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Forum: "Die Brutalität ist nicht Ausdruck einer Bildungskrise, sondern verfehlter Integration..."
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| @oblong | | von: kataz
erstellt: 20.05.2006 14:01:11 |
vorab muss ich zugeben, dass ich mich nun auf dünnes eis begebe, weil ich im studium interkulturelle pädagogik nicht intensiv behandelt habe und mir natürlich auch die jahrelange erfahrung in der schule fehlt.
ich glaube, ein großes problem, dass miro auch schon angedeutet hat, sind fehlende antworten auf die fragen worein wir integrieren sollen und worin integration genau besteht. oder auch, wie weit integration führen darf, ohne dass sie gleichzeitig die, hm, wie drücke ich das aus, vielleicht desintegration? zur folge hat, und zwar aus dem eigenen kulturkreis (wahrscheinlich würde entwurzelung auch passen). oder, was wollen wir (als gesellschaft)? ein neben- oder ein miteinander, was wollen die migranten - ein neben- oder ein miteinander? und wenn wir miteinander wollen, was bedeutet das genau?
insofern hast du recht, wir müssen erst mal ent-täuscht werden, denn die vorstellung (ganz naiv und überspitzt) vom freudigen miteinander, vom tollen multi-kulti ist so vielleicht nicht nur nicht möglich, sondern auch nicht gewünscht.
wichtig wäre erstmal ein dialog denke ich, ein dialog, der ganz von vorne beginnen muss, in dem generell wünsche, vorstellungen und forderungen beider 'seiten' gegenübergestellt werden. dann erst kann geprüft werden, wie man einen weg findet, auf dem man gemeinsam gehen kann.
wahrscheinlich war das jetzt alles ein wenig chaotisch, hm, aber so sieht es in meinem kopf auch aus, wenn ich versuche, dieses thema von verschiedenen seiten zu beleuchten...
gruß
kataz
@miro: normalerweise les ich auch erst einmal drüber, wenn du meinen fopin im ersten beitrag angesprochen hast...schäm, war das eifer des gefechts |
| Eine ganze Menge ... | | von: oblong
erstellt: 20.05.2006 15:06:18 |
... hast du uns da angeboten, kataz.
Ich finde aber deine Gedanken keineswegs chaotisch, denn wenn man diese Problematik von mehreren Seiten beleuchten möchte, ergeben sich eben auch Halb- und Schlagschatten.
Meine Haupterfahrungen mit Migrantenkindern in "geballter Form" (Klassenanteil über 30%) entstammen meiner lang zurückliegenden Referendarzeit in Augsburg mit den damaligen Integrationsversuchen; was ich heute an Migrantenkindern habe, sind überwiegend geglückte Versuche, ohne Muslime - das ist nicht mehr repräsentativ.
Zunächst möchte ich auf eine schmerzliche Banalität hinweisen: Die Heimat zu verlassen ist immer ein Verlust - an Traditionen, selbstverständlich und ohne Hinterfragung gelebten Werten und Haltungen.
Meine Beobachtung bei türkischen Muslimen wich erheblich von den Integrationsbemühungen anderer Muslime erheblich ab: jordanische, iranische, libanesische Kinder hatten wenig Integrationsprobleme auf diesem Versuchsgymnasium: erst drei Jahre in Augsburg sprachen sie ein Schwäbisch, das einem die Schuhe auszog. Ihre Eltern waren meist Ärzte, Gemüsehändler, Autoverkäufer, die regelmäßig zur Sprechstunde kamen und stolz darauf waren, es "geschafft" zu haben.
Die Eltern der türkischen Kinder entstammten oft sogar aus derselben Region oder gar Kleinstadt in Anatolien, arbeiteten bei MAN (Fabrik) und lebten eine fortgesetzte Gemeinschaft "wie zu Hause".
Die Mädchen wurden viel strenger erzogen, die Jungs überverwöhnt, bekamen Nachhilfe von vorne bis hinten: wenn ein Mädchen eine "4" heimbrachte, drohte ein Verlobter in der türkischen Heimat nicht selten. Wer will diesen Menschen verdenken, dass sie so viel "Nestwärme" wie möglich in Deutschland erfühlen wollten?
Heute mag dies nicht mehr die Situation genau genug treffen, doch man erkennt, das Integration doch von sehr vielen Faktoren abhängt.
