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Forum: "Übertritt: Die Angst vor der Hauptschule und deren Abschlüsse geht um!"

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In Hessenneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: veneziaa Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 15.03.2007 08:10:29 geändert: 15.03.2007 08:19:27

haben wir nicht nur die umstrittene "Unterrichtsgarantie plus", sondern seit 1 Jahr landesweit auch die G8-Klassen, d.h. in 8 Jahren zum Abitur.
Um dieses Modell einzuführen, musste Frau Wolff alle gut funktionierenden Förderstufen (Klasse 5 + 6) auflösen.
Die traditionellen Gymnasien im Lande Hessen griffen begeistert zu. Endlich wurde man ja die H- und R-Schüler los... (gerne bitte ich hier um Widerspruch!).
Die integrierten Gesamtschulen durften ihr System beibehalten, wenigstens DAS noch!
Die additiven (kooperativen) Gesamtschulen jedoch mussten ihre Förderstufen auslaufen lassen und sich dem neu eingeführten (alten) dreigliedrigen Schulsystem ergeben:
Nach der 4. Klasse entscheiden die Grundschullehrer, für welchen Schulzweig das Kind geeignet ist... und sie machen sich sehr viel Mühe damit!
Dennoch bestimmt der Elternwunsch den weiteren Weg des Kindes - zunächst wenigstens.
So kam es an meiner Schule dazu, dass 15 Kinder in der 5. Realschulklasse sitzen, die für die Hauptschule geeignet wären, und 8 Kinder in den 5. Gymnasialklassen, die zum Teil für die Realschule "bedingt geeignet" waren. In der einzigen Hauptschulklasse sind derzeit 9 Kinder.
Nun kommen meine Kollegen schwer in die Bredouille: Einerseits will man den Kindern helfen, den Anforderungen gerecht zu werden, andererseits sind natürlich gerade in G8-Klassen die Pläne so vollgestopft, dass man sie im Schweinsgalopp durchhecheln muss.
Unangenehm und widersinnig - für alle Seiten!

Wir haben zum ersten Mal diese Dreigliedrigkeit - sehr GEGEN unseren Willen (per Gesetz gezwungen).

Wir haben zum ersten Mal eine Häufung von Problemen, vor allem in den Realschulklassen, die wir vorher in den heterogenen Förderstufenklassen sehr gut auffangen und puffern konnten.
Nach 3 Monaten mit zwei dieser problematischen Klassen a 27/28 Schülern mussten wir die Klassen teilen, bevor es zu Mord und Totschlag kam. Nun haben wir drei R-Klassen, zwei davon mit nur 17 Schülern ... doch auch die sind zum Teil nicht zu bändigen... Unterricht? Meines Erachtens kaum möglich. Da sitzen auch Sonderschüler drin, nicht zu Leistungen fähig, nicht zu gutem sozialen Verhalten ...

Ich frage mich fast täglich, warum?
WARUM musste man ein so hervorragend funktionierendes Modell wie die Förderstufe / Orientierungsstufe zerschlagen?
Warum ließ man den Eltern denn nicht die Wahlmöglichkeit? ALLE hätten sie weiterhin gewollt (bis auf die traditionellen Gymnasien wahrscheinlich).
Musste das System zerschlagen werden, weil es durch die ehemals linke Landesregierung in Hessen aufgebaut worden war?
Wollen sich Frau Wolff und Herr Koch hier ein Denkmal setzen (wenn auch ein m.E. sehr fragwürdiges)?

Überall hören wir, dass die Hauptschulen hervorragende Arbeit leisten. Warum will denn da keiner hin?
Wir HABEN 10. Hauptschulklassen, die zu einem "Erweiterten Hauptschulabschluss" führen bzw. auch den Weg zum Realschulabschluss bilden.

Viele von uns haben die letzten 30 Jahre die Gesamtschule mit aufgebaut, wir sind GEZWUNGEN, gegen uns selbst zu arbeiten...

Es ist alles einfach nur ABSURD!!!




Auch wenn die Hauptschulen gute Arbeit leisten,neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: hugo11 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 15.03.2007 12:11:31 geändert: 15.03.2007 13:06:07

kann ich die Angst der Eltern verstehen. Das Image der Hauptschule ist einfach schlecht. Die Medien berichten fast täglich von den Hauptschülern und ihren Problemen. Man hört ständig, dass es diesen Kinder an Selbstbewußtsein fehlt, da der Rest der Schülerschaft, die eine höhere Schule besuchen, auf sie hinab sieht. Die Hauptschüler bekommen keine Lehrstellen, auch nicht mehr in ihren alten Lehrberufen wie Bürokauffrau und KFZ-Mechaniker. In den Berichterstattungen ist von Gewalt und Drogen die Rede. Es ist doch nur natürlich, dass die Eltern ihren Kindern diese Schule ersparen wollen. Die Eltern müssen entscheiden, womit sie ihrem Kind mehr schaden. Schicke ich es auf die Hauptschule oder schöpfe ich alle Möglichkeiten aus, damit es auf einer höheren Schule bestehen kann. Und viele Eltern sind der Meinung, dass es besser für ihr Kind ist, wenn es eben nicht auf der Hauptschule landet. Auch wenn das viel Lernstress bedeutet, viel Zeit und viel Geld kostet. Aber ist das wirklich so verkehrt?

