|
Forum: ""Sehnsucht nach der Volksschule" ? oder: Warum denken wir an die Kinder zuletzt?"
Bitte beachte die Netiquette! Doppeleinträge werden von der Redaktion gelöscht.
|
| poni | | von: dirkb
erstellt: 29.12.2006 16:01:24 |
ich habe mal deinen zweiten Link angeklickt und auch dies hier gefunden:
"Eine langfristige Neu- und Umverteilung aller Formen von Arbeit und ihrer Bewertung ist eine fundamentale Voraussetzung für gute Pädagogik und gute Schulen der Zukunft".
1)So baut man sich nur Entschuldigungen für den Fall, daß man in der eigenen Arbeit versagen könnte.
2)Wer sind denn die, die in einem System, das "Soziale Marktwirtschaft" heißt (und nicht, wie manche fälschlicherweise annehmen "Marktwirtschaftlicher Sozialismus" - die Nummer hatten wir doch schon 2x auf deutschem Boden, ob mit oder ohne "national" - )eine Neubewertung von Arbeit vornehmen wollen.
Wollen die, die das fordern, ein anderes System?
Welches ist denn gerechter als eines, das Leistung und Cleverness belohnt, Dummheit und Faulheit bestraft und die Ärmsten der Armen mit Steuermitteln vor dem Absturz bewahrt?
Das soziale Netz hält - wie jedes Netz -immer nur so lange, wie mehr von außen das Netz halten als in diesem Netz liegen. das aber scheinen viele zu vergessen.
|
| @dirk | | von: rolf_robischon
erstellt: 29.12.2006 17:13:22 geändert: 29.12.2006 17:14:24 |
du schreibst
Die jetzigen Systeme scheinen mir, jedenfalls nach dem, was ich bisher erfahren konnte, eine gigantische Verschwendung der vorhandenen Ressourcen - der Fähigkeiten unserer Kinder und der vorhandenen Kapazität der sie Lehrenden zu sein.
gigantische verschwendung,
jedes jahr bleiben 250 000 kinder un d jugendliche "sitzen", ca. 27 prozent verlassen ihre schule ohne abschluss, unendlich viele lehrer sind vorzeitig dienstunfähig.
kinder die in schulen schulfähig gemacht werden sollen (stillsitzen, zuhören, aufträge ausführen), lernen nicht, miteinander zu reden, zusammen zu arbeiten, zu problemen selber und mit anderen lösungen zu finden, ergebnisse selber und miteinander zu überprüfen, bei arbeiten eigene zufriedenheit zu finden, von selber auf die suche zu gehen nach weiteren lern- und wissenbereichen, möglichkeiten zu suchen, bei misserfolgen so lange zu experimentieren bis alles passt....
selbstorganisiertes kooperatives Lernen
ist eine pädagogik, die all das zulässt und auf die oben aufgezählten schulverhaltensweisen verzichten kann. ich hab all die jahre in denen ich so mit kindern gearbeitet habe schule als spannend erlebt. und die kinder auch.
die ersten sind längst in berufen oder im studium.
als ich angefangen hab, grundsätzlich anders zu arbeiten, war sowas für unglaublich viele lehrer etwas völlig fremdes (aber man muss doch... aber man kann doch nicht...) und wurde für chaos gehalten. inzwischen verbreiten sich solche und ähnliche vorstellungen allmählich weiter. poni hilft dabei mit. sie war vor drei jahren für eine woche bei mir in der schule. |
| @rolf, | | von: christine_sk
erstellt: 29.12.2006 23:57:47 |
habe mehrere 14jährige Jungen, die, egal in welchem Fach und bei welchem Thema, sobald sie aus den Augen des Lehrers sind, nichts mehr machen und anschließend sagen, na wir mußten ja erst mal nachdenken. Es scheint sie nichts zu interessieren. Während des Frontalunterrichts machen sie zumindest das Notwendigste.
Das Klingelzeichen zur Pause ist das Einzigste, das sie wirklich wahrnehmen und mit diesem stürzen sie sich in Rangeleien. Diverse Kämpfe um ihre Stellung gehen dann im Unterricht weiter. Auch die Hobbys der Jungen, z.B. Basketball kann man nicht wirklch nutzen.
