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Forum: "dreigliedriges Schulsystem schuld an Gewalt"
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| Und die andere Seite ... | | von: balou46
erstellt: 23.06.2006 07:45:09 |
... kann ich nicht belegen, weil zu viele allgemeine Faktoren mitspielen:
Alle Eltern, die was auf sich und ihre Kinder halten, versuchen, diese in eine "bessere" Schule zu stecken und verteidigen bei Problemen diesen Schulplatz mit Zähnen und Klauen.
Folge: in den "Restschulen" bleiben dann die Problemkinder unter sich, diejenigen, die in weniger guten Elternhäusern aufwachsen, diejenigen, die keine Chance auf einen "guten" Abschluss haben und kaum hoffen können, einen "vernünftigen" Beruf zu lernen.
Dass hier der Nährboden für Gewalt liegen kann, dürfte jedem einleuchten.
Allerdings erwarte ich jetzt auch einen Aufschrei der Entrüstung über meine unqualifizierten Behauptungen. |
| @ balou | | von: keinelehrerin
erstellt: 23.06.2006 08:46:08 |
Ich werde dich nicht anschreien
Dass es vor Jahren mit der Disziplin besser bestellt war, ist an anderen Stellen schon hinreichend bemerkt worden, und es ist richtig.
Die Frage nach dem "Woher, warum" usw. konnte bisher nicht wirklich geklärt werden.
Lassen wir es einfach als Tatsache stehen.
Was ich allerdings interessant finde, ist dein Einwand, dass es die Erziehungswissenschaftler ins Bewusstsein gerufen haben. Verstehe ich dich richtig, dass du es als ein 'hausgemachtes' weil hochstilisiertes, immer wieder erwähntes Problem siehst? So in die Richtung von sich selbsterfüllenden Prophezeiungen?
Das ist ein Ansatz, den ich für mich persönlich noch nie bedacht habe.
Jetzt ein Wort zu den Eltern, die für ihre Kinder Privatschulen aussuchen, aus welchem Grund auch immer.
Wir haben unsere Tochter nach reiflicher Überlegung und dann im vollen Bewusstsein ihrer Fähigkeiten und der Möglichkeiten, die sie hat, an einer Gesamtschule angemeldet.
So weit, so gut.
Der Pferdefuß an dieser Sache ist, dass sie die aufnehmende Pflichtschule der Gemeinde ist. D.h. alle Kinder, der Gemeinde, die auf keine andere Schule gehen wollen oder können, gehen dort hin.
Warum die Eltern ihre Kinder dort hin schicken? Vielleicht weil sie am Ort ist und bequem zu erreichen? Die Grundschulklasse wechselt auch dort hin? Macht man halt so? Fürs Gym reichts nicht? Was weis ich. Geht mich prinzipiell ja auch nichts an.
Was mich nur wirklich ärgert ist, dass unsere Tochter durch ein paar 'Herzchen' in der Klasse einen Stempel aufgedrückt bekommt. Dieser Ruf eilt nun durch die Schule und damit geht er auch nach draußen. D.h. im Umkehrschluss auf unsere Tochter fällt ein schlechtes Licht weil sie eine öffentliche Schule besucht.
War das jetzt verständlich?
Eine Privatschule sondert gnadenlos aus, wer sich daneben benimmt, wessen Eltern keine Mitarbeit zeigen, der wird bewogen zu gehen. Finde ich vom Ansatz her auch nicht so sozial und gerecht, vorallem den Kindern gegenüber nicht, die nichts für ihre Eltern können, außer sie sich ausgesucht zu haben.
Was ich meine, ist, dass, wenn man sein Kind auf eine Privatschule schickt, eine gewisse Erziehung ein gewisser Umgangston vorausgesetzt wird.
(Was unsere Tochter die ersten Wochen an Ausdrücken mit nach Hause brachte....... die ich dann auch noch erklären musste....)
Also bitte nicht den Stab über die Eltern brechen, die ihre Kinder vor der Abwertung in der Gesellschaft bewahren wollen, wenn sie eine - verschriene, verrufene, bekannte - öffentliche Schule als ihre nennen.
@rfalio
Dir stimme ich zu, dass die Abschlüsse und ihre Qualifikationen besser bekannt gemacht werden müssten. Aber wie willst du das erreichen?
Ständig entstehen neue Arbeitsbilder, die eine Ausbildung erfordern. Welche Schule kann das so schnell abdecken, wie es die Wirtschaft fordert?
Kleine Randbemerkung: Viele Schulen verfügen über eine Internet-Seite, die irgendwann einmal annodazumal eingerichtet wurde und seither nicht mehr aktualisiert wurde. Das spricht doch schon Bände.
Beim Vorstellungstag eines Gyms, dass zu den wenigen Unesco-Schulen in unserem Bundesland gehört, musste der Lehrer ablesen, was es denn mit dieser Bezeichnung auf sich habe. Statt dass er mit Stolz geblähter Brust auf die Einmaligkeit und die damit verbundenen Möglichkeiten seines Standortes hingewiesen hätte, nuschelte er von einem Zettel etwas in die Menge. Schlechtes Beispiel, aber wahr.