Es stellt sich für mich die Frage: gehört die Hauptschule abgeschafft? Oder sollte man sie verändern in z.B. Regelschule mit 6 Pflichtjahren und einer späten Wahlmöglichkeit in der 10 Klasse. Es wird dann entschieden, ob das Kind den qualfizierten Abschluss oder die mittlere Reife macht, d.h. keine extra Aufbauklasse sondern eine echte Wahlmöglichkeit am Anfang der 10. Klasse, die sich an den Fähigkeiten der Kinder orientiert.


Oh janeuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: veneziaa Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 15.03.2007 13:21:07

Ich erlebe es fast täglich, dass auch Eltern ihre vereinbarten Termine mit uns nicht einhalten...
Viele Eltern WOLLEN natürlich nicht, dass ihre Kinder in den Hauptschulzweig bzw. die reinen Hauptschulen gehen müssen. Aber sie lassen auch sehr oft ihre Kinder allein.. allein auf dem Weg durch die Schule.
Da genügt es einfach nicht zu WOLLEN, dass das Kind eine höhere Schule besucht. Man muss es ihm sowohl vorleben als auch es auf diesem Weg BEGLEITEN!!!!



Bravo veneziaaneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: rfalio Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 15.03.2007 15:40:52

das Wollen der Eltern und ihre Bereitschaft, dafür auch etwas zu tun, das sind zwei Paar Stiefel.
Ich höre oft heraus:
Sie sind doch der Lehrer, sie sind dazu da, mein Kind so zu fördern, dass es die von den Eltern erwarteten Ziele erreicht; wir haben einen Anspruch darauf, denn sie werden von unseren Steuergeldern bezahlt ( auch wenn die Eltern gar keine Steuern bezahlen).
Und diese Anspruchshaltung überträgt sich dann auf die Kinder.
"Sie müssen das noch mal erklären, ich habs nicht kapiert"; aber nicht mal die einfache Zeichnung zur Matheaufgabe im Heft, denn wenn ichs nicht auf Anhieb kapier, brauch ich mir ja keine Mühe geben.

(Sorry, aber ich schreib mir grad einige heutige Erlebnisse vom Leib)
Eigentlich ist hier Schulform, Aufnahmemodus usw. völlig egal!
Anspruchsdenken, Konsumverhalten, wenig eigene Leistungsbereitschaft...
Ob bei Eltern oder Kindern.
Sch.....
ade
rfalio



Begleiten?neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: hugo11 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 15.03.2007 16:25:21

Bedeutet das, dass Kinder, die von ihren Eltern nicht durch die Schulzeit begleitet werden, was auch immer das heißen mag, kein Recht auf höhere Schulbildung haben? Ich denke daran krankt doch das System. Es ist doch traurig, dass es auf die Fähigkeiten der Eltern ankommt, was die Schullaufbahn der Kinder betrifft. Ich wundere mich, dass gerade Lehrer diese Forderungen aussprechen. Müssen wir nicht den Weg einschlagen, dass es nicht mehr auf die Eltern ankommt. Mir ist schon klar, dass nicht einzelne Lehrer verantwortlich gemacht werden können. Aber auch die Eltern sollten nicht verantwortlich gemacht werden.


Nicht begleiteteneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: ysnp Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 15.03.2007 16:50:52 geändert: 15.03.2007 16:55:45

Kinder, die nicht von vorneherein eine gute Arbeitshaltung mitbringen, haben bei unserem Halbtagsschulsystem weniger Chancen.
Kinder, die auf sich selbst gestellt sind und bei ihren täglichen Hausaufgaben und Lernen keinerlei Unterstützung durch Eltern erfahren, werden auch nie die Arbeitshaltung entwickeln, die sie für einen erfolgreichen Schulabschluss bräuchten.
Ich rede da vor allem von jüngeren Kindern. Mir selbst tut es oft weh, wie viel Begabung verschenkt wird. Da könnte ich einige Beispiele nennen.
Ein Lehrer kann das nicht alles auffangen. Unser Schulsystem (Halbtagesschule) ist so angelegt, dass die Eltern mit in die Verantwortung eingebunden sind.
Eigentlich besteht m.E. für Eltern nur die Möglichkeit: sich anzupassen und das nötige tun oder das Schulsystem hinnehmen mit allen negativen Folgen oder politische Änderungen zu fordern.


Das sehe ich auch so.neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: hugo11 Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 15.03.2007 17:03:53

Für mich stellt sich nur die Frage: Wollen denn die Lehrer auf die Ganztagesschule übergehen? Bei den vielen Politikern, die in ihrem ursprünglichen Beruf Lehrer waren, sollte das Thema doch schon lange umgesetzt sein. Warum tut sich Deutschland so schwer mit der Ganztagesschule? Es kann doch nicht nur das liebe Geld sein. Es gibt ärmere Länder, die auch die Ganztagesschule haben.


