der Bedarf nach Deutschlehrern groß ist.
Meine Frage: Wie hoch ist der Korrekturaufwand im fach Deutsch an einer Brennpunktschule?
Ich habe am Ende des Jahres 20/21 6 Jahre an Grundschulen unterrichtet, wäre also plötzlich wieder so etwas wie ein Berufswiedereinsteiger. Mit dem Brennpunkt habe ich kein Problem, im Gegenteil: Ich arbeite schon fast meine ganze Berufslaufbahn an Brennpunkten, auch in Berlin schon. Ich schaffe die Arbeit gut und finde, wenn man sich arrangiert mit den "Besonderheiten", gibt sie einem sehr viel zurück. Aber auch das könnte ein eigenes Thema sein, also will ich darüber nicht hier diskutieren.
Bitte kein Politikum daraus machen, ich weiß, wie sich das anhört und genauso ist es gemeint: Ich möchte nicht noch einmal einen so riesigen Korrekturaufwand erleben wie das schon früher der Fall war. Und das ist absolut solidarisch mit den Kolleg*innen an den Oberstufen gemeint: Es ist ein schlechter Scherz, dass zwischen den Schularten über Arbeitsaufwand und Gehälter diskutiert wird, während eindeutig der Aufwand eines Lehrers mit 2 Korrekturfächern an einem Gymnasium ein ganz anderer ist als der/des Kolleg*innen mit keinem Korrekturfach oder eben nur einem. Auch weiß man erst zu schätzen, was an anderen Schularten für ganz andere Anforderungen zu meistern sind, wenn man es selbst erlebt hat. Jeder hat asbolut seine Existenzberechtigung und leistet seinen wichtigen Beitrag. Keiner sollte dem anderen etwas nicht gönnen, nur gemeinsam kann man Veränderungen in der Bildung zum Positiven bewirken, nicht gegeneinander. Ich möchte keine Grundsatzdiskussion hier eröffnen und bin abgeschweift vom Thema, weil da schnell viele anfangen ein Fass aufzumachen, nachvollziehbar. Aber Deutschlehrer*innen und diejenigen, die welche kennen, wissen, wie man mit diesem Fach jedes Wochenende und fast alle Ferientage verbringt: Hinter dem Schreibtisch.
Und da bin ich ganz ehrlich: Darauf habe ich keine Lust mehr!
Nochmal kurz zur Kernfrage:
Wer weiß, wie viel Korrekturaufwand an einer Oberschule im Brennpunkt im Fach Deutsch auf mich zukommt? Es ist ja letzten Endes verglichen mit Bayern eine Mischung aus Realschule und Mittel- bzw. Hauptschule. D.h. mehr Differenzierung, was ich mittlerweile gewohnt bin (alles ist für etwas gut), und dafür einige Jugendliche, die nicht besonders viel oder richtig schreiben können, oder?
Puh, ein kleiner Roman. Ich hoffe, es fühlte sich keiner auf den Schlips getreten. Nochmal, weil ich schon so manche ungewollte Diskussion hatte: Ich respektiere und unterstütze die Arbeit jeder Lehrkaft mit egal welchen Fächern und an egal welcher Schulart. Über die Grundsatzdiskussionen, die immer einige anfangen führen zu müssen, kann ich immer nur den Kopf schütteln. Liegt vielleicht auch daran, dass ich inzwischen schon viel Einblick in andere Bildungssysteme und Schularten bekommen habe und das mehr zu schätzen weiß als als andere.
Kann mir jemand bei meiner Frage einen Tipp geben?
Pro- und Contralisten zwischen Grundschule und Oberschule geben nicht genug her für eine Entscheidung, ob ich das wirklich machen soll.
Und der Faktor Aufwand bzw. genug Zeit zu haben, eher tolle Projekte mit den Klassen durchzuführen als stupide 60-90 Mittelstufen-Aufsätze korrigieren zu müssen pro Monat wären für mich das Zünglein an der Waage.
Viele Grüße, bleibt gesund und nervenstark und nochmal Entschuldigung für den langen Text. Es ist eben verzwickt.