Noch mal zurück: Wie willst du klar machen, welche Qualifikationen du an deiner Schule zu welchem Berufsbild vermittelst?
(Ehrliche Frage, keine Ironie, hätte auch gerne ehrliche Antwort.)
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| @ balou46 | | von: hesse
erstellt: 23.06.2006 15:05:54 |
Also ich kann nichts Schlechtes daran finden, wenn Eltern, "die was auf sich halten", ihren Kindern die bestmögliche Ausbildung mitgeben möchten (bei Dir schwang da so ein Vorwurf mit - oder irre ich mich? Dann nehme ich's zurück)!
@ rolf_robischon
Ich denke, Kinder erfahren schon im Elternhaus, daß sie etwas wert sind (oder eben auch nicht)!
Und Zuhause werden die Grundlagen gelegt, sowohl was Leistungsfähigkeit angeht als auch, wie man mit Niederlagen, Versagen, usw. fertig wird!
Gerade heute können sich viele Kinder doch gar nicht länger mit etwas beschäftigen, Frustration nicht aushalten. Wenn die Eltern nie mal ein Buch in die Hand nehmen, wundert es dann, daß der Sprößling i.a.R. vom Lesen nicht viel hält und sich seiner Muttersprache kaum bemächtigen kann?
Das "Aussortieren" findet doch (schon) Zuhause statt: Vorher, weil sich oft genug die Erzeuger nicht mit ihrem "Plag" abgeben möchten (kostet ja Zeit, Phantasie und Nerven), hinterher, weil sie ihr Kind in der Schule nicht unterstützen, sondern unter Druck setzen (oft genug gegen den dringenden Rat des Lehrers!)!
Mir ist es zu einfach, alles immer nur auf der Schule abzuladen.
Niederlagen Rückschläge und ihre Verarbeitung sind Teil des Lebens; das Elternhaus bereitet seine Kinder auf diese normalen Dinge häufig nur unzureichend vor! Und darauf darf dann die Schule aufbauen!
Das wird in der ganzen Diskussion doch ganz gerne vergessen (Warum haben denn solche Schwachsinnsformate, wie "Die Supernanny" so eine Konjunktur?)!
LG
Hesse
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| Eine tolle Diskussion ... | | von: oblong
erstellt: 23.06.2006 16:11:33 geändert: 23.06.2006 16:12:18 |
... ist da in Fahrt gekommen; meinen Respekt an alle Teilnehmer!
@ keinelehrerin
Eine Privatschule sondert gnadenlos aus, wer sich daneben benimmt, wessen Eltern keine Mitarbeit zeigen, der wird bewogen zu gehen.
Ich weiß ja nicht, aus welcher Klamottenkiste du dieses Vorurteil herhast oder welche unliebsamen Erfahrungen als Mutter du gemacht hast: aber so einfach darfst du es dir nicht machen. Ich unterrichte seit 20 Jahren an einer Privatschule, da tut ein solcher Satz weh.
@ hesse
Dem, was du zur Entlastung der Schule gesagt hast, kann ich wie miro nur zustimmen; das tut gut!
@ miro
wie sind denn eltern auf ihre kinder vorbereitet, welchen stellenwert haben kinder in unserer gesellschaft und welche wertschätzung erfahren eltern als erziehende???
Das sind ja Hammerfragen!
Elternvorbereitung auf Kinder:
- Zeitschrift "Eltern", die vielen werdenden Eltern vermittelt: Dein Kind ist vor allem für dich und dein Selbstwertgefühl gut; du wirst ein glücklicher, erfüllter Mensch sein, wenn du erst ein Kind hast.
- Dann die Ernüchterung: Kinder kosten Zeit, Geld, erweiterten Wohnraum, Energie, schmälern den Urlaubsgenuss (bitte nach Belieben erweitern)
-Und jetzt kommt der Werbeblock: Wenn es mit dem Kind nicht so klappt, wie Sie es sich gedacht haben, dann schicken Sie ihren zum Balg mutierten Liebling auf die Superschule X, die lieb, nett, freundlich, umweltverträglich und biologisch abbaubar ist, ein völlig neues Erziehungskonzept wird Sie begeistern! Und die Pisaanforderungen erfüllen wir in den Frühstückspausen!
Kein Wunder, dass dieser Käse geglaubt wird, weil ihn einfach viele glauben wollen!
Und wenn dann diese Schule oder der entsprechende Förderkreis neueste wissenschaftliche Erkenntnisse, totale PC-Erfassung und die Verträglichkeit mit den Anforderungen der Industrie verspricht, dann laufen die Eltern dorthin und schalten ihr Hirn aus.
Wenn es wider Erwarten immer noch nicht mit dem Lernerfolg klappt: es gibt ja noch tollere Schulen, von denen etwas in der Zeitung stand.
Wenn 10 Jahre vergangen sind, glauben viele Menschen eben, dass jetzt die bisherige Pädagogik völlig überholt sei.
1783 schrieb Immanuel Kant:
Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen ... gerne zeitlebens unmündig bleibt."
Hat sich dies wirklich sehr geändert?
Viele Grüße,
oblong |
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