Die Ganztagesschuleneuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: ysnp Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 15.03.2007 17:20:11

war in den 70igern ein Politikum zwischen den beiden großen Parteien. (Ich weiß das noch zu gut aus meinem Studium in den 70igern, als wir Ganztagesschulen und Gesamtschulen als Modelle diskutierten.)
Heute scheint sich aufgrund der finnischen Erfolge die Sichtweise zu ändern - doch es fehlen, denke ich, die finanziellen Voraussetzungen oder will man sie nicht schaffen? - um dieses Projekt in Angriff zu nehmen.
Ganztagsschule prinzipiell ja - doch es müssen erst Konzepte diskutiert werden. Schnellschüsse gehen in der Bildungspolitik, wie wir in vielen Bundesländern sehen und wir in den Foren hier auch gut verfolgen können, eher nach hinten los.


Mensch hugo11neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: veneziaa Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 15.03.2007 18:10:13

Natürlich haben die Eltern die Verantwortung für ihre Kinder!!!
Klar, dass die Schule die Erziehungsarbeit unterstützt, aber mach dir doch einfach mal klar, wie viel Zeit du als Lehrer dafür hast. Ein einfaches Rechenexempel:
Du hast 45 Minuten Zeit pro Unterrichtsstunde. Davon widmest du jedem Kind deiner Klasse auch nur EINE Minute.
Wenn du viele Stunden in deiner Klasse bist, hast du vielleicht 10 Stunden/Woche, d.h. du hast 10 Minuten Zeit pro Kind... was aber so natürlich nicht gerechnet werden kann!
Wie kannst du dir einbilden, bei so wenig Zeit die Verantwortung für ein Kind übernehmen zu können? Du kannst dein Bestes geben, das erwarte ich eigentlich von jedem Lehrer, aber du kannst die Welt nicht retten!
Natürlich ist es traurig, dass unser Schulsystem die Kinder nicht auffängt. Ich stimme dir voll zu!
Ich arbeite nämlich an einer Ganztagsschule - und auch da gelingt es uns nicht, trotz aller Verrenkungen (HA werden in der Schule erledigt, keine mehr im Elternhaus) die Kinder auf das gleiche Niveau zu heben wie die Kinder, deren Eltern sehr an der Schule interessiert sind, sich wirklich die Beine für ihre Kinder ausreißen...
Wir können weiter träumen und uns in die Tasche lügen, aber die Realität sieht nun mal so aus, wie ich sie oben beschrieben habe, was rfalio auch bestätigen konnte.
Du jedoch musst dir von mir jetzt die Frage gefallen lassen:
Wie kommst du zu der Aussage, Eltern sind nicht verantwortlich für ihre Kinder???
Bist du "Eltern"?


"Ganztagsschule"neuen Beitrag schreiben zur Forenübersicht   Seitenanfang
von: janneke Userprofil anzeigen Nachricht senden erstellt: 15.03.2007 18:48:24

Bewusst in Gänsefüßchen - für Niedersachsen. Unser hiesiger Kultusminister hat da ein paar tolle Ideen. Klar sollen und dürfen wir Ganztagsschulen werden. Aber wir kriegen dafür nicht eine Lehrerstunde mehr! Wir können ja Eltern, Studenten und Rentner anheuern, die den Nachmittagsbereich mit unterstützen. Als Wahlgeschenk gab es vor vier Jahren Mittel zum Ausbau der neuen "Ganztagsschulen" mit Mensabereich. Personalmittel dafür??? Wieso, ist das nötig??? Sollten die Schulen doch kreativ umsetzen!

Unser Kultusminister hat auch noch zwei weitere schöne Sätze gesagt: "Eltern dürfen keine Hilfslehrer sein" (in Bezug auf Hausaufgaben und nicht verstandenen Stoff) und "Jede Stunde ist eine Förderstunde."
Im gleichen Atemzug hat er aber den Klassenteiler für Klasse 1 auf 29 hochgesetzt. Ganztags-Grundschule gibt es auch nur zu den oben genannten Bedingungen. Noch irgendwelche Fragen, was in Niedersachsen politisch gewollt ist?

klexels Ausführungen weiter oben kann ich nur unterstreichen. Der Elternwille allein ist entscheidend, egal, was der GS-Lehrer empfiehlt. Dann sind die Kids erst mal mindestens zwei Jahre an ihrer "Wunschschule" und werden erst nach Klassenwiederholung nach "unten" weitergereicht. Das führt inzwischen zum Hauptschulsterben, weil die HS oft nicht mal in zwei aufeinander folgenden Jahrgängen 24 Schüler zusammen bekommt.

Mich schüttelt es, wenn ich all diese Beiträge aus allen Ecken Deutschlands lese. Mit kindgerechter Schule hat das nichts zu tun.

Können wir jetzt in aller Seelenruhe zusehen, wie das Bildungssystem komplett zusammenbricht und dann in fünf bis zehn Jahren endlich ganz von vorne anfangen und Sinnvolles entstehen lassen? Ich träum mal weiter.


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