Während ich dies schreibe, habe ich die Homepage dieser Schule aufgesucht: Von diesem Integrationsversuch damals, der mit einer geschlossenen "Migrantenklasse" begann, die dann in der Mittelstufe aufgelockert und in der Oberstufe frei gemischt wurde, ist kein Wort mehr zu finden. Sang- und klanglos wurde der Versuch eingestellt.
Ich wüsste jetzt gern von den damaligen "Machern", was sie zu deinen Fragen sagen würden, kataz.
Deine Anregung, einen neuen, offenen Dialog zu beginnen, kann ich nur unterstreichen; ich weiß allerdings nicht, mit wem konkret diese Gespräche geführt werden sollen: Wer vertritt die Migranten?
Nur formal lässt sich dies leicht beantworten.
Liebe Grüße,
oblong
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| ändern wir die Blickrichtung | | von: balou46
erstellt: 20.05.2006 15:45:04 |
warum sind sie denn migriert?
Sind es Leute, die in ihrer Heimat wenig oder nichts verdienen und hier ein besseres Leben erwarten?
Sind es Leute, die dem Krieg oder der Gewalt entfliehen wollten, weil sie schon genug Elend erlebt haben?
Oder sind es Leute, die ihre Religion hier freier leben wollen als sie es in ihrer Heimat dürfen?
Oder sind sie aus einem anderen der tausend Gründe da?
Habe ähnliche Erfahrungen wie Oblong: der palästinensische Arzt oder der persische Ingenieur haben ihre Kinder anders erzogen als die ganze Sippe kurdischer Gastarbeiter, sie machen in der Schule daher auch nicht die gleichen Probleme.
Und die einen wollen später auch wieder in ihre Heimat zurück und sind zur Integration bereit, die anderen nicht.
Nur: in welche Gesellschaft sollen sie sich integrieren? In die Gruppe der Mitbürger, die aus welchen Gründen auch immer keine Perspektive haben außer dem Sixpack Warsteiner?
Schlimm ist es bei uns nur dort, wo vor einigen Jahren unsere Politiker meinten, Ghettos errichten zu müssen. In einer benachbarten Siedlung sind in einer Grundschule mit ca. 200 Kindern 38!!! Nationalitäten, davon ist die deutsche nur deshalb die bei weitem stärkste, weil die mit russischem Akzent diese Staatsangehörigkeit haben.
Wir haben anfangs in unserer Realschule versucht, diese Kinder bei uns im Klassenverband zusammen zu lassen, aber bessere Erfahrungen haben wir damit gemacht, sie alle bunt zu mischen.
Meinen jüngeren KollegInnen noch eine persönliche Erinnerung: als die Sudetendeutschen und Ungardeutschen integriert werden sollten, waren das bei uns nicht nur die Tschechen, Pollacken und Ungarn, sondern sogar als "Überbegriff" die "Mexikaner" (im Dialekt: es meeg sie kaaner).
Es gibt also nicht viel Neues unter der Sonne... |
| Gestern selbst erlebt: | | von: elke2
erstellt: 20.05.2006 15:48:29 |
Schülerin, 5. Klasse zu einem Mitschüler: warte nur,wenn mein Vater mich gleich abholt,dann kannst du was erleben! Schaufle schon mal dein Grab!( Schüler hatte sie in der Pause angeblich geschlagen, sie selbst ist natürlich gaaaaanz unschuldig! Mitschüler stammt aus Usbekistan, spricht sehr gut deutsch!)
Nach Schulschluss: Vater ( Deutscher) steht vor dem Lehrerzimmer, weil ich Tochter wegen ungebührlichen Verhaltens ins Klassenbuch eingetragen hatte ( hat nichts mit obiger Äußerung zu tun!)Wirft mir verschiedene Frechheiten an den Kopf und als ich die Äußerung seiner Tochter den Mitschüler betreffend erwähnte, meinte er nur: wenn er meine Tochter noch mal beleidigt, bekommt er wirklich eins auf die Rübe!!!!!
Sind das die Vorbilder unserer Kinder?????
Das Gewaltpotential an Schulen mit vielen Migranten und ihren Problemen ist bestimmt höher, aber unsere deutschen Kids, die ( s.o.) ohne oder fast ohne Werte erzogen werden, sind zum Teil nicht minder gewaltbereit! Gruß elke2
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