Jetzt meinst du wahrscheinlich, mit viel Geduld .... Nein, keine Chance! |
| @christine sk | | von: rolf_robischon
erstellt: 30.12.2006 08:26:51 geändert: 30.12.2006 10:34:01 |
viel Geduld ?
die jungs die du beschreibst, sind beweise dafür was alles schief gelaufen ist im umgang mit ihnen.
dürfte nicht leicht sein, das nachträglich in ordnung zu bringen.
aus der sudbury-schule gibt es einen bericht "vom übergang zur freiheit" über einen jungen der nach übler schullaufbahn in diese demokratische schule kam. es dauerte ein jahr, bis er begriffen hatte dass er für sich selber verantwortlich ist, frei, selbstständig. und dann wurde er unglaublich aktiv.
http://www.rolf-robischon.de/uebergang-zur-freiheit.htm
soviel zeit wird ihnen in alltäglicher schule niemals gelassen.
|
| @rolf, | | von: christine_sk
erstellt: 30.12.2006 12:27:42 |
ich habe diese Jungs seit 2-3 Jahren. Die kleinen Machtkämpfe von denen ich sprach gehen subtil weiter. Es ist nicht so das Stören des Unterrichts im Vordergrund, was mich stört, ist das Desinteresse vor allem von einem dieser Jungen, der in dieser Gruppe das "Leittier" ist. Ich hab Gespräche mit ihm geführt, wobei ich mir zuerst immer sein Gefühl, seine Probleme (er nennt offensichtlich aber Alibiprobleme) anhöre und dann meinen Eindruck erzähle. Dabei sage ich was meine Aufgabe ist und was ich von ihm erwarte (es ist nicht viel, denn ich mache ihm auch klar, dass es seine Entscheidung ist zu lernen). Diese im ruhigen geführten Gespräche enden fast immer in Tränen bei ihm und das sehr schnell. Nach außen ist er ein cooler harter Bursche.
Ich sehe einige seiner Probleme, die nach außen hin garnicht so sichtbar sind, weil er augenscheinlich alles hat, was Kind braucht, aber ich sehe, das ihm da was fehlt, was er wahrscheinlich selber garnicht benennen kann.
Jetzt kommt noch die Pubertät dazu und damit werden die Probleme sichtbarer als vorher und das oben beschriebene Verhalten offensichtlich.
Aber ich bin kein Therapeut!!!
Die anderen Jungs sind übrigens menschlich ok, ich mag sie alle und das wissen sie, aber sie sind eben ein Teil der Klasse! Sie suchen ihre Rolle und verteidigen sie. |
| Statt Volksschule | | von: poni
erstellt: 30.12.2006 12:38:26 geändert: 30.12.2006 12:40:07 |
heißt es bei der GEW eine Schule für alle, bei den Grünen -glaub ich- Gemeinschaftsschule, Gesamtschule darf man zu einer neuen Art von gemeinsamer Schule ja nicht mehr sagen, weil der Begriff schon vergeben und ideologisch "belastet" ist usw.
Wie das Ding heißt ist mir sowas von egal, Hauptsache, wir denken an die Kinder ZUERST!!! (wie dirk das ganz richtig thematisiert hat)
Wenn Rolf die Möglichkeit hat, vom ersten Schuljahr an auf die Kinder zu schauen und seine Pädagogik darauf aufzubauen, ist das was anderes, als wenn man Kinder ab 10 Jahren schon vorsortiert und abgestempelt, vielleicht eben auch ziemlich schräg sozialisiert, in viel zu großen Klassen "beschulen" muss. Wieviel ist bis dahin schon schiefgegangen in der Schule vorher, in der Familie oder eben ohne Familie, in ihrem Umfeld.
Und wenn ich auch das Thema "Schluss mit Schule" gepostet habe, find ich Schule als Raum und Möglichkeit zum Lernen toll! Wir machen nur noch nicht das daraus, was man machen könnte. Und in der Richtung: es gibt nichts gutes, außer man tut es....bin ich neugierig auf JEDE Alternative zum althergebrachten und nun immer verschlimmbesserten
dreigliedrigen Schulwesen. Deshalb halte ich mich auch nicht mehr damit auf, in jedem alternatien fortschrittlichen Konzept noch irgendeinen Haken zu finden,
@dirk. Deine Frage weiter oben mag berechtigt sein, mir ist sie zu hoch gegriffen. Ich möchte einfach hinschauen und sehen, wie es geht und was dabei rauskommt. Deshalb bin ich bei Rolf mit in die Schule gegangen und war da noch beeindruckter als von seinem Konzept. Allerdings muss ich auch sagen, es kommt auf die Lehrerpersönlichkeit an, so kann nicht jede/r arbeiten, schon gar nicht wenn man nicht wirklich dahinter steht.
|
Beitrag (nur Mitglieder) |